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und 1804 zum Erzbistum erhoben. Ihm unter-
stehen die Diözesen Habana (1788 errichtet),
Cienfuegos (1903) und Pinar del Rio (1903).
Zur Vertretung der kirchlichen Interessen wurde
1899 in Habana eine Apostolische Delegatur für
Kuba und Porto Rico errichtet. Der Klerus, der
vom Militärdienst und vom Amt eines Ge-
schworenen befreit ist, zählte 1908: 163 Welt= und
143 Ordenspriester (Dominikaner, Jesuiten usw.).
An kirchlichen Unterrichtsanstalten bestehen 1 erz-
bischöfliches und 1 bischöfliches Seminar, 17 Kna-
bencolleges und 18 Akademien und Colleges für
Mädchen. Akatholische Gemeinden (meist Nord-
amerikaner) gibt es hauptsächlich in den größeren
Städten und Hafenplätzen.
Der Unterricht lag früher ganz in den
Händen des Klerus. 1522 wurde durch Bulle
Hadrians VI. eine höhere Schule in Santiago de
Cuba errichtet, 1629 und 1724 Jesuitenkollegien
in Habana, 1728 die (1842 säkularisierte) Univer=
sität Habana unter Leitung von Dominikanern. Für
die allgemeine Volksbildung aber geschah wenig,
außer von seiten der 1793 gegründeten Sociedad
Econéómica de Amigos del Pais in Habana.
1880 wurde der Schulbesuch obligatorisch gemacht,
das Gesetz aber kam nicht zur Ausführung. Noch
1899 konnten 64 % der Bevölkerung nicht lesen
und schreiben, 2% lesen, aber nicht schreiben,
33% schreiben und nur 1% war besser gebildet.
Seit der amerikanischen Okkupation hat das
Schulwesen einen großen Ausschwung genommen.
Jede Gemeinde ist verpflichtet, einen Schulrat zu
errichten und (nach amerikanischem Vorbild kon-
fessionslose) Gemeindeschulen zu unterhalten, deren
Besuch obligatorisch und unentgeltlich ist. Im
Prinzip herrscht Unterrichtsfreiheit, doch wird die
Genehmigung zur Erteilung von Unterricht vom
Staat an gewisse Bedingungen geknüpft. 1904
gab es 1936 Volksschulen mit 3600 Lehrern und
143 100 schulpflichtigen Kindern. Der Mittel-
und Hochschulunterricht wird fast ganz vom Staat
kontrolliert; in jeder Provinzhauptstadt besteht ein
Instituto de segunda ensenanza und eine Han-
delsschule, in Habana außerdem eine Akademie
für Malerei und Bildhauerei, eine Kunst= und
Industrieschule und eine Universität mit 3 Fakul-
täten (1907: 580 Studenten; der Universität an-
gegliedert ist eine Veterinär-sowie eine Architekten-
und Ingenieurschule). Die Hauptstadt besitzt eine
Akademie der exakten Wissenschaften, eine Anthro-
pologische Gesellschaft, ein Athenäum für Kunst
und Literatur, die Sociedad Econôómica de
Amigos del Pais, eine chemische Gesellschaft und
andere gelehrte Körperschaften.
Die Finanzen sind, da die neue Republik
keine der früher von Spanien für Kuba aufge-
nommenen Schulden anerkannte, in verhältnis-
mäßig guter Ordnung. Die Einnahmen sind im
Budget für 1908/09 auf 29,4 Mill. Dollar
veranschlagt (Zölle 24,55, Anleihe 1,88, innere
Steuern 0,78, Post und Telegraph 0,86), die
Kultur.
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Ausgaben auf 24,29 Mill. (Verwaltung 10,88,
Unterricht 4,27, Finanzen 3,43, öffentliche Ar-
beiten 3,26, richterliche Gewalt 1,29, Außeres
0.73 Mill.). Die Schulden betragen an 32 Mill.
Dollar (aufgenommen zur Versorgung der Teil-
nehmer am Befreiungskampf). — Die Republik
besitzt keine eigne Währung; es zirkulieren Mün-
zen der Vereinigten Staaten (in denen die Zah-
lung der Zölle ausschließlich zu erfolgen hat),
spanische Gold= und Silberdollar, Pesos, Pesetas
und Reals (der große Geschäftsverkehr und das
flache Land bevorzugt die spanische Währung),
französische Louis und Bronzemünzen. Die be-
deutendsten Banken sind die Nationalbank in Ha-
bana (Kapital 5 Mill. Dollar), die Banque del
Comercio (mit 5 Filialen) und die Spanische
Bank. Von Maßen und Gewichten werden Spa-
nische (metrisches System) und amerikanische neben-
einander gebraucht.
Die bewaffnete Macht besteht nach dem
Gesetz vom 4. April 1908 aus dem stehenden
Heer (4980 Mann), der Guardia rural (eine Art
Landgendarmeriekorps, an 3600 Mann) und
Miliz; die volle Durchführung des Gesetzes steht
noch aus. Wehrpflichtig sind alle Kubaner vom
21. bis 45. Lebensjahr.
Literatur. Von der älteren Literatur, die bei
Griffin u. Phillips, Listof Bocks Relating to Cuba
(Washington 1898) verzeichnet ist, noch wertvoll:
A. Humboldt, Essai politigue sur Pile de Cuba
(Par. 1821/24); Ramon de la Sagra, Historia
fisica, politica y natural de la isla de Cuba
(13 Bde, ebd. 1842/61); J. de la Pezuela, Dic-
cionario geogräfico, estadistico, bistöorico de la
isla de Cuba (4 Bde, Madrid 1863/66); J. v. Si-
vers, K., die Perle der Antillen (1861); Calcagno,
Diccionario biogräfico cubano (Neuyork u. Ha-
bana 1878); Bachiller u. Morales, Cuba, mono--
grafia histörica (Habana 1883). — Canini, Four
Centuries of Spanish Rule in Cuba (Chicago
1898); Plüddemann, Der Krieg um K. im Som-
mer 1898 (1899); Deckert, K., Land u. Leute (1899);
Porter, Industrial Cuba (Neuyork 1899); War
Notes (amtlich, 7 Bde, Washington 1899); Atkins,
The War in Cuba (Lond. 1899); Clark, Com-
mercial Cuba (ebd. 1899); Piron, L'isle de Cuba
(Par. 1899); Report on the Census of Cuba 1899
(Washington 1900); Gannett, A Gazetteer of
Cuba (ebd. 1902); Civil Report of Brigadier-
General L. Wood (6 Bde, ebd. 1902/03); La Re-
püblica de Cuba (ebd. 1904); Morales u. Morales,
Nociones de historia de Cuba (Habana 1904);
Robinson, Cuba and the Intervention (Lond.
1905); Serra Orts, Recuerdos de las guerras de
Cuba, 1868 à 1898 (Santa Cruz de Tenerife
1906); Collazzo, Los Americanos en Cuba (2 Bde,
Habana 1906); Sargent, The Campaign of
Santiago de Cuba (3 Bde, Lond. 1907); Aimes,
A History of Slavery in Cuba, 1511/1868 (ebd.
1907); Ortega u. Rubio, Historia de la regencia
de Dofa Maria Cristina de Habsbourg-Lorena
II u. III (Madrid 1906/07); Olmstead u. Gar-
nett, Cuba (Washington 1909). [Lins.]
Kultur ist ein Begriff, der in einem Staats-
lexikon schon deshalb eine Heimstätte finden muß,