Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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regelt und durch eine gegenseitige Verpflichtung 
aller Beteiligten, den gemeinsamen Abmachungen 
gemäß zu handeln, zustande kommt“. Während 
Liefmann aber mit dieser Erklärung offenbar zu 
weit geht, da hiernach z. B. auch Magazingenossen- 
schaften von Handwerkern zu den Kartellen zu 
rechnen wären, scheint Pohles Definition die ver- 
schiedenen für das Kartellwesen charakteristischen 
Momente genauer und zutreffender zusammen- 
zufassen: „Als Kartelle sind die auf dem Wege 
des freien Vertrags entstandenen Vereinigungen 
von Wirtschaftssubjekten gleicher oder verwandter 
Berufe zu bezeichnen, welche in einer auf dem 
System der freien Konkurrenz beruhenden Volks- 
wirtschaft durch die aus der Einschränkung des 
freien Wettbewerbes unter den Beteiligten hervor- 
gehende monopolistische Beeinflussung 
der Marktverhältnisse den größtmöglichen 
Vorteil für ihre Mitglieder zu erreichen suchen.“ 
Unter diese Begriffsbestimmung fallen zwar 
streng genommen ebenso die Gewerkvereine der 
Arbeiter und Preisvereinbarungen von Hand- 
werkern wie die großindustriellen Kartelle; doch 
fällt das wenig ins Gewicht in Anbetracht ihrer 
praktischen Brauchbarkeit zur Charakterisierung 
gerade der letztgenannten, mit denen es dieser Ar- 
tikel ausschließlich zu tun hat. In dieser Defi- 
nition kommt zum Ausdruck, daß eine Unter- 
nehmervereinigung, um unter den Begriff Kartell 
zu gehören, folgende Voraussetzungen erfüllen 
muß: 1) muß das herrschende volkswirtschaftliche 
System dasjenige der freien Konkurrenz sein; 
2) muß die Vereinigung nicht auf Herkommen, 
Sitte oder staatlichem Zwang, sondern auf freiem 
Vertrag beruhen, mag auch die Vertragsfreiheit 
tatsächlich für manche der Vertragschließenden 
sehr beschränkt sein; 3) muß den Mitgliedern ein 
gewisser Grad von wirtschaftlicher Freiheit und 
Selbständigkeit verbleiben, es darf nicht eine nahezu 
völlige Verschmelzung mehrerer Unternehmungen 
stattfinden (Trusts in Nordamerika); 4) muß ihr 
Streben auf Beherrschung bzw. Beeinflussung der 
Marktlage vermöge Einschränkung der freien Kon- 
kurrenz, womöglich also auf Erlangung einer Mo- 
nopolstellung gerichtet und 5) als letztes Ziel der 
Vereinigung die Erhöhung des Unternehmer- 
gewinns zu betrachten sein. „Auch wo über die 
von jedem Mitglied einzuhaltenden Preise Ver- 
einbarungen vollständig fehlen“, bemerkt in letz- 
terer Hinsicht Pohle (Die Kartelle 8) — auf 
dessen Darstellung des Kartellwesens sich dieser 
Artikel in vielen Punkten stützt —, „wie bei den 
Kartellen, die eine Einschränkung der Produktion 
verabreden oder die jedem Mitglied ein gewisses 
Absatzgebiet zuweisen, immer wird auf diesem 
Wege indirekt eine Erhöhung des Gewinnes be- 
absichtigt und auch meist erreicht. Die Kartelle 
sind also eine Folge des allgemein menschlichen 
Strebens nach dem höchstmöglichen Gewinn.“ 
III. Mannigfaltig sind die Mittel und 
Jormen der Kartellierung. Die Anfänge der 
Kartelle. 
  
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Kartellbildung liegen oft in einfachen Verab- 
redungen über Lieferungsbedingungen und ähn- 
liches, die erst eine Vorstufe der Kartellierung 
darstellen; ihre endgültige Entwicklung führt hier 
und da sogar zu nahezu völliger Fusion mehrerer 
großer Unternehmungen, zur annähernden Ver- 
schmelzung derselben in ein einziges Riesenunter- 
nehmen, welche bereits wieder über den Rahmen 
der Kartellierung hinausgeht. Dazwischen sind 
die verschiedensten Formen der Kartellierung mög- 
lich, je nachdem die hierzu verfügbaren Mittel in 
einfacherer oder komplizierterer Weise zur Anwen- 
dung gelangen. Als ältestes, einfachstes, aber auch 
an sich schwächstes Mittel der Kartellierung ist die 
Preisvereinbarungüber Maximaleinkaufs- 
und Minimalverkaufspreise anzusehen. Bei Ver- 
einbarung von letzteren bilden überdies eine not- 
wendige Ergänzung, falls sie nicht schon als Vor- 
stufe der eigentlichen Kartellierung vorangegangen 
sind, Vereinbarungen über Kreditgewährung, 
Zahlungsbedingungen u. dgl. Reine Preiskartelle 
bieten nicht nur einer wirklich durchgreifenden 
Kontrolle besondere Schwierigkeiten, sondern 
können auch, selbst wenn ihre Abmachungen streng 
eingehalten werden, kaum verhindern, daß die 
Geschäftserfolge der Mitglieder infolge besonderer, 
im Rohmaterial oder in der Fabrikation gelegener 
Vorzüge sich recht verschieden gestalten, der Zweck 
des Kartells daher nicht für alle in gleicher Weise 
erreicht wird. Zu dem Mittel der Preisvereinbarung 
haben daher solche Kartelle in der Regel bald noch 
das eine oder andere der sonstigen Mittel hinzu- 
genommen, von denen weiterhin zu nennen ist die 
Verteilung der Absatzgebiete bzw. der Kundschaft 
— unter Umständen auch Verteilung der Bezugs- 
quellen (z. B. Rüben-Rayonnierungsübereinkom- 
men der Rohzuckerfabriken in Osterreich). Bei dieser 
sog. Gebietskartellierung erlangt jedes Mit- 
glied für einen bestimmten Bezirk eine Art Mo- 
nopol, so daß Preisvereinbarungen ziemlich über- 
flüssig sind. Indes find reine Gebietskartelle 
selten, weil sie nur bei einer geringen Anzahl von 
Unternehmungen möglich sind, die so über ein 
Land verteilt liegen, daß jede schon von Natur auf 
ein gewisses Absatzgebiet angewiesen ist. Oft ver- 
einigen sich aber mehrere Kartelle desselben In- 
dustriezweiges zur Verteilung der Absatzgebiete 
untereinander, also zu einem aus Kartellen zu- 
sammengesetzten Gebietskartell. 
Viel häufiger ist die gemeinschaftliche Reglung 
der Produktion bzw. des Absatzes, um durch Ge- 
winnung eines besseren Uberblicks über die Markt- 
lage, und darauf gestützt, durch Beseitigung oder 
Verhütung von Überproduktion, häufig freilich 
auch durch recht willkürliche Beschränkung der 
Produktion die Preise und damit den Gewinn 
zu verbessern. Die Produktionskartel- 
lierung kann wieder in verschiedener Weise er- 
solgen, entweder dadurch, daß einzelne Werke 
gegen Entschädigung ganz still gesetzt werden, 
oder durch Einschränkung des Betriebes bzw. 
 
	        
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