Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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eines öffentlichen mit einem geheimen Konsisto- 
rium. Es kommt bisher nur als letzte Abstimmung 
unmittelbar vor der feierlichen Kanonisation von 
Seligen zur Anwendung. Außer den Kardinälen 
nehmen die in Rom anwesenden Bischöfe mit for- 
mell beratender Stimme an demselben teil. 
2. Die Kardinalskongregationen sind 
ständige Ausschüsse aus dem Kardinalskollegium, 
bestehend aus einer größeren oder geringeren An- 
zahl von Kardinälen, welchen zur Unterstützung 
Prälaten und Kanzleibeamte zur Seite stehen 
und denen ein bestimmter Kreis kirchlicher An- 
gelegenheiten zur Erledigung überwiesen ist. Die 
Zahl der Kongregationen hat vielfach gewechselt, 
bis sie zuletzt 14 betrug, denen 17 Partikular= 
kongregationen oder Kommissionen, oft nur für 
vorübergehende Aufgaben bestimmt, bei= oder 
untergeordnet waren. Pius X. reduzierte die 
Kurie. 
  
Kongregationen auf 11 mit 11 Partikularkongre- 
gationen und Kommissionen, bei denen die nur 
für vorübergehende Zwecke eingesetzten Kommis- 
sionen, wie z. B. die zur Kodifikation des kanoni- 
schen Rechts, nicht mitgezählt sind. 
Die Organisation der Kongregationen ist, 
abgesehen vom S. Ofticium stets die gleiche. Jede 
setzt sich aus folgenden rechtlich verschiedenen Per= 
sonenklassen zusammen: i 
a) die eigentlichen Mitglieder, d. h. die 
Kardinäle, welche vom Papst in beliebiger Anzahl 
ernannt werden. Nach dem Stande vom 1. Jan. 
1909 (Acta Apostolicas Sedis I [1909] 
109 ff) schwankt dieselbe zwischen 15 und 28, nur 
bei drei Kongregationen beträgt sie weniger 
(8. Off.: 9, C. Sacr.: 10, C. Rel.: 8). An der 
Spitze der Mitglieder steht der cardinalis prae 
fectus; nur bei der Kongregation des S. Offi- 
ciums und der Konsistorialkongregation hat 
sich der Papst die Präfektur vorbehalten. Der 
Präfekt hat den Geschäftsgang zu leiten, den 
Sitzungen zu präsidieren, die Erlasse und Dekrete 1 
zu unterzeichnen. I 
b) die Oberbeamten (coetus administro- 
686 
c) die Konsultoren, d. h. Fachgelehrte, 
welche der Papst in beliebiger Anzahl (jetzt 12 
bis 40) aus dem Säkular= und Regularklerus er- 
nennt. Sie haben auf Grund einer im Namen 
des Präfekten ergehenden Aufforderung des Sekre- 
tärs zur Information der Kardinäle motivierte 
schriftliche Gutachten abzugeben und sich eventuell 
unter Vorsitz des Sekretärs zur Beratung zu ver- 
sammeln. 
d) Die Unterbeamten (coetus admini- 
strorum minorum) zur Erledigung der Bureau- 
arbeiten. Die erste Stelle nehmen die studlü 
adiutores (minutanti) ein, welche die Akten zu 
bearbeiten, im Kongreß darüber Vortrag zu halten, 
den offiziellen Schriftsatz herzustellen, einschlägige 
Briefe und Restkripte zu entwerfen, die Taxen fest- 
zusetzen haben. Des weiteren kommen in Be- 
tracht Registratoren, Archivare, Kanzlisten, Ex- 
peditoren, Diener usw. (ogl. Norm. comm. c. 1 
und II; Norm. pec. c. VI). 
Zur Erledigung der Geschäfte dienen: 
a) Der wöchentlich stattfindende Kongreß, wel- 
cher sich aus den höheren Beamten (Sekretär und 
Untersekretär) unter dem Vorsitz des Kardinal- 
präfekten zusammensetzt. Er entscheidet die minder 
wichtigen und herkömmlichen Angelegenheiten (wie 
leichtere Gnadengesuche, klarliegende Rechtsfälle), 
bereitet die wichtigeren Sachen für die Plenar- 
versammlung vor und führt deren Beschlüsse nach 
erfolgter päpstlicher Approbation aus (Norm. pec. 
c. II, § 2). 
b) Die monatliche Plenarversammlung 
(plena congregatio) aller Kardinalsmitglieder 
zur Erledigung der wichtigeren Angelegenheiten 
(so theoretische Rechtsfragen, Disziplinar= und 
Verwaltungsstreitigkeiten, weiter gehende Gnaden- 
gesuche; ebd. § 1 und c. IV). 
c) Die audientia Sanetissimi, b. h. 
die dem Präfekten an bestimmten Tagen gewährte 
Audienz des Papstes zum Vortrag über die be- 
sonders wichtigen Angelegenheiten (negotia gravia 
et extraordinaria), welche zwar von der Plenar- 
rum maiorum). Es sind dies Prälaten, welche versammlung vorläufig entschieden werden, aber 
dem Präfekten in seiner Amtsführung beizustehen noch der speziellen Bestätigung des Papstes be- 
haben, und zwar der Sekretär und zu seiner Unter= dürfen (Sap. Cons. i. f.; Norm. pec. c. V). 
stützung und Vertretung die Untersekretäre oder IV. Die einzelnen Kardinalskongrega- 
Substituten. Ersterem steht zu die Leitung der tionen. 1. An der Spitze der Kongregationen 
laufenden Sekretariatsgeschäfte, die Aussicht über steht ob ihres Alters und ihrer überragenden Be- 
Registratur und Archiv, die Führung des Proto= deutung die Congregatio S. Officii. Der 
kolls in den Sitzungen, die Gegenzeichnung der bisherige zweite Titel: Romanae et universalis 
Erlasse sowie deren Mitteilung an die Leitung Inquisitionis rührt daher, daß sie zuerst als 
der durch die Konstitution Promulgandi vom ausgesprochenes Inquisitionstribunal höchster In- 
29. Sept. 1908 begründeten offiziellen Acta Apo- stanz für die ganze Christenheit von Paul III. 
stolicae Sedis. Er kann ferner selbständig die An= 1542 errichtet wurde. Wegen ihres für die Jetzt- 
gelegenheiten erledigen, die ihm vom Präfekten oder zeit üblen Klanges ist diese Bezeichnung nunmehr 
der Plenarversammlung überwiesen werden. Dort, fortgefallen. Im Laufe der Zeit hatte sie ihre 
wo sich der Papst die Präfektur reserviert hat, Kompetenz bedeutend erweitert und Angelegen- 
trägt der amtsälteste Kardinal den Titel Sekretär, 
während die eigentlichen Sekretariatsgeschäfte von 
dem sog. Assessor geführt werden. Die Ober- 
beamten werden vom Papst frei ernannt. 
heiten an sich gezogen, die nur in entfernter Be- 
ziehung zu der Glaubenslehre stehen, so die Be- 
obachtung der Sonn= und Festtagsheiligung, der 
Abstinenz= und Fastenverpflichtung, ferner das 
 
	        
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