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Angelegenheiten der Missionsgebiete zuständig
(habet Congregationes in ventre). Jetzt hat
dieser Satz nur noch beschränkte Geltung; denn,
wie die Normae peculiares hervorheben, sind
der Kompetenz der Kongregationen des S. Offi-
cium, des Index, der Riten, der Zeremonien und
der außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten,
ferner der drei Gerichtshöfe keine territorialen
Grenzen gezogen, so daß sie auch in den der Pro-
paganda unterstellten Gebieten zuständig sind.
Dasselbe gilt für die Sakramentskongregation,
soweit es sich um Ehesachen handelt, und für die
Ordenskongregation bezüglich der Ordensgeist-
lichen in den Missionen, soweit sie nicht in ihrer
Eigenschaft als Missionäre in Betracht kommen.
Hingegen erstreckt sich die Zuständigkeit der Kon-
sistorial-, Konzils= und Studienkongregation aus-
schließlich auf das Gebiet der Provinciae Sedis
Apostolicae. Des weiteren ist nunmehr auch der
territoriale Geltungsbereich der Propaganda stark
eingeschränkt worden. Jene Missionsländer näm-
lich, welche längst eine geordnete kirchliche Hier-
archie besaßen, sind jetzt zu Provinciae Sedis Apo-
stolicae erhoben und somit der Leitung der Pro-
paganda entzogen: England, Schottland, Irland,
Holland, Luxemburg, Kanada, Neufundland und
die Vereinigten Staaten von Amerika. Ander-
seits werden von nun an jene Gebiete, welche
bisher infolge schwieriger politischer Verhältnisse
anfänglich provisorisch, dann definitiv der Kon-
gregation für außerordentliche Angelegenheiten
unterstanden, der Propaganda zugeteilt. Es sind
dies eine Anzahl von Bistümern, Apostolischen
Vikariaten und Präfekturen in Südamerika, Ruß-
land und einzelnen portugiesischen Kolonien, sowie
die Delegationen auf Kuba, den Philippinen und
in Mexiko. — Nach ihrer Verfassung zerfällt die
Propaganda in die zwei Abteilungen für den
lateinischen und orientalischen Ritus unter dem-
selben Kardinalpräfekten. Die Propaganda für
den lateinischen Ritus weist neben dem Präfekten
23 Kardinäle (darunter die sechs Kardinalbischöfe),
2 Sekretäre, 40 Konsultoren und 21 Offiziale
auf; die für den orientalischen Ritus neben dem
Präfekten 16 Kardinäle (darunter gleichfalls die
Kardinalbischöfe), 1 Sekretär, 24 Konsultoren,
7 Offiziale und 3 Dolmetscher. Die Kommission
zur Revision der Provinzialsynoden zählt 1 Kar-
dinal als Präsidenten, 1 Sekretär und 6 Kon-
sultoren. Für die Verwaltung des Propaganda-
vermögens dienen 20 Beamte unter einem Pro-
sekretär (Sap. Cons. I 6; Norm. pec. c. VII,
art. 6 und c. I, § 1; Index a. a. O. 116 ff).
7. Die mit dem S. Officium eng verwandte
Congregatio Indicis geht auf Pius V.
zurück, der sie 1571 zur speziellen Uberwachung
der Literatur und zur Bekämpfung der glaubens-
und sittengefährlichen Bücher begründete. Die
allgemeinen Regeln für Prüfung und Verbot vonP
Büchern sowie für die Erteilung der Erlaubnis,
solche Bücher zu besitzen und zu gebrauchen, wur-
Staatslexikon. III. 3. Aufl=
Kurie.
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den eingehend 1753 von Benedikt XIV. (Sollicita
ac provida) und neuestens von Leo XIII. (Offi
ciorum ac munerum vom 25. Jan. 1897) ge-
ordnet. An ihrer Kompetenz ist durch Pius X.
nichts geändert. Nur sind ihre Pflichten noch in-
sofern verschärft, als sie künftig aktiv aus eigner
Initiative und nicht bloß passiv auf Grund einer
denuntiatio gegen gefährliche Schriften aller Art
vorgehen soll. Überdies ist nunmehr die Kon-
gregation in der Weise enger an das S. Oftl=
cium angeschlossen, als für die Mitglieder und
Beamten der beiden Kongregationen untereinander
das secretum S. Officji, das Fremden gegen-
über auch für die der Indexkongregation gilt, be-
züglich der Bücherverbote, die bei einer von ihnen
in Frage stehen, aufgehoben ist und sie zu gegen-
seitiger Besprechung berechtigt sind. — Ihre Or-
ganisation zählt 27 Kardinäle, den magister
sacri palatü# aus dem Predigerorden als stän-
digen Assistenten des Präfekten, ein weiteres Mit-
glied desselben Ordens als Sekretär, 28 Kon-
sultoren, ferner Relatoren, d. h. neu aufgenommene
Fachgelehrte, welche nach Beweis ihrer Tüchtig-
keit in die Klasse der Konsultoren aufsteigen (der
Index vom 1. Jan. 1909 weist einen Relator auf),
und 2 Offiziale (Sap. Cons. I 7; Norm. pec.
. VII, art. 7; Index a. a. O. 122 #).
8. Sixtus V. betraute die von ihm gegründete
Congregatio Sacrorum Rituum mit der
Aufgabe, die Befolgung der die Liturgie betreffen-
den Vorschriften zu überwachen und für die Rein-
erhaltung und Reform des Ritus zu sorgen, ferner
die Streitigkeiten zwischen kirchlichen Personen,
Instituten, Korporationen, Orden usw., über die
Präzedenz bei Prozessionen und Gottesdienst in
oberster Instanz zu entscheiden und die Selig= und
Heiligsprechungsprozesse zu leiten. Im Jahre
1669 wurde von ihr die Congregatio Indul-
gentiarum et Reliquiarum abgezweigt, die aber
1904 wiederum mit ihr in Personalunion ver-
bunden ward. Jetzt ist die letztere gänzlich auf-
gehoben und das Ablaßwesen dem S. Oftücium,
das Reliquienwesen der Ritenkongregation über-
tragen. Infolgedessen erstreckt sich die Zuständig-
keit der Ritenkongregation nunmehr auf alles, was
die Riten und Zeremonien der lateinischen Kirche
angeht, so vor allem bei Feier des heiligen Meß-
opfers und der Spendung der Sakramente, ferner
auf die Selig= und Heiligsprechungsprozesse und auf
das Reliquienwesen. Sie besitzt ein ausgedehntes
Gesetzgebungsrecht sowie das Recht, einschlägige
Dispensen, Auszeichnungen und Privilegien, sei
es persönlich und zeitlich beschränkt oder örtlich
und dauernd, zu verleihen. In richterlicher Be-
ziehung ist ihre Gewalt, da ihr die Präzedenz-
streitigkeiten entzogen sind, auf die Beatifikations-
und Kanonisationsprozesse beschränkt. Mit der
Ritenkongregation bleiben die von Leo XIII. und
ius X. errichteten Kommissionen: die liturgische,
die historisch-liturgische und die für den Kirchen-
gesang autorisierte, wie bisher verbunden. — In-
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