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Terrains. Für den Chaufseebau insbesondere ist
folgendes zu bemerken: Zu jeder ordnungsgemäß
hergestellten Chaussee gehören außer der Straßen-
bahn zu beiden Seiten Fußwege (Banketts) und
Gräben. Der Sachsenspiegel (Landrecht, Art. 59,
§ 3, Buch 2) verlangt, daß die Straßenbahn so
breit sei, daß sich zwei Wagen ausweichen könnten.
Man wird aber weiter gehen und verlangen müssen,
daß sie so breit sei, daß auch noch Raum für die
Lagerung des Straßenbaumaterials bleibt. Mit
Rücksicht auf das zum Bahnbau verwandte Ma-
terial unterscheidet man Pflaster-, Stein-, Kies-
und Klinkerbahnen (auf die hohe Kante gestellte,
hart gebackene Ziegelsteine). Die beiden letzteren
genügen indessen nur ausnahmsweise bei leichtem
Verkehr und trockener Bahn. Sodann muß die
Bahn ein doppeltes Gefälle, in die Breite und,
damit das Wasser aus den Geleisen ablaufen kann,
in die Länge, haben.
Endlich sind auf beiden Seiten der Chausseen
Bäume (Obstbäume) anzupflanzen. Letztere ge-
währen der Chaussee Schutz und den Passanten
Schatten. Die Anpflanzung derselben ist in der
preußischen Rheinprovinz und Nassau Sache der
Anlieger. Der vorzeitigen oder ungleichmäßigen
Abnutzung der Chausseen ist durch Abschlämmen
sowie Legen von Spursteinen vorzubeugen. Die
Gewährung von Beihilfen und die Anwendung der
besondern chausseepolizeilichen Schutzvorschriften
(s. hierüber preuß. Verordnung, den Verkehr auf
Kunststraßen betr., vom 17. März 1839 und
preuß. Gesetz vom 20. Juni 1887) wird regel-
mäßig davon abhängig gemacht, daß beim Chaussee-
bau gewisse Grundbedingungen hinsichtlich der Be-
festigung (Pflaster= oder Steinbahn), der Breite
(6/8m). Steigung, Bepflanzung und Sicher-
stellung der demnächstigen Unterhaltung erfüllt
werden (E. Müller, Der Chausseebau und seine
Hilfswissenschaften (1903.).
Die Beschaffung des zur Anlage der Wege er-
forderlichen Grund und Bodens erfolgt, wenn er
auf gütlichem Wege nicht zu erlangen ist, auf
Grund der Bestimmungen des Enteignungsgesetzes.
Handelt es sich um Gradlegung oder Erweiterung
öffentlicher Wege oder um Umwandlung von
Privatwegen in öffentliche Wege, so wird die Zu-
lässigkeit der Enteignung vom Bezirksausschuß
ausgesprochen (§ 3 des Enteignungsgesetzes und
§5 150 des Zuständigkeitsgesetzes). Für die Ent-
eignung der zum Bau oder zur Unterhaltung der
öffentlichen Wege erforderlichen Mittel setzen die
88 50 f des Enteignungsgesetzes ein vereinfachtes
Verfahren fest. Zu beachten sind auch die 8§ 153f
des preußischen Berggesetzes vom 24. Juni 1865.
Die Anlage oder Veränderung von Straßen und
Plätzen in Städten oder ländlichen Ortschaften
erfolgt auf Grund des Gesetzes vom 2. Juli 1875
(kommentiert von Friderichs).
4. Wegeunterhaltungspflicht. Die
Land= und Wasserstraßen.
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Ausbildung des Wegeregals, des ius viarum
regium sublime, welches auch das Recht, Wege-
geld zu erheben, und das Geleitsrecht, d. i. das
Recht, den Reisenden auf der Geleitsstraße gegen
eine Abgabe Sicherheit zu verschaffen, das ius
conducendi, umfaßte. Dem Rechte, Abgaben zu
erheben, entsprach die Verpflichtung, die Straße
zu unterhalten (über das Regal an Landstraßen
vgl. Dieck. Geschichte des deutschen Privatrechts
(18260 92 f). Wo kein Abgabenberechtigter vor-
handen war, da hatte der Eigentümer, nämlich der
Staat, die Gemeinde oder die gemeindeartige Kor-
poration, die Straße zu unterhalten, es sei denn,
daß das Herkommen, welches im Wegwesen auch
heute noch eine große Rolle spielt, etwas anderes
bestimmte.
Im Laufe der Zeit ergingen in den verschiedenen
deutschen Ländern eine große Menge von Wege-
ordnungen, die noch jetzt vielfach die Grundlage
des Wegerechts in Deutschland bilden. Eine ein-
gehende Darstellung des ziemlich verwickelten preu-
Whischen Wegerechts enthalten der Bericht der Kom-
mission des preußischen Herrenhauses vom Jahre
1865 (Anlage 11) und die Verhandlungen des
Abgeordnetenhauses vom Jahre 1875 1 305f;
vgl. auch Germershausen, Wegerecht, TI 3.
In Preußen ist im Laufe des 19. Jahrh.
mehrere Male der Versuch gemacht worden, eine
einheitliche Wegeordnung für die ganze Monarchie
zustande zu bringen, aber ohne Erfolg. Die Ver-
suche scheiterten an der Ungleichartigkeit der Ver-
hältnisse in den verschiedenen Provinzen, der
Nichtleistungsfähigkeit vieler Gemeinden im Osten
und der Vielheit der Wegebaupflichtigen. Ein am
27. Jan. 1875 dem Abgeordnetenhause vorgelegter
Entwurf zu einer Wegeordnung ist nicht über die
zweite Kommissionsberatung hinausgekommen.
Seitdem scheint man auf den Erlaß einer einheit-
lichen Wegeordnung für ganz Preußen verzichtet
zu haben; wenigstens spricht dafür der Umstand,
daß die Provinz Sachsen am 11. Juli 1891
(Gesetzsamml. 316) eine besondere Wegeordnung
erhalten hat. Infolge der Mangelhaftigkeit der
Wegegesetzgebung gewann die Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts eine große Bedeutung.
Eine systematische Darstellung der das materielle
Wegerecht betreffenden Entscheidungen dieses Ge-
richtshofes findet sich in der Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts von v. Kamptz III.
Von großer Bedeutung für die Entwicklung
des Wegewesens war das preußische Gesetz vom
8. Juli 1875, durch welches den Provinzen
(Provinzialverbänden) unter Überweisung ent-
sprechender Fonds die Verwaltung einschließlich
der technischen Bauleitung sowie die Unterhaltung,
aber nicht die Reinigung der Staatschausseen
übertragen (§ 18) und die Unterstützung des Ge-
meinde= und Kreiswegebaues zur Verpflichtung
gemacht worden ist (§4, Abs. 1). Die wichtigeren
große Wichtigkeit der Land= und Heerstraßen für andern dem allgemeinen Verkehr dienenden Wege
das öffentliche Wohl führte im Mittelalter zur sind in den meisten Provinzen von den Kreisen in