Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Landwirtschaftliche Vereine. 
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Grundzüge im Wesen des Kaufmannes bilden: die Gewerbekunde verwickelt werden, müssen der Ent- 
geschäftliche Gewandtheit und Sicherheit, die leich- wicklung der gesamten Landwirtschaft zugute 
tere Beweglichkeit und das Anpassungsvermögen an kommen. 
veränderte Verhältnisse, die offene Zugänglichkeit 
für gewerbliche, technische und kulturelle Fortschritte, 
die durch die Beschäftigung mit den Zweigen der 
Landwirtschaftstechnik 
  
Nach der Idee von Professor Riesenfeld würde 
sich das System der Landwirtschaftslehre folgender- 
maßen gruppieren: 
Wirtschaftslehre des Landbaues 
  
  
Ackerbau u. Pflanzenbau — Tierzucht. Betriebslehre. 
  
Taxationslehre. Rechnungslehre; Buch- 
führung; Statik. 
  
Betriebsmittel, Betriebsarten, Betriebsleitung. 
  
Gewerbelehre. Agrarpolitik. Geschichte der Landwirtschaft. Landwirtschaftl. Rechtskunde; 
1 Landwirtschaftl. Maschinenkunde; Landwirtschaftl. Baukunde. 
Handelskunde; Lehre von der Gewerbe= u. Polizeiverwaltung; Versicherungskunde; Genossenschafts- 
wesen; Landwirtschaftl. Gewerbeförderung durch Ordnung der Arbeiterfrage; Landwirtschaftl. Kredit- 
wesen; Besteuerungswesen; Wohlfahrtpflege; Vereins= und Bildungswesen. 
Auch die Handelskreise dürften die durch eine 
Ausgestaltung des Unterrichtes in der Landwirt- 
schaftslehre entstehenden Kosten nicht mit scheelen 
Augen ansehen, denn der Gedanke, auf welchen 
Prof. Riesenfeld als Handelskammersyndikus auch 
mit Recht hinweist, ist bedeutungsvoll für Handel 
und Landwirtschaft gleichermaßen: die Vertiefung 
in das Wesen und die Bedeutung, die Vertraut- 
heit mit Organisation und Technik der öffentlichen 
Einrichtungen und Anstalten des Handelsverkehrs 
werden manches Vorurteil, welches der Landwirt 
heute nicht selten in wenig angebrachtem Maße 
dem Handel entgegenbringt, zu zerstreuen imstande 
sein. Und so möchten wir die Einreihung der 
landwirtschaftlichen Gewerbelehre als ebenbürtigen 
Faches in die Lehrpläne unserer landwirtschaftlichen 
Hochschulen warm befürworten und damit zugleich 
den Wunsch aussprechen, daß die Landwirtschafts- 
lehrer bei ihrer Vorbildung auf diese Weise tiefer 
in die Gewerbelehre eingeführt, auch an den nie- 
drigen landwirtschaftlichen Schulen diesem Zweige 
des Wissens eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu- 
wenden möchten. Jeder Landwirt muß in erster 
Linie heute Kaufmann sein. Technik ohne kauf- 
männische Schulung tut es nicht. 
Literatur. Gasser, Einleitung zu den ökonom., 
polit. u. Kameralwissenschaften (1729); Dithmar, 
Einleitung in die ökonom., Polizei= und Kameral= 
wissenschaften, hrsg. von Schoeber (1755); F. G. 
Schulze, Wesen u. Studium der Kameralwissen- 
schaften (1826); Liebig, Rede zur Vorfeier des 
102. Stiftungstages der königl. bayr. Akad. der 
Wissenschaften (1861); ders., Die moderne Land- 
wirtschaft als Beispiel der Gemeinnützigkeit der 
Wissensch. (1862); Berichte über die kgl. bayr. Akad. 
Hür Landwirtschaft u. Brauerei in Weihenstephan; 
rogramme der kal. württemberg. landwirtschaftl. 
Akad. Hohenheim; Festschrift zur Feier des 50jähr. 
Bestehens der kgl. preuß. landwirtschaftl. Akad. in 
Poppelsdorf (1897); Festschrift zur Feier des 
25jähr. Bestehens der kgl. landwirtschaftl. Hoch- 
schule in Berlin (1906); Jenne, Das landwirt- 
schaftl. Unterrichtswesen in Bayern (1906); Sta- 
tistik der landwirtschaftl. u. zweckverwandten Unter- 
richtsanstalten Preußens (1903); Lexis, Das Unter- 
richtswesen im Deutschen Reiche IV, 2. u. 3. Tl: 
Der mittlere u. niedere Fachunterricht — Die Hoch- 
schulen für besondere Fachgebiete (1904); Frhr 
  
v. d. Goltz, Geschichte der deutschen Landwirtschaft 
(1903); Denkschrift des kgl. preuß. Landwirtschafts- 
ministeriums über das ländl. Fortbildungsschul- 
wesen (1904); Kühn, Das Studium der Landwirt- 
schaft an der Universität Halle (1888); Settegast, 
Erlebtes u. Erstrebtes (1892); Havenstein, Bei- 
träge zum landwirtschaftl. Schul= u. Genossenschafts- 
wesen (1904); Kreuz, Denkschrift über die Entwick- 
lung des landwirtschaftl. Winterschulwesens u. 
Wanderlehrertums in der preuß. Rheinprovinz in 
den letzten 25 Jahren (1905); Rümker, Landwirt- 
chaft u. Wissenschaft (1905); Peters, Ländliche 
Fortbildungsschule in drei Teilen (1906/09); Zeit- 
chrift für das ländliche Fortbildungsschulwesen 
n Preußen (Berlin, seit 1909); Förderung und 
Ausgestaltung der hauswirtschaftlichen Unterwei- 
sung: Verhandlungen der Zentralstelle für Volks- 
wohlfahrt (1908); Verhandlungen auf der Haupt- 
versammlung des Deutschen Vereins für ländliche 
Wohlfahrt= und Heimatpflege (1909); Die deut- 
sche Kolonialschule in Witzenhausen-Wilhelms- 
hof a. d. Werra (1907); Delbrück, Die kgl. land- 
wirtschaftl. Hochschule in der Zukunft (1900); 
Riesenfeld, Grundzüge einer landwirtschaftl. Han- 
delskunde mit Ausblicken auf ihre Entwicklung zu 
einer allg. Gewerbelehre des Landbaues, in den 
Mitteilungen der landwirtschaftl. Institute der 
kgl. Universität Breslau (1904); Lippe-Oberschön- 
feld, Die Frau auf dem Lande (1908); Statistisches 
jährlich in Mentzel u. v. Lengerkes Landw. Kalender. 
L[Faßbender.]) 
Landwirtschaftliche Vereine. 1. Ge- 
schichte. Die Gründung der ersten landwirt- 
schaftlichen Vereine in Deutschland füällt 
in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. 
1762 wurde die „Thüringische Landwirtschafts- 
gesellschaft zu Weißensee“, 1764 die „König- 
liche Landwirtschaftsgesellschaft zu Celle“ ins 
Leben gerufen. Es hat sich dann im Laufe der 
Zeit die Zahl der lokalen Vereine von teils ge- 
ringerem teils größerem Umfang mehr und mehr 
vergrößert, so daß heute in allen deutschen Staaten 
ein das ganze Gebiet umfassendes, geschlossenes 
Netz solcher Vereinigungen besteht. Im weiteren 
Laufe der Entwicklung hat sich sodann eine größere 
Zahl von Lokalvereinen zu sog. Gauverbänden 
oder Zentralvereinen zusammengetan. Von jeher 
haben sich die landwirtschaftlichen Vereine der 
Unterstützung des Staates erfreut, und dies ist 
 
	        
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