Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

779 Lehramt, 
der kirchlichen Lehrverkündigung und als romedium 
optimum atque opportunissimum (Paul III., 
Bull. indict. Conc. Trid.) zur Beseitigung von 
Irrlehren und Glaubensstreitigkeiten (ogl. Simar, 
Dogmatik 1 (/18991 42). 
Während der Papst und der Gesamtepiskopat 
das Lehramt für die ganze Kirche innehaben (ma- 
gisterium universale), ist der einzelne Bischof, 
obwohl dem Papste untergeordnet, mit der ordent- 
lichen und unmittelbaren Lehrgewalt für seine 
Diözese begabt. Das Lehramt des Bischofs ist 
aber nicht bloß räumlich, d. h. auf seine Diözese 
beschränkt, sondern auch autoritativ, da er nicht 
wie der Papst persönlicher Unfehlbarkeit sich er- 
freut, weshalb seine selbständigen Entscheidungen 
auch nicht irreformabel sind. Auch können sich die- 
selben nicht auf einen Gegenstand beziehen, der 
einer Reglung für die gesamte Kirche bedarf oder 
sie schon gefunden hat. Dagegen nimmt insofern 
auch die ordentliche wie außerordentliche Lehr- 
tätigkeit des einzelnen Bischofs an der Unfehlbar- 
keit des kirchlichen Lehramtes teil, als sie den all- 
gemeinen Lehrkonsens des Gesamtepiskopats zum 
Ausdruck bringt, als sie namentlich die Belehrung 
und Einschärfung der vom Papste oder vom all- 
gemeinen Konzil erlassenen Glaubens= und Sitten- 
gesetze in der Diözese sich angelegen sein läßt. 
Auftauchende Lehrstreitigkeiten in wichtigen, den 
Glauben, die Sittenlehre und Disziplin betref- 
fenden Fragen kann der Bischof nicht selbständig 
entscheiden, da diese Dinge zu den maiores Ec- 
clesiae causae gehören, die immer beim päpst- 
lichen Stuhle anhängig gemacht werden müssen. 
In besonders dringenden Fällen und in minder 
wichtigen Fragen kann er selbständig entscheiden, 
jedoch nur salvo supremo iudicio Papae. Nach 
den Konzilien von Trient (Sess. XXV de invoc., 
vener. et reliquiis sanct. et sacr. imag.) bildet 
der Bischof die erste Instanz in der Untersuchung 
neuer Wunder, neuer Reliquien wie in der Zu- 
lassung von Bildern zur Verehrung der Gläu- 
bigen; in schwierigen Fällen soll er jedoch auch 
hierüber nicht entscheiden, bevor das Provinzial- 
konzil sich geäußert hat. 
Kraft seines Lehramtes wird dem Bischof auch 
zur Pflicht gemacht, über die Reinheit des Glau- 
bens in seiner Diözese zu wachen und häretische 
Irrtümer zu bekämpfen (vgl. Conc. Trid. sess. 
XXIV, cap. 3deref.). Von jeher mußte er deshalb 
auch die Zensur handhaben. Durch die Konstitu- 
tion Leos XIII. Offciorum ac munerum vom 
25. Jan. 1897 wurde über Verbot und Zensur 
der Bücher ein neues Recht geschaffen. Danach 
hat der Bischof des Ortes, an dem das Buch er- 
scheint — die zu Rom lebenden Schriftsteller aus- 
genommen (tit. 2, cap. 1) —, jedes zensurpflichtige 
Buch den von ihm bestellten Zensoren zur Prü- 
fung vorzulegen, und falls dieselben nichts be- 
anstanden, die Approbation schriftlich und gratis 
zu erteilen. Sehr wichtig ist die Mahnung, welche 
Leo XIII. an die Bischöfe richtete, sie sollten zu 
kirchliches. 780 
Zensoren und Männer bestellen, de quorum fide 
et integritate sibi polliceri queant, nihil eos 
gratiae daturos, nihil odio, sed omni humano 
affectu posthabito Dei dumtaxat gloriam 
spectaturos et fidelis populi utilitatem (tit. 2, 
cap. 2). Die Zensoren aber wurden gewarnt: De 
varlis opinionibus atque sententiis animo 
a Ppraeindicüs omnibus vacuo iudicandum 
sibi esse censores sciant. Itaque nationis, 
familiae, scholae, instituti affectum excu- 
tiant, studium partium seponant. Ecclesiae 
sanctae dogmata et communem Catholicorum 
doctrinam, quae Conciliorum generalium 
decretis, Romanorum Pontificum consti- 
tutionibus atque Doctorum consensu con- 
tinentur, unice prae oculis habeant (tit. 2, 
Cap. 2). Überdies hat der Bischof die Pflicht, seine 
Untergebenen vor der Lektüre glaubens= und sitten- 
gefährlicher Tagesblätter und Zeitschriften zu 
warnen (tit. 1, cap. 8). Die Erlaubnis, verbotene 
Schriften zu lesen, soweit solche überhaupt erfor- 
derlich ist, können die Bischöfe kraft der Quin- 
quennalfakultäten ad tempus, d. i. bis zum 
Widerruf, erteilen. Eine ernste Erneuerung und 
teilweise Verschärsung der von Leo XllI. in der 
genannten Konstitution gegebenen Bestimmungen 
brachte die gegen den Modernismus gerichtete 
Enzyklika Pius' X. Pascendi dominici gregis 
vom 8. Sept. 1907;sie fordert für alle Bistümer 
einen sog. Aufsichtsrat und die Einsetzung offi- 
zieller Zensoren, deren Namen in der Approbation 
angegeben werden müssen. Der Ausfsichtsrat „soll 
allen Anzeichen und Spuren des Modernismus in 
dem Unterrichte wie in den Büchern genau nach- 
gehen; er soll, um den Klerus und die Jugend 
davor zu behüten, kluge, aber schnelle und wirk- 
same Maßregeln ergreifen“. In Deutschland trat 
dieser Aufsichtsrat aber nicht ins Leben, da an 
seiner Stelle mit Genehmigung des Apostolischen 
Stuhles das bischöfliche Ordinariat oder General- 
vikariat fungiert; auch von dem Institut der offi- 
ziellen Zensoren und deren Namensnennung bei 
der Approbation hat man in Deutschland ab- 
gesehen (vgl. Heiner, Zweck, Aufgabe und Be- 
deutung des sog. Aussichtsrates in der Dihzese, 
in Wissenschaftliche Beilage zur Germania 1909, 
Nr 20; ders., Das Bücherverbot nach der En- 
zykliku Pascendi Pius' X., in Kath. Seelsorger 
1909, 249 ffl. 
Eine Hauptaufgabe des Bischofs als Trägers 
des kirchlichen Lehramtes ist es endlich, alle seine 
Diözesanen in der Religion zu unterrichten; denn 
kraft seines göttlichen Lehramtes ist er der einzige 
Religionslehrer und Verwalter des Predigtamtes 
in seiner ganzen Diözese. Daher wird es auch 
vom Konzil von Trient den Bischöfen zur aus- 
drücklichen Pflicht gemacht, ihren Diözesanen das 
Evangelium in eigner Person zu predigen, wenn 
sie nicht rechtmäßig verhindert sind (Conc. Trid. 
sess. V, cap. 2 de ref.; sess. XXIV, cap. 4de 
ref.; sess. XXIII, cap. 1 de ref.). Diese Pflicht 
 
	        
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