89
den Händen eines auf Lebenszeit gewählten Stu-
diendirektors; in Frankfurt und Berlin wählen die
Dozenten auf 2 bzw. 3 Jahre einen Reltor.
Die Studienzeit umfaßt gewöhnlich 4 Se-
mester, die durch Ferien nach dem Umfange derer
an Universitäten voneinander geschieden sind. Auch
Aufnahmegebühr und Kollegienhonorar (4/05 M
für die Wochenstunde pro Semester) entsprechen
ungefähr denen der Universitäten. Köln allein er-
hebt ein Semestralhonorar (für Inländer 125 M,
für Ausländer 250 M), für das sämtliche Vor-
lesungen besucht werden dürfen. Prüfungen
können nach Abschluß des vierten Semesters ab-
gelegt werden, und zwar sowohl zur Erlangung
eines kaufmännischen Diploms wie auch zum
Nachweise der Lehrbefähigung für Handelsschulen.
Die hauptsächlichsten Gegenstände, welche auf
Handelshochschulen behandelt werden, sind: prak-
tische und theoretische Nationalökonomie, Finanz-
wissenschaft, Wirtschaftsgeschichte, Sozialpolitik,
Ho#dess: Wechsel- und Seerecht, Völkerrecht,
onkursrecht, Obligationenrecht, Urheberrecht,
Gewerberecht, Versicherungsrecht; allgemeine,
physikalische, politische und Wirtschaftsgeographie,
Soziologie, Ethnologie, Anthropologie usw. Da-
zu treten handelswissenschaftliche Ubungen in
Korrespondenz und Kontorarbeiten, Buchführung,
kaufmännischer Arithmetik, mechanischer und che-
mischer Technologie usw.; gegebenenfalls auch in
modernen Sprachen. Für zukünftige Handels-
lehrer sind pädagogische, für alle Studierende auch
allgemein bildende Vorlesungen geboten, z. B. in
Literatur, Welt= und Kunstgeschichte usw. Eine
ganz besondere Bereicherung des fachmännischen
Wissens bieten die großen Ferienreisen, welche die
Handelshochschule von Köln in den letzten Jahren
mit reichlicher Unterstützung durch Privatpersonen
unternommen hat, 1908 z. B. in die deutschen
Kolonien Afrikas. — Die Erfolge der Handels-
hochschulen sind recht erfreulich, wie namentlich die
zahlreichen Diplom= und Lehramtsprüfungen be-
weisen. Nur Aachen hatte von Anfang an mit
ganz besondern Schwierigkeiten zu kämpfen und
kam über 17 Studierende und 14 Hospitanten nie
hinaus. Der Besuch der übrigen ist gut: die
Leipziger Handelshochschule hatte z. B. im Winter-
semester 1906/07: 618 Studierende (darunter
allerdings 391 Ausländer!!), die Mannheimer im
Winter 1908/09: 40, im Sommer 1909: 50
Studenten und dazu über 500 Hospitanten und
Hörer.
Literatur. Vollständige Bibliographie bis 1901
ist enthalten in Bd 14 u. 15 (von Zieger) der Ver-
öffentlichungen des Deutschen Verbandes für das
kaufmännische Unterrichtswesen, von 1901 ab in
der Deutschen Handelsschullehrer-Zeitung und in
Sonderabdrucken. Hier seien aus der ungeheuern
Fülle nur folgende Hauptwerke genannt:
a) Allgemeines und Geschichtliches:
Glasser, Das kommerz. Bildungswesen in Österreich-
Ungarn u. die kaufmännischen Lehranstalten im
Deutschen Reiche (1893); James, Education of
Kaufmannsgerichte.
90
Businessmen in Europe (Neuyork 1893); Zieger,
Das k. B. im In= u. Auslande (1896, 21904);
Zehden, Zur Gesch. des kommerz. Bildungswesens
in Österreich-Ungarn von 1848 bis 1898 (1898);
Silbermann, Kaufmänn. Unterrichtsanstalten für
weibliche Angestellte (1898); Zieger, Lit. über das
gesamte kaufmänn. Unterrichtswesen 1900 (2 Bde,
1901); Simon, Die Fachbildung des preuß. Ge-
werbe= u. Handelsstandes im 18. u. 19. Jahrh.
(1902); ders., Das gewerbl. u. Fachschulwesen in
Deutschland (1903); Dlabak u. ZBolger, Das kom-
merz. Bildungswesen der europ. u. außereurop.
Staaten I/V (1903/08); Rachel, Zur Entwicklung
des Handelsschulwesens in den letzten 25 Jahren
(1904); Heubaum, Gesch. des deutschen Bildungs-
wesens 1 (1905); Rohmeder, Die Einbeziehung des
kaufm. Personals weibl. Geschlechts (1905); Köh-
ler, Üüber das private Handelsschulwesen in Deutsch-
land (1907).
b) Kaufmännische Fortbildungsschulen:
Harry Schmitt, Das kaufm. Fortbildungsschul-
wesen in Deutschland (1892); Stegemann, Das
kaufm. Fortbildungsschulwesen (1896); Roth, Das
kaufmänn. Fortbildungsschulwesen in Deutschland
(1903); Ofenberg, Die Organisation von haus-
Kötscheftn u. kaufm. Mädchenfortbildungsschulen
1908).
.—
c) Handelsmittelschulen: Zimmermann,
Handelsschulen (1899); Swet, Handelsrealschulen
und höhere Handelsschulen (1903; Beilage zum
Jahresbericht der Realschule in St Pauli zu Halle);
Dietze, Geschichte der Dresdener Handelslehranstalt
(1904); Zieger, Geschichte der Handelsschulen im
18. Jahrh. (1905); Balg, über einen Normallehr-
plan für Handelsrealschulen, in Zeitschrift für das
gesamte Fortbildungsschulwesen, 2. Jahrg., Hft 4
u. 5; Swet, Notwendigkeit der Errichtung beson-
derer Handelsrealschulen (1907).
d) Handelshochschulen: Zu vergleichen
vor allem die Jahresberichte der verschiedenen
Handelshochschulen; dazu: Böhmert, Handelshoch-
schulen (21898); Ehrenberg, Handelshochschulen
(3 Tle, 1897 f); Voigt, Die Akademie für soziale
u. Handelswissenschaft zu Frankfurt a. M. (1899);
Berliner, Die Handelshochschule (1899); Arndt,
Die Bedeutung der Handelshochschule für den
Kaufmann (1905); Apt, Errichtung einer Handels-
hochschule in Berlin (1900); derf., Zur Handels-
hochschulbewegung in Deutschland (1907); Kähler,
Wie studiert man auf der Handelshochschule?
(1907).
e) Zeitschriften: Zeitschrift für das gesamte
kaufm. Unterrichtswesen (Leipzig); Deutsche Han-
delsschullehrer-Zeitung (Dresden); Handelsaka-
demie (Leipzig); Handelshochschulchronik (Mün-
chen); Gewerbeschau (Zittau i. S.); Handelswissen-
schaftliche Rundschau (Hamburg); Monatsschrift
für Handels= u. Sozialwissenschaft (München);
Ostr. Handelsschulzeitung (Wien); Östr. Zeitschrift
für das kaufmänn. Unterrichtswesen (ebd.); Ostr.
Handelsmuseum (ebd.); Publikationen der schweiz.
Gesellschaft für kaufmänn. Bildungswesen (Zürich);
Revue pratique des Sciences commerciales (Lüt-
tich); Revue über das kaufmänn. Bildungswesen
aller Länder (Braunschweig). [E. M. Roloff.]
Kaufmannsgerichte. Die ausgezeichnete
Wirksamkeit der Gewerbegerichte (vgl. d. Art.)
nach den Reichsgesetzen vom 29. Juli 1890 und