Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1079 
verschiedener Tierarten (bei Pflanzen will man 
unbegrenzte Fruchtbarkeit von Artbastarden be- 
obachtet haben) hervorgehen, pflanzen sich ent- 
weder gar nicht fort, oder wenn es geschieht, nur 
auf kurze Zeit. Dann fallen sie entweder in eine 
der beiden Arten zurück, oder sie gehen an Un- 
fruchtbarkeit allmählich wieder zugrunde. Nun 
ist es aber Tatsache, daß Individuen der ver- 
schiedensten Menschenrassen sich paaren können, 
und daß aus dieser Paarung Nachkommen hervor- 
gehen, welche in unbegrenzter Fruchtbarkeit sich 
fortpflanzen können. Die Rassen können also nicht 
spezifisch verschieden sein. 
b) Dies wird weiter bestätigt dadurch, daß die 
Individuen verschiedener Rassen in ihren wesent- 
lichen Eigenschaften einander gleichen. Der 
anatomische Bau des Körpers ist überall, selbst bei 
den entferntesten Rassen, derselbe. Das Knochen- 
gerüst bietet mit Ausnahme des Schädels und des 
Beckens keine bemerkenswerten Unterschiede; die 
einzelnen Knochen sind überall in gleicher Anzahl 
vorhanden und nach Form und Struktur wesent- 
lich gleich. Ebenso ist der Bau des Gehirns und 
der von ihm ausgehenden Nerven überall derselbe; 
die Sprachwerkzeuge haben bei allen Rassen we- 
sentlich dieselbe Ausbildung, das Blut dieselbe 
Zusammensetzung und Farbe, die Organe des 
Blutumlaufes, der Atmung, der Verdauung und 
Absonderungdieselbe Organisation. Ebensoherrscht 
in physiologischer Beziehung bei allen Rassen 
Gleichheit. Die mittlere Pulsfrequenz sowie die 
Normalwärme des Körpers ist bei allen Rassen 
dieselbe. Während ferner bei den verschiedenen 
Tierarten die Tragzeit eine verschiedene ist, ist bei 
allen Menschenrassen die Dauer der Schwanger- 
schaft ganz dieselbe. Das gleiche gilt von der 
Krankheitsfähigkeit. Dazu kommt endlich die 
Gleichheit der verschiedenen Menschenrassen in 
geistiger Beziehung. Mögen die geistigen Kräfte 
bei verwilderten Völkern in Bezug auf ihre Aus- 
übung noch so verkümmert erscheinen, vorhanden 
sind sie bei allen. Darum sind auch die Menschen 
aller Rassen bildungsfähig. Mag die Bil- 
dung der einen mit größeren Schwierigkeiten ver- 
bunden sein als die der andern, so mangelt doch 
die Bildungsfähigkeit nirgends gänzlich. 
Der zweite Einwurf gegen die Einheit des Men- 
Mensch und Menschheit. 
1080 
übermächtigen Naturgewalten preis, die feindselig 
auf ihn einstürmen und ihn zu vernichten drohen. 
Nicht bloß die ungewohnte Glühhitze, sondern auch 
die den Tropenländern eigentümlichen endemischen 
Krankheiten, besonders das Sumpffieber, machen 
an ihm ihre verderbliche Macht geltend, weil sein 
Organismus erst allmählich dazu befähigt werden 
kann, Antitoxine (Gegengifte) gegen die neuen 
Krankheitserreger zu bilden. Eine Akklimatisation 
wird also in der Regel nur dann gelingen, wenn 
die Einwanderer Schritt für Schritt dem neuen 
Klima sich nähern, so daß die klimatischen Unter- 
schiede bei dem jedesmaligen Vorrücken verschwin- 
dend klein werden, daher unvermerkt überwunden 
werden können. Darum dauern z. B. die engli- 
schen Soldaten in Ostindien viel leichter aus, 
wenn sie zuvor auf einer Zwischenstation, etwa 
in Gibraltar oder am Kap, gewesen sind. Die 
Europäer gewöhnen sich viel leichter an das 
Klima von Mittelamerika, wenn sie sich vorher 
auf den Kanarischen Inseln längere Zeit auf- 
gehalten haben. Nun aber ist gerade dieses die 
Art und Weise, wie unter Voraussetzung der 
Abstammung der Menschen von einem Paare 
die Bevölkerung der ganzen Erde gedacht werden 
muß. Sie geschah nicht in großen Sprüngen und 
in weiten Wanderungen, sondern in der Weise, 
daß die Menschen von der Urheimat aus nach allen 
Seiten hin sich immer weiter entfernten und so 
nach und nach schrittweise in die verschiedensten 
Klimate vordrangen. 
Der dritte Einwurf argumentiert aus der Un- 
möglichkeit, von der Bevölkerung Amerikas 
Rechenschaft zu geben unter der Voraussetzung, 
daß alle Menschen von einem Paare abstammen. 
Eine ursprüngliche Bevölkerung Amerikas, so 
heißt es, von Asien her wäre unmöglich gewesen. 
Die Einwanderer hätten über die See oder durch 
Länder kommen müssen, in denen selbst die Wölfe 
verhungern müßten. Der amerikanische Mensch 
müsse daher zweifellos als eine aborigine, auto- 
chthone Rasse betrachtet werden, die mit den 
Rassen der Alten Welt gar nichts zu tun hat, 
weder durch Abstammung noch durch Mischung. 
Aber auch dieser Einwurf ist nichtig. Eine Ein- 
wanderung nach Amerika von Asien her war durch- 
aus nicht unmöglich. Im Norden sind nämlich der 
  
schengeschlechtes lautet folgendermaßen: Hätten sich asiatische und der amerikanische Kontinent bloß 
die Menschen ursprünglich von einem Stamm-durch die Beringstraße getrennt und nur etwa 13 
paare aus über die ganze Erde verbreitet, so geogr. Meilen voneinander entfernt. Mitten in der 
müßten selbe fähig gewesen sein, sich überall, unter 
den verschiedensten tellurischen und klimatischen 
Verhältnissen zu akklimatisieren. Nun lehrt 
aber die Erfahrung, daß keine Rasse in einem ihr 
fremden Klima sich akklimatisieren kann, vielmehr, 
wenn sie das ihr angewiesene Klima verläßt, zu- 
Straße befinden sich die sog. Gwoydoffsinseln, 
die nur wenige Meilen von der Küste abliegen. 
Da die Beringstraße im Winter gefriert, so war 
ein Ubersetzen derselben zu Fuß oder im Schlitten, 
selbst ohne Schiffe möglich. Eine Einwanderung 
von Asien nach Amerika war also möglich und 
grunde geht. Darauf ist folgendes zu erwidern. hat auch wirklich stattgefunden. Es erweist sich 
Nur der plötzliche, unvermittelte Ubergang von dieses vor allem aus der durchgängigen Ahnlich= 
einem Klima in das andere macht die Akklimati= keit, welche die nordwestlichen Indianer Amerikas 
sation unmöglich. Der plötzliche Ubergang z. B. mit den asiatischen Mongolen und Tataren in 
des Nordländers in ein tropisches Klima gibt ihn Bezug auf den Rassentypus aufweisen. Dazu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.