Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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interesse eine Gewähr für die richtige Ausprägung 
übernehmen, also entweder bei etwaigen Privat- 
münzen durch strenge und sehr kostspielige Über- 
wachung oder aber, was einfacher und sicherer ist, 
durch ausschließliche Selbstprägung. Die freie 
Privattätigkeit würde auch nur ein Interesse an 
der Freigebung des Prägungsrechtes haben, wenn 
dabei etwas zu verdienen wäre. In früheren Zeiten 
war es allerdings Brauch, daß auch der Staat 
einen hohen Schlagschatz (Unterschied zwischen dem 
Verkaufswert des in der Münze enthaltenen Me- 
talls und dem Werte der Münze) nahm. Heute 
wird vom Staat das Münzrecht nicht mehr als 
Finanzauelle angesehen. 
Die Briefpost mußte, wenn sie der Entwick- 
lung des Verkehrswesens folgen sollte, welches 
nicht nur Gleichmäßigkeit, Sicherheit im Bereich 
der einzelnen Staaten, sondern auch auf Staats- 
verträgen beruhende Vermittlung zwischen den 
verschiedenen Staaten der Welt verlangt, von den 
Staaten selbst unmittelbar in Verwaltung ge- 
nommen werden, während sie früher auf Grund 
von monopolartigen Privilegien meist an Private 
übertragen war (das Recht des Hauses Thurn und 
Taxis im alten deutschen Reich und einem Teile 
Deutschlands bis 1866). Die Telegraphie, 
ursprünglich für den Eisenbahnverkehr verwendet, 
wurde zuerst von Privatgesellschaften für den 
öffentlichen Verkehr eingerichtet, dann aber überall 
in staatliche Verwaltung genommen. Nur Ein- 
heitlichkeit kann dieser wichtigen Verkehrsanstalt 
die ihrer Bestimmung nach erforderlichen Einrich- 
tungen verschaffen. Das Staatsmonopol erscheint 
dabei im öffentlichen Interesse besser als ein an 
Private übertragenes Privileg. Auch die draht- 
lose Telegraphie ist seit 1908 durch internationale 
und landrechtliche Vereinbarung gesetzlich mono- 
polisiert. Wie wichtig die staatliche Herrschaft 
über den Telegraphenverkehr ist, zeigen die großen 
Nachteile, welche die europäischen Festlandstaaten 
dadurch erleiden, daß England der fast unbe- 
schränkte Herr des Weltkabelnetzes ist. Das öffent- 
liche Fernsprechwesen wird entweder direkt 
durch den Staat oder durch konzessionierte Privat- 
gesellschaften ausgeübt. 
Lange bestritten hinsichtlich seiner Berechtigung 
war das Staatsmonopol der Eisenbahnen. 
Von der einen Seite wurde das öffentliche Inter- 
esse behauptet, von der andern Seite wurde der 
Vorzug eines gemischten Systems hervorgehoben, 
da Privatgesellschaften sich mehr dem Verkehrs- 
interesse anzubequemen verständen. Heute ist nicht 
zuletzt aus fiskalischen Rücksichten der Staatsbahn- 
gedanke fast allgemein zur Geltung gelangt. 
Wenn auch schon bei dem Münzregal die Ver- 
hütung einer im Privatinteresse möglichen Aus- 
beutung mit ins Gewicht fiel, so läßt sich für das 
Lotterieregal des Staates hauptsächlich nur 
der Grund anführen, daß dadurch die nun ein- 
mal vorhandene und sehr weit verbreitete Neigung 
zum Spiel in gemäßigten, geregelteren Bahnen 
Monopol. 
  
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gehalten und von schlimmeren Wegen abgeleitet 
wird. Nebenbei sind dem Staate auch die dabei 
ihm zufallenden Einnahmen willkommen. 
Monopole mit wirtschaftlich erzieherischem 
Charakter sind in der Wirtschaftsgeschichte nicht 
selten. Es handelt sich dabei um Staatsbetriebe 
oder Privilegien an einzelne und Gesellschaften, 
wenn eine Unternehmung als zum Vorteil des 
Landes dienend erkannt, die gesamten Verhältnisse 
aber noch zu wenig in ihrem Erfolge zu übersehen 
sind, als daß man der freien Tätigkeit das Risiko 
zumuten könnte. Derartige Monopole waren, 
allerdings auch als Ausfluß des Regalismus im 
Finanzwesen, namentlich im 16. und 17. Jahrh. 
in den verschiedenen Erwerbszweigen üblich. Es 
sei nur an die Gewerbepolitik Colberts erinnert. 
Eine besondere Art sind die Handelsmonopole zur 
Förderung der Kolonialpolitik, zur Nutzbar- 
machung der Kolonien. Die ersten kolonialen 
„Kompanien“ wurden im 17. Jahrh. von Frank- 
reich, England und Holland aus gegründet und 
mit mannigfachen staatlichen Privilegien ausge- 
stattet. Die neueren kolonialen Bestrebungen, auch 
Deutschlands, führten wiederum zur Ausstattung 
gewisser Gesellschaften mit besondern Rechten, doch 
war diese Politik für die Entwicklung der Kolonien 
nicht ohne Nachteile. 
In neuester Zeit ist der Ruf nach staatlicher 
Monopolisierung wieder lauter geworden infolge 
der schweren Mißstände, welche die Kartellentwick- 
lung in einzelnen Produktionszweigen für die All- 
gemeinheit gezeitigt hat. Namentlich die Verstaat- 
lichung des Kohlenbergbaues wird diskutiert. Mit 
Recht wird diesen Bestrebungen entgegengehalten, 
daß der Staat die geeignete Zeit zum Erwerb der 
Kohlengruben verpaßt hat, daß er mit Rücksicht auf 
die aufzuwendenden finanziellen Mittel gezwungen 
wäre, die Preise in gleicher Höhe zu halten wie die 
Privatindustrie. Anders ist die Frage vielleicht 
bei dem nicht so ausgedehnten Kalibergbau, wo 
Deutschland ein natürliches Monopol besitzt und 
Raubbau und Verschleuderung an das Ausland 
eine schwere Schädigung des nationalen Wohl- 
standes hervorrufen können. Beachtenswert sind 
noch die Bestrebungen nach staatlicher (oder kom- 
munaler) Monopolisierung der natürlichen Wasser- 
kräfte, die im Erwerbsleben der Zukunft eine her- 
vorragende Rolle zu spielen berufen scheinen. An- 
läßlich der Reichsfinanzreform von 1909 tauchte 
aus finanziellen Motiven der Gedanke eines 
Reichs-Elektrizitätsmonopols (Verstaatlichung der 
Elektrizitätswerke) auf. Es würde, nach Ansicht 
seiner Befürworter, die Verteilung zahlreicher 
Kraftzentralen über das Land und damit die 
Elektrisierung der Eisenbahnen, die Dezentrali- 
sierung der Industrie, die technische Förderung der 
Landwirtschaft ermöglichen und die Gefahr der 
Vertrustung der Elektrizitätsgesellschaften im all- 
gemeinen Interesse beseitigen. — In der letzten 
Zeit haben sich auch verschiedene Monopole der 
Gemeinden ausgebildet. Es handelt sich hier um
	        
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