Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1215 Monroe-Doktrin 
die städtische Monopolisierung (Kommunalisie- 
rung) bestimmter, an sich privatwirtschaftlicher 
Unternehmungen, deren Übergang in den gemein- 
wirtschaftlichen Betrieb sichim Interessedes Gemein- 
wohls überhaupt wie auch namentlich aus finanziel- 
len Gründen—die erzielten Überschüssebewirken eine 
Verringerungder Steuerlast—empfiehlt. Derartige 
kommunale Monopole sind vor allem die Straßen- 
bahnen, die Wasser-, Gas- und Elektrizitätsanlagen. 
Die Bewertung der Monopole kann keine ein- 
heitliche sein. Durch Ausschließung der freien 
Konkurrenz vermögen sie die Waren zum Nachteil 
des Verbrauchers zu verteuern, dem Hersteller den 
Anreiz zu fortschreitender technischer Vervollkomm- 
nung des Produktionsprozesses zu rauben. Wie- 
derum können die Monopole auch unwirtschaftliche 
Kräftezersplitterung verhindern, besonders im Ver- 
kehrswesen, und, z. B. durch Schutz des gewerb- 
lichen Urhebers, dem technischen Fortschritt zweck- 
dienlich sein. Bei den reinen Finanzmonopolen 
wird es darauf ankommen, ob auf diesem Wege 
der Zweck allein oder am vorteilhaftesten erreicht 
wird. Hierbei darf nicht nur an das finanzielle 
Ergebnis für den Staatshaushalt gedacht werden, 
sondern es ist in Erwägung zu ziehen, wie die 
Ausschließung des privaten Betriebes volkswirt- 
schaftlich wirkt, ob nicht der Schaden, der mittelbar 
durch das Lahmlegen der freien Tätigkeit, durch 
Verminderung der Steuerkraft gewerblicher Kreise 
hervorgerufen wird, schwerer in die Wagschale fällt 
als die Vorteile, welche das Staatsmonopol bringt, 
und zwar gewissermaßen als Mehrertrag für die 
Staatskasse gegenüber einer steuerlichen Heran- 
ziehung der entsprechenden Privatbetriebe bzw. 
ihrer Erzeugnisse. Diese Prüfung der volkswirt- 
schaftlichen Gesichtspunkte wird auch um so sorg- 
fältiger anzustellen sein, je erheblicher die politi- 
schen Bedenken sind, welche dem Staatsmonopol 
in Betrieben mit einem großen Personal von Be- 
amten und Arbeitern gegenüberstehen. Auch von 
einem konservativen Standpunkt aus wird man 
es nicht als wünschenswert erachten können, wenn, 
namentlich in einem Staate mit auf Wahlen be- 
ruhenden gesetzgebenden Körperschaften, große 
Massen Leute von der jeweiligen Regierung in 
ihrer Existenz abhängig sind. Je mehr das mon- 
archische Prinzip in der Staatsverwaltung ver- 
blaßt, desto mehr ist die üble Wirkung zu fürchten, 
am meisten in Republiken, wo mit dem Regie- 
rungswechsel dann bis in die kleinsten wirtschaft- 
lichen Verhältnisse des Volkes hinein Verschie- 
bungen eintreten können. Vom Einnahmebewil- 
ligungsrecht der Volksvertretungen aus wird man 
endlich gegen Monopole wie gegen alle Staats- 
unternehmungen und allen Staatsbesitz mit un- 
kontrollierbaren Einnahmen, mindestens mit Ein- 
nahmen, welche einer Bewilligung nicht unterliegen, 
das Bedenken erheben, daß sie die Einwirkung der 
Volksvertretung schwächen. 
Über die privaten Monopole in Form der Kar- 
telle und Trusts vgl. diese Art. 
  
— Montalembert. 1216 
Literatur. Die Werke über Nationalökonomie 
besprechen in den Abschnitten vom Gewerbe u. 
Handel, die über Finanzwissenschaften in den über 
die Einnahmen des Staates die Frage der Mee. 
Besonders wird aufmerksam gemacht auf Roscher, 
Geschichte der Nationalökonomik in Deutschland 
(1874); ders., System der Volkswirtschaft 1II 
(Handel u. Gewerbe, 71899), IV (Finanzwissen- 
schaft, J1901); Schönberg, Handb. der politischen 
Okonomie (41896/97, in einer Reihe von Ab- 
schnitten: Erwerbseinkünfte des Staates, Preis, 
Transportwesen, Gewerbe, Handel); Lexis, Art. 
„M.e“, im Handwörterb. der Staatswissenschaften 
V (21900); Levy, M.e, Kartelle u. Trusts (1909; 
vorwiegend engl. Entwicklung). 
lv. Huene, rev. Sacher.] 
Monroe-Doktrin s. Intervention (Bd II, 
Sp. 1433 ffl. 
Montalembert, Charles René Forbes 
Graf de, Pair von Frankreich, als Parlamen- 
tarier, Akademiker und politischer Publizist einer 
der hervorragendsten Vorkämpfer für die Freiheit 
der Kirche und des Unterrichts im 19. Jahrh. 
(1810/70). 
[Familie und erste Erziehung; Humanistische 
Studien; Lettres à un ami de Collége; La- 
mennais und der Avenir; Rückwendung; Der 
Parlamentarier; Pair von Frankreich; Die Con- 
stituante; Die Legislative; Politik auf eigne Hand; 
Die letzte Krise; Mecheln; Charakter; Ende; 
Schriften und Literatur.] 
Montalembert wurde geboren zu London den 
15. Mai 1810 aus einem in der Kriegsgeschichte 
Frankreichs seit den Tagen der Kreuzzüge be- 
rühmten Geschlechte des Hochadels von Poitou. 
Sein Vater, Graf René, war nach Auflösung des 
Emigrantenkorps (1799) in englische Dienste ge- 
treten, hatte sich in Agypten, Indien und Spanien 
ausgezeichnet und mit der einzigen Tochter des 
Grafen von Granard (Irland), James Forbes, 
vermählt. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich 
mit Beginn der zweiten Restauration wurde Graf 
Renk Pair und französischer Ministerresident in 
Stuttgart und Stockholm. Erst mit neun Jahren 
sah Karl zum erstenmal Frankreich. Er wurde bis 
zum Eintritt in das höhere französische Schulleben 
strenge nach den Traditionen der altenglischen 
Familienerziehung im Hause seines Groß- 
vaters wie in einer Privatschule zu Fulham (Lon- 
don), dann auch im Hause der Mutter (Paris) 
durch Privatlehrer unterrichtet. Wenn später 
Montalembert so oft als der edelste Typus einer 
Verbindung der beiden Nachbarnationen hinge- 
stellt wurde, so hat dies sowohl für den Initiativ= 
charakter seines öffentlichen Wirkens und die furia 
francese seiner Redegewalt seine Richtigkeit, als 
hinsichtlich seiner lebenslangen Vorliebe für eng- 
lische Selbstregierung und seines oft zu hart- 
näckigen Beharrens auf der einmal betretenen 
Bahn. Qualis ab incepto war seine Devise. Für 
die Entwicklung seines religiösen Sinnes war der 
Pariser Aufenthalt von größtem Segen sowohl
	        
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