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Kirche.
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zu bewahren und zu befestigen gesucht. An der keit. Die katholische Kirche ist die einzige zu Recht
Einheit der Verfassung (unitas hierarchica),
des Glaubens und der Lehre (unitas symbolica),
des Kultus und der Sakramente (unitas litur-
gica) muß sich also die wahre Kirche erkennen
bestehende „Kirche", welcher alle Getauften an-
gehören (Trid. sess. VII, De bapt. c. 4, 7, 8).
Der moderne, staatsrechtliche Kirchenbegriff ver-
steht unter „Kirche“ jede im Staat anerkannte
lassen. Um diese Einheit hat der Herr gebetet schristliche Religionsgesellschaft, und die interkonfes-
(ut omnes unum sint, Io. 17, 20. 21) und sionelle, staatliche Gesetzgebung beschränkt daher
sie im Bild vom guten Hirten, vom Weinstock, die Ausübung der Kirchengewalt auf die im staats-
vom Reich, von der Stadt dargestellt. Zu ihrer rechtlichen Sinne zur katholischen Kirche gehörigen
Verwirklichung hat er in der Taufe und Eucha- 1 Christen (vgl. österreichisches Gesetz vom 7. Mai
ristie die äußern und innern Mittel angeordnet. 1874, 8 18).
Diese Vereinigung ist vom Apostel nach der Indem die Katholizität nach Raum und
äußern Seite als Gebäude, nach der innern als Zeit zur Einheit hinzukommt, gestaltet sich die
Organismus, als Leib, dessen Haupt Christus ist, Einheit zu einem besonders wirksamen Merkmal.
dargestellt worden. Die eine Taufe soll alle zu Die Heilige Schrift hat das Wort nicht, wohl
lebendigen Gliedern des Leibes wiedergebären, aber die Sache, den Universalismus des Reiches
das eine Brot alle zu einem Leibe verbinden Gottes, der schon durch die Propheten geweissagt
(1 Kor. 10, 16 f). Alle haben den einen worden war, so daß Augustinus sagen konnte, die
Herrn Jesus Christus (Eph. 1, 22.23), das eine Propheten hätten genauer über die Kirche als über
Evangelium, die eine Taufe (Eph. 4, 5), den den Messias geweissagt, und den Donatisten in
einen Geist, welcher in allen wirkt (1 Kor. 12, Afrika immer wieder die über den ganzen Erdkreis
4—1190, aber auch den nämlichen Glauben, die
nämliche Liebe, die gemeinsame Hoffnung (Eph.
4, 3—7). Die nachapostolische Zeit schuf als
Ausdruck der Glaubenseinheit das apostolische
Symbolum und die damit zusammenhängende
Glaubensregel. Das Symbolum diente zum
Zeichen der Einheit bei der Taufe, die gemein-
same Glaubensregel wurde den zahlreichen Irr-
tümern als der unveränderliche Schild des Glau-
bens entgegengehalten. Dieser wurde aber be-
sonders von der Hierarchie gehalten, welche die
lebendige Einheit unter sich und mit den Gläu-
bigen repräsentierte (Ignatius, Hegesipp, Ire-
näus, Tertullian). Denn nicht eine Schrift, und
wäre es die Heilige Schrift, oder eine Formel,
sondern die lebendigen Personen müssen die Ein-
heit erhalten. Der hl. Cyprian, der unermüdliche
Vorkämpfer für die kirchliche Einheit, hat die
episkopale Verfassung für die Grundlage der Ein-
verbreitete katholische Kirche entgegenhielt. Das
erste Mal begegnet uns das Wort bei Ignatius
(Smyrn. 8) und im Martyrium des hl. Polykarp
(gest. 155). Im Muratorischen Fragment (c. 170)
wird die Autorität der katholischen Kirche für die
Bildung des Kanons geltend gemacht. Von da
an ist das Wort überall im Gebrauch. Offiziell
erscheint es zuerst in der sog. apostolischen Liturgie.
Seit der Mitte des 4. Jahrh. wurde es in die
Symbole ausgenommen und zur Bezeichnung der
Mitglieder der Kirche verwendet: Christianus
mihi nomen, Catholicus mihi cognomen (Pa-
cian). Catholica wurde Bezeichnung der katho-
lischen Kirche. In erster Linie galt das Merkmal
der äußern Ausdehnung, welche auch die Schis-
matiker und Häretiker anerkennen mußten, sodann
aber auch der Universalität der Wahrheit, Gnade
und Tugend (Cyrillus v. Jerusalem, Cat. 18, 23.
Augustinus, Ep. 93, 9). Die katholische Kirche
heit und den Bischof von Rom (Petrus) für das hat überall und zu jeder Zeit den nämlichen vollen
Prinzip derselben erklärt. Diese Einheit der Ver-Wahrheits= und Gnadenschatz Christi (innere
fassung hat sich gegenüber dem griechischen Schisma Katholizität) den einzelnen Generationen vermit-
und der abendländischen Reformation bewährt. telt (formale Katholizität) und hat auch in allen
Durch die Autorität der einheitlich organisierten Ländern der Erde Wurzeln gefaßt. Sie ist nume-
Verfassung ist auch die Einheit des Glaubens ge= risch allen andern christlichen Kirchen und Kon-
wahrt worden, während sonst überall Trennung fessionen überlegen. Sie zählt nach H. A. Krose S.J.
und Spaltung eintrat. Auf die Notwendigkeit (Stimmen aus Maria-Laach 1903) für die Zeit
eines einheitlichen Kultus für jede Religions= der Jahrhundertwende: Katholiken 264505922;
gemeinschaft hat schon der hl. Augustinus hin-Griechisch-Orthodoxe 109 147272; Protestanten
gewiesen (Contra Faust. Man. 19, 11). Die alt= 166627 109;schismatische Orientalen 6554918;
kirchliche Liturgie hat dieses Einheitsbewußtsein Raskolniken 2 173 371; Christen im ganzen
in den Einrichtungen der Diptychen, Eulogien, 549 017 341, bei einer ungefähren Gesamtbevöl-
Gemeinschaftsbriefe kundgegeben. Die Liturgie des kerung der Erde von 1537 Millionen (P. M.
heiligen Meßopfers mit der lateinischen Sprache Baumgarten, Verfassung und Organisation der
bildet in der abendländischen Kirche den Mittel= Kirche (1906.)).
punkt der Einheit. Eine äußere Verbindung streben Die Heiligkeit gilt nach Eph. 5, 27 als das
gegenwärtig auch die protestantischen Landeskirchen älteste Merkmal der Kirche. Die Christen wurden
an. Die Einheit ist aber nicht eine mechanische „Heilige“ genannt, weil sie aus der Menge der
oder tyrannische, sondern gestattet der individuellen lasterhaften Heiden ausgeschieden, in der Taufe
und nationalen Eigenheit eine lebendige Tätig= durch den Heiligen Geist geheiligt und zu einem