Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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ders. in Revue générale de droit international 
public IV 297 f; XI 353 ff; Vossen, Die Konter- 
bande des Krieges (1896); Hirsch, Kriegskonter- 
bande u. verbotene Transporte in Kriegszeiten 
(1897); Mauceaux, De la contrebande de guerre 
(1899); Brochet, De la contrebande de guerre 
(1900); Vetzel, De la contrebande par analogie 
en droit maritime international (1901); Remy, 
Théorie de la continuité de voyage en matière 
de blocus et de contrebande (1902); Pincitore, 
II contrabbando di guerra (1902); Knight, Des 
Etats neutres au point de vue de la contrebande 
de guerre (1903); Thonier, De la notion de la 
contrebande de guerre (1904); Wiegner, Die 
Kriegskonterbande (1904); Hold v. Ferneck, Die 
Konterbande (1907); Wehberg, Das Beuterecht in 
Land= u. Seekrieg (1909). 
B. Neutralisierung. I. Begriff. Neutrali- 
sierung ist im Unterschied zu der nur zeitwei- 
ligen Neutralität einem gegenwärtigen Kriege 
gegenüber der dauernde Zustand der Neu- 
tralität, die dauernde Fernhaltung eines Staates 
von jedem gegenwärtigen oder künftigen kriegeri- 
schen Unternehmen. Die Neutralisierung setzt ent- 
weder einen völkerrechtlichen Akt dritter Staaten 
oder die freiwillige Erklärung des betreffenden 
Staates voraus. Hierdurch wird ein dauerndes 
Rechtsverhältnis zwischen den beteiligten Staaten 
begründet, das ihnen bestimmte Pflichten auf- 
erlegt. Der Zweck der Neutralisierung eines 
Staates liegt im allgemeinen Interesse: man will 
im Interesse des Gleichgewichts den schwachen 
„Pufferstaat" (Etat tampon) davor sichern, einem 
mächtigen benachbarten Staate dienstbar zu wer- 
den und so die Besorgnis oder Begehrlichkeit der 
andern Mächte zu wecken. Deshalb wird ihm 
„gegen Sicherstellung seiner Existenz und Selb- 
ständigkeit die Pflicht auferlegt, in Fragen der 
internationalen Politik insoweit sich passiv zu ver- 
halten, als jede aktive Teilnahme von seiner Seite 
eine Veränderung des Kräfteverhältnisses der an 
der internationalen Politik in erster Reihe betei- 
ligten Mächte herbeiführen könnte“ (Ullmann, 
Völkerrecht? § 27, 1). Dadurch verliert der neu- 
tralisierte Staat aber keineswegs seine Souveräni- 
tät; seine Rechts= bzw. Handlungsfähigkeit bleibt 
ihm grundsätzlich erhalten, wenn er auch in einem 
der wichtigsten Rechte, dem der Selbstbestimmung 
und der politischen Aktionsfreiheit, eine tief ein- 
greifende Beschränkung erleidet. Auch die Gleich- 
berechtigung und insbesondere der ihm hiernach 
zukommende Rang bleibt dem Staate den andern 
Mächten gegenüber gewahrt. 
II. Wirkungen. Die Neutralisierung äußert 
ihre Wirkungen einmal für den betreffenden Staat 
selbst, sodann für die Mächte, welche bei dem Neu- 
tralisierungsakte beteiligt waren, schließlich auch 
für alle übrigen Staaten. 
1. Die Neutralisierung legt zunächst dem neu- 
tralisierten Staate die Pflicht auf, sich von 
jedem feindlichen Offensivakte dritten Staaten 
gegenüber fernzuhalten. Infolgedessen darf er 
Neutralität usw. 
  
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auch im Frieden keine Verträge, wie Bündnisse 
oder Garantieverträge schließen, die ihn gegebenen 
Falls in einen Krieg verwickeln könnten (negative 
Wirkungen). Umgekehrt ist er verpflichtet, alle 
Verteidigungsmaßregeln zum Schutze seiner Neu- 
tralität gegen Angriffe oder Bedrohungen zu 
treffen. Deshalb kann er sein Land befestigen, 
eine Armee unterhalten, Defensivbündnisse ein- 
gehen, sofern sie ausschließlich diesem Zwecke dienen 
(positive Wirkungen). Wenn der neutralisierte 
Staat eine Kriegserklärung ergehen ließe, so würde 
diese zwar eine Verletzung seiner Pflichten, keines- 
wegs aber nichtig sein, vielmehr alle die Rechts- 
wirkungen der Kriegserklärung eines nicht neu- 
tralisierten Staates erzeugen (val. d. Art. Krieg, 
Abschn. V) und zugleich die übrigen Staaten, 
insbesondere die etwaigen die Neutralität garan- 
tierenden Staaten, von ihren Verpflichtungen dem 
neutralisierten Staate gegenüber befreien, ja ge- 
radezu zum Einschreiten gegen den Friedensstörer 
berechtigen. 
2. Die Neutralisierung bindet ferner diejenigen 
Staaten, welche diese vereinbart haben, insbeson- 
dere die Garantiemächte, d. h. jene Staaten, 
die sich zum Schutze der Integrität des Gebietes 
des neutralisierten Staates eventuell mit Waffen- 
gewalt verpflichtet haben. Jeder der Vertrags- 
staaten ist demnach zunächst gebunden, die Neu- 
tralität des betreffenden Staates zu achten, so daß 
durch ihre Verletzung für die übrigen Mächte der 
casus belli gegeben wäre. Den Garantiemächten 
obliegt darüber hinaus die Pflicht, das neutrali- 
sierte Land gegen Angriffe und Bedrohungen zu 
schützen, und zwar ohne erst ein Anrufen ihrer 
Intervention seitens des gefährdeten Staates ab- 
warten oder auch nur dessen Einwilligung ein- 
holen zu müssen. Weil die Garantie regelmäßig 
Kollektivgarantie ist, sind die Mächte verpflichtet, 
in gegenseitigem Einverständnis vorzugehen, ge- 
meinsam zu intervenieren, doch ist auch jeder ein- 
zelne Kontrahent berechtigt, für sich allein einseitig 
für die Interessen des bedrohten Staates einzu- 
treten. Verletzung der Neutralität seitens einer 
der Garantiemächte entbindet die übrigen nicht 
von ihren Verpflichtungen, sondern berechtigt bzw. 
verpflichtet sie, gegen jene einzuschreiten. 
3. Da die Neutralisierung auf einem Vertrage 
beruht, bindet sie zunächst nur die Kontrahenten. 
Demmoch gelten die dadurch geschaffenen Verhält- 
nisse auch für die übrigen, am Vertrag nicht 
beteiligten Staaten, gleichviel ob sie demselben 
ausdrücklich zugestimmt haben oder nicht, sofern 
ihnen nur bei Notifikation der Neutralisierung 
Gelegenheit geboten war, ihren Widerspruch gel- 
tend zu. machen. 
III. Anderung oder Aufhebung des durch die 
vertragsmäßige Neutralisierung geschaffenen Rechts. 
verhältnisses kann nur unter Zustimmung aller be- 
teiligten Staaten erfolgen. Es kann daher weder 
der neutralisierte Staat durch einseitige Erklärung 
seine singuläre Stellung aufgeben, noch eine der
	        
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