Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Ausgaben 4,78 Mill. bzw. 298 480 Gulden. 
Außerdem trägt das Mutterland hier die mili- 
tärischen Kosten, die Gehalte der Gouverneure u. a. 
Niederländisch-Indien umfaßt die Sunda- 
und Molukken-Inseln (außer dem nordwestlichen 
und nördlichen Teil von Borneo, der östlichen 
Hälfte von Timor und Labuan) sowie den nord- 
westlichen Teil von Neuguinea, welcher mit dem 
Waigen-Misul-Archipel zu dem mit der Resident- 
schaft Ternate verbundenen Vassallensultanate Ti- 
dore gehört, und zerfällt in zwei Hauptgruppen: 
1) Java und Madura und 2) Außenbesitzungen 
(Provinzen), die beide wieder aus unmittelbaren 
Ländern (den Gouvernements= oder Grundgebieten) 
und aus einheimischen, unter Oberhoheit der nieder- 
ländischen Krone stehenden Staaten (4 in Java, 
3 in Madura) gebildet sind. Europäer zählte man 
1905: 64 917 in Java und Madura, 15 956 in 
den Außenbesitzungen, 885 in Surinam, Chinesen 
an 563 000, Araber an 29000 und andere 
Orientalen an 23000. Die Hauptstadt Batavia 
hatte 1905: 138 551, Surakarta 118 378, Sura- 
baja 150 198, Palembang (Sumatra) 60 985 
Einwohner. — Die Verwaltung ist durch das 
Regierungsreglement vom 2. Sept. 1854 geordnet, 
das 1899 und 1901 einer Revision unterzogen 
wurde. Oberste Behörde ist das Kolonialmini- 
sterium; ihm untersteht der die Regierung in der 
Kolonie vertretende Generalgouverneur, der vom 
Staatsoberhaupt der Niederlande auf 5 Jahre 
ernannt wird; Sitz des Generalgouverneurs und 
seines Sekretariates ist Buitenzorg, jener der 
obersten Verwaltungsbehörden Weltevreden beie 
Batavia. Unter seinem Vorsitz tritt der aus einem 
Vizepräsidenten und 4 Mitgliedern gebildete „Rat 
von Niederländisch -Indien“ zusammen. Bei- 
gegeben ist ihm als Kabinett ein General-Sekre- 
tariat und 7 Departements, deren Chefs sich unter 
seinem Vorsitz zum „Rate der Direktoren“ ver- 
einigen. Für die Verwaltung zerfällt die Kolonie 
in 39 Provinzen: 3 Gouvernements (die West- 
küste von Sumatra, Atschin und Celebes), 34 
Residentschaften (17 für Java und Madura, 17 
in den Außenbesitzungen) und 2 Assistent-Resident- 
schaften (Billiton und Neuguinea). Die Provinzen 
sind wieder in Abteilungen zerlegt, in denen die 
innere Verwaltung von Assistent-Residenten und 
Kontrolleuren besorgt wird. Die Europäer sind 
unmittelbar diesen politischen Behörden unter- 
stellt. Durch Gesetz vom Dez. 1904 wurden ge- 
wisse innere Angelegenheiten (Straßenpolizei, 
Sanitätsdienst, öffentliche Bauten, Wasserver- 
sorgung usw.) samt der örtlichen Finanzverwal- 
tung Selbstverwaltungskörpern übertragen, die je 
nach dem Umfang ihres Wirkungzkreises als ört- 
liche (Gemeinderäte) oder als Bezirksräte bezeichnet 
werden, in denen die Zahl der Niederländer die 
der einheimischen wenigstens um 1 Mitglied über- 
treffen muß; die Beschlüsse dieser Räte (die noch 
nicht überall eingerichtet sind) unterliegen der Ge- 
nehmigung des Generalgouverneurs. Zur Ver- 
Niederlande. 
  
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mittlung zwischen der europäischen Verwaltung 
und der Bevölkerung werden eingeborne Beamte 
(mit sehr verschiedenen Bezeichnungen) ernannt, die 
ihren Landsleuten gegenüber auch die Polizei aus- 
üben. Auf Java und Madura bestehen 73 Re- 
gentschaften mit 455 Distrikten. Die „Regenten“ 
sind meistens hochadliger und selbst fürstlicher Ab- 
kunft und führen öfters den Titel „Pangéran“ 
(Prinz)j; die Distriktsvorsteher heißen „Wedanas“ 
oder „Demang“". Endlich genießen die orien- 
talischen Fremden (Chinesen, Araber, Neger usw.) 
die Ausübung der Selbstverwaltung und sind des- 
halb in besondern Korporationen vereinigt, deren 
Vorstände nach Landesbrauch gewählt oder er- 
nannt werden. Je nach dem Grade der Selb- 
ständigkeit der einheimischen Verwaltung lassen 
sich 4 Stufen unterscheiden: die „unabhängigen 
Länder“ auf Sumatra (die Batakländer) und die 
„bundesgenossenschaftlichen Länder“ von Celebes, 
in denen die innere Unabhängigkeit durch Ver- 
träge anerkannt ist; diejenigen Länder, in denen 
die Regierungsgewalt faktisch nicht vom Gouverne= 
ment ausgeübt wird, die Unabhängigkeit still- 
schweigend geduldet ist (viele Bezirke auf Su- 
matra, Borneo, Celebes, Neuguinea); Gebiete, in 
denen verschiedene einheimische Fürstentümer be- 
stehen, deren sonst selbständige Regierung der 
Kontrolle der niederländischen Beamten unter- 
worfen ist (bedeutendste die Kaiserreiche /„Vorsten- 
lande"] Surakarta und Djokjakarta auf Java, das 
Sultanat Siak auf Sumatra, die von Kutei, Pon- 
tianak, Sambas usw. auf Borneo; einige „lehns- 
pflichtige" Fürstentümer auf Celebes); endlich die 
sog. Gouvernementslande, die unter direkter nieder- 
ländischer Verwaltung stehenden Gebiete (Java 
außer den zwei genannten Reichen, die Küsten von 
Sumatra, die Hauptplätze auf Borneo, Celebes 
und den übrigen Inseln). — Die Rechtspflege 
wird gehandhabt von dem Hohen Gerichtshof in 
Batavia, ferner für Europäer und Christen von 
fünf Justizhöfen (Raad van Justitie) sowie für 
mindere Rechtssachen von den Residentschafts- 
gerichten; für die Eingebornen von den Rechts- 
banken auf Java und Madura, Landräten usw., 
den Regentschafts= und Distriktsgerichten und den 
Priesterräten. 
Der ausgedehnte Handel wird vorzugsweise 
von der Niederländischen Handelsgesellschaft 
(Nederlandsche Handels-Maatschappij) be- 
trieben, welche 1824 mit einem Stammkapital 
von 37 Mill. Gulden begründet und vom König 
Wilhelm I. mit sehr umfassenden Privilegien aus- 
gestattet wurde. Sie ist der alleinige Handelsagent 
der Regierung, welcher die Produkte der Kron- 
ländereien nach Holland bringt und von Zeit zu 
Zeit in Amsterdam-Rotterdam auf großen Auk- 
tionen verkauft. Die Einfuhr der ostindischen Ko- 
lonien belief sich 1907 auf 247,3 Mill. Gulden 
(davon 18,3 Mill. Gold), die Ausfuhr auf 364,6 
Mill. (874000 Gulden Gold); die wichtigsten 
Ausfuhrartikel waren Zucker (100,1 Mill. Gul-
	        
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