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gesetzbuch enthält in den 88 13 ff keine Bestim-
mung dieser Begriffe, und 8 42 der Reichsgewerbe-
ordnung in der Fassung der Bekanntmachung des
Reichskanzlers vom 26. Juli 1900 gibt lediglich
die verneinde Begriffsprägung:
„Eine gewerbliche Niederlassung gilt nicht als
vorhanden, wenn der Gewerbetreibende im In-
lande ein zu dauerndem Gebrauch eingerichtetes,
beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr von
ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines Gewer-
bes nicht besitzt."
Ob neben der Hauptniederlassung eine Zweig-
niederlassung vorhanden ist, wird von Fall zu Fall
nach der Gesamtheit der zu Handels= oder gewerb-
lichen Zwecken bestehenden Anlagen und der Art
ihrer Benutzung zu entscheiden sein. Indes wird
regelmäßig für das Vorhandensein einer Zweig-
niederlassung außer einer gewissen Dauer des ab-
gezweigten Handels= oder Gewerbebetriebes dessen
vom Sitz der Hauptniederlassung örtlich verschie-
dene Lage und der eigne Abschluß von gleich-
artigen Rechtsgeschäften wie seitens der Haupt-
niederlassung sprechen. Für den stehenden Handel
ist die Geschäftsstelle das Unterscheidungsmerkmal
von dem Hausierhandel und dem Wanderlager-
betrieb, desgleichen für das stehende Gewerbe von
dem Gewerbebetrieb im Umherziehen, die in un-
serer Rechtsordnung, namentlich in gewerbepoli-
zeilicher und steuerlicher Hinsicht, unterschiedlich
behandelt sind. Vgl. die Art Gewerbe, Gewerbe-
ordnung (Bd II, Sp. 682 ff), Gewerbesteuer
(Bd II, Sp. 727 ff), Handel und Handelspolitik
(Bd H, Sp. 1023 ff).
B. Die feste Niederlassung eines Ordens
oder einer Kongregation der katholischen
Kirche. Für das Vorhandensein einer solchen geist-
lichen Gesellschaft ist die Niederlassung das not-
wendige sachliche Substrat, für die Wirksamkeit
derselben der selbständige, gemeinsame Ausgangs-
und Stützpunkt. Die kirchenrechtliche Bezeichnung
für die einzelne Niederlassung eines Ordens ist
Kloster, einer Kongregation Haus, Station oder
Filiale. Vgl. hierzu Art. Orden und Kongre-
gationen.=
a) Im Deutschen Reich. Die preußisch-deutsche
kirchenpolitische Gesetzgebung der 1870er und
1880er Jahre dagegen (ogl. Art. Kulturkampf
und Maigesetzgebung Bd III, Sp. 562 ff) gibt
der einzelnen Ansiedlung, gleichviel ob eines Or-
dens oder einer ordensähnlichen Kongregation,
den allgemeinen Namen Niederlassung. Begriff-
lich erfordert dieselbe gemäß der Zirkularverfügung
der preußischen Minister des Innern und des
Kultus vom 26. Juni 1875 zur Ausführung des
Gesetzes betr. die geistlichen Orden und ordens-
ähnlichen Kongregationen der katholischen Kirche
vom 31. Mai 1875 „nicht den Besitz von liegen-
den Gründen und Gütern. Ebensowenig ist sie
auf eigentliche Ordenshäuser, Klöster, Anstalts-
gebäude usw. beschränkt. Vielmehr genügt im all-
gemeinen schon der feste Aufenthalt mehrerer
Niederlassung.
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Ordens= bzw. Kongregationsmitglieder an einem
bestimmten Orte. Auch hier wird es indes auf
die konkreten Verhältnisse ankommen und nament-
lich zu prüfen sein, ob im gegebenen Falle das
Requisit eines nach bestimmten Regeln geordneten
gemeinschaftlichen Lebens zutrifft“.
Notwendige Voraussetzungen für die Errichtung
einer Niederlassung sind die staatliche Zulassung
des Ordens oder der ordensähnlichen Kongrega-
tion und ausdrückliche Genehmigung. Nach dem
gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung unterliegt
nämlich die einzelne Niederlassung auch dann noch
besondern Beschränkungen, wenn die religiöse Ge-
nossenschaft selbst, die eine neue Niederlassung
gründen will, zugelassen ist und wenn die Neu-
gründung lediglich durch Inländer erfolgen soll.
Das Deutsche Reich läßt die Orden und ordens-
üähnlichen Kongregationen grundsätzlich zu. Unter-
sagt hat es nur ganz bestimmten Ordensverbänden
den Zutritt. In Betracht kommt hier das Reichs-
gesetz vom 4. Juli 1872 betr. den Orden der Ge-
sellschaft Jesu in seiner durch das Reichsgesetz vom
8. März 1904 betr. die Aufhebung des § 2 des
Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Jesu vom
4. Juli 1872 bedingten Fassung. Dazu treten die
zu seiner Ausführung erlassenen Beschlüsse des
Bundesrats bzw. Bekanntmachungen des Reichs-
kanzlers vom 5. Juli 1872, 20. Mai 1873 und
18. Juli 1894, sowie das Gesetz wegen Einfüh-
rung des Reichsgesetzes betr. den Orden der Ge-
sellschaft Jesu in Elsaß-Lothringen vom 8. Juli
1872. Die Haltlosigkeit des Reichsjesuitengesetzes
im allgemeinen darzutun, ist hier nicht der Ort,
vielmehr ist dasselbe nur soweit zu behandeln, als
es besondere Bestimmungen über die Niederlassung
von religiösen Genossenschaften trifft.
Danach sind seit dem 24. Juli 1872 der Orden
der Gesellschaft Jesu und die ihm verwandten Or-
den und ordensähnlichen Kongregationen vom Ge-
biet des Deutschen Reiches ausgeschlossen. Die Er-
richtung von Niederlassungen derselben ist unter-
sagt. Die zur Ausführung und Sicherstellung des
Vollzugs dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen
hat der Bundesrat zu erlassen.
Dem Orden der Gesellschaft Jesu verwandt
galten zufolge der Bekanntmachung des Reichs-
kanzlers vom 20. Mai 1873 die Kongregationen
der Lazaristen (Congregatio Missionis), der
Priester vom Heiligen Geiste Congregatio Sancti
Spiritus sub tutela immaculati cordis Beatae
Virginis Mariae) und der Redemptoristen (Con-
gregatio Sacerdotum sub titulo Sanctissimi
Redemptoris) sowie die Gesellschaft vom hei-
ligsten Herzen Jesu (Société du sacré cceur de
Jésus). Laut Bekanntmachung vom 18. Juli
1894 sind seitdem die Redemptoristen und die
Priester vom Heiligen Geiste wieder zugelassen
worden, wohl weil diese beiden Kongregationen
„nach ihrer Organisation, ihren Zielen und ihrer
Wirksamkeit mit den Jesuiten nicht mehr auf glei-
cher Stufe der Staatsgefährlichkeit stehen noch