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angefallenen letztwilligen Zuwendungen könig-
licher Genehmigung (Art. 170 Einf.Ges. z. B. G. B.;
Ges. v. 23. Febr. 1870); unterliegen ferner ent-
sprechend Art. 86 Einf. Ges. z. B.G.B. in Preußen
die Schenkungen und Zuwendungen von Todes
wegen an in= oder ausländische rechtsfähige Or-
densniederlassungen, sofern sie 5000 M überstei-
gen, der Genehmigung des Königs oder der durch
königliche Verordnung bestimmten Behörde (Art. 6
Ausf.Ges. z. B.G.B.; Ministerialerlaß v. 10. Nov.
bzw. 22. Dez. 1904); ist schließlich zum Erwerbe
von Grundstücken und grundstückgleichen Rechten
im Werte von mehr als 5000 M durch rechtsfähige
Ordensniederlassungen mit dem Sitz in Preußen
die Genehmigung der Aufsichtsbehörde und mit dem
Sitz in einem der übrigen Bundesstaaten oder im
Auslande die Genehmigung des Landesherrn oder
der durch landesherrliche Verordnung bestimmten
Behörde erforderlich (Art. 7 Ausf. Ges. z. B.G.B.;
Art. 88 Einf.Ges. z. B. G. B.).
In gleicher Weise ist in Preußen die Wirksam-
keit von Verfügungen der Ordensniederlassungen
über Grundstücke, Kostbarkeiten und Rechte durch
Veräußerung, Verpfändung oder Tausch an das
Erfordernis der staatlichen Genehmigung geknüpft
(ogl. Allgem. Landrecht TI II, Tit. 11, 8§ 219f,
949 f; Ministerialverf. vom 13. Mai 1875).
Wie in Preußen, so bestehen auch in den übrigen
deutschen Bundesstaaten gesetzliche Vorschriften
über die Zulassung religiöser Genossenschaften der
katholischen Kirche und die Errichtung von Nieder-
lassungen. Hiernach sind regelmäßig nur bestimmte
Ordensverbände zugelassen und hängt die Grün-
dung von Niederlassungen in jedem einzelnen Falle
von besonderer behördlicher Erlaubnis ab. Vgl.
d. Art. Orden und Kongregationen.
8) In den deutschen Schutzgebieten.
Alle diese Niederlassungsbeschränkungen für katho-
lische Ordensverbände innerhalb des deutschen
Bundes= bzw. Reichsgebietes gelten nicht für die
deutschen Schutzgebiete, weil sie mit dem Mutter-
lande kein einheitliches Rechtsgebiet bilden. Vgl. d.
Art. Kolonien (Bd III, Sp. 334 f). In denjenigen
Teilen von Deutsch-Ostafrika und von Kamerun,
welche zum sog. Kongobecken gehören, ist die Aus-
übung eines jeden Kultus durch die Generalakte
der Berliner Konferenz vom 26. Febr. 1885, die
sog. Kongoakte (vogl. d. Art. Kongostaat Bd III,
Sp. 395), gesichert. Art. 6 derselben lautet:
„Alle Mächte, welche in den gedachten Gebieten
Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben..
werden ohne Unterschied der Nationalität oder des
Kultus alle religiösen, wissenschaftlichen und wohl-
tätigen Einrichtungen und Unternehmungen schützen
und begünstigen, welche . dahin zielen, die Ein-
gebgrnen zu unterrichten und ihnen die Vorteile
der Zivilisation verständlich und wert zu machen.
Christliche Missionäre, Gelehrte, Forscher sowie ihr
Gefolge, ihre Habe und ihre Sammlungen bilden
gleichfalls den Gegenstand eines besondern Schutzes.
Gewissensfreiheit und religiöse Duldung werden
sowohl den Eingebornen wie den Landesangehöri-
gen und Fremden ausdrücklich gewährleistet. Die
freie und öffentliche Ausübung aller Kulte, das
Niederlassung.
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Recht der Erbauung gottesdienstlicher Gebäude und
der Errichtung von Missionen, welcher Art Kultus
dieselben angehören mögen, soll keinerlei Beschrän-
kungen noch Hinderung unterliegen.“
Für sämtliche deutschen Schutzgebiete ist die
gleiche Freiheit aller Ordensniederlassungen der
katholischen Kirche im Reichsgesetz vom 17. April
1886 betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen
Schutzgebiete begründet, welches nach mehrfachen
Anderungen als Schutzgebietsgesetz am 10. Sept.
1900 neu verkündet wurde. Es bestinimt in 8 14:
„Den Angehörigen der im Deutschen Reiche an-
erkannten Religionsgemeinschaften werden in den
Schutzgebieten Gewissensfreiheit und religiöse Dul-
dung gewährleistet. Die freie und öffentliche Aus-
übung dieser Kulte, das Recht der Erbauung gottes-
dienstlicher Gebäude und der Einrichtung von
Missionen der bezeichneten Religionsgemeinschaften
unterliegen keinerlei gesetzlicher Beschränkung noch
Hinderung."“
Tatsächlich haben heute in den deutschen Schutz-
gebieten die verschiedenen geistlichen Gesellschaften
der katholischen Kirche ausnahmslos ihre Mis-
sionsniederlassungen und können ihre Tätigkeit
wirksam entfalten. Trotzdem ist nach wie vor den
im Mutterlande verbotenen religiösen Genossen-
schaften, dem Orden der Gesellschaft Jesu, der
Kongregation der Lazaristen und der Gesellschaft
vom heiligsten Herzen Jesu, nicht gestattet, im
Mutterlande Missionäre für ihre Missionen in den
deutschen Schutzgebieten auszubilden. Die Unzu-
träglichkeit und der innere Widerspruch in diesem
Zustande wurde seitens der Reichsregierung wieder-
holt zugegeben, eine Besserung ist jedoch seither
nicht eingetreten.
3. Deutschen Reichsangehörigen ist im In-
lande die Gründung des Wohnsitzes, der Aufent-
halt sowie als Vorbedingung für den Betrieb
eines Gewerbes, welchen § 1 der Reichsgewerbe-
ordnung allgemein freigibt, die Errichtung einer
geschäftlichen Niederlassung unbeschränkt gestattet.
Dagegen haben Ausländer kein festes Recht auf
Niederlassung innerhalb des Deutschen Reiches.
Jederzeit ohne Angabe von Gründen kann ihnen
der Aufenthalt im Inlande versagt und ihre ge-
schäftliche Niederlassung aufgelöst werden. Ebenso
sind die deutschen Reichsangehörigen nicht berech-
tigt, in den übrigen Kulturstaaten sich niederzu-
lassen. Beides gilt aber nur, soweit nicht völker-
rechtliche Verträge — sog. Niederlassungs-,
Freundschafts-, Konsular-, Handels-oder
Schiffahrtsverträge — einderartiges Recht
ausdrücklich gewährleisten. Schon vor der Grün-
dung des Deutschen Reiches hatten Baden (d. d.
Bern, 31. Weinmonat 1863) und Württemberg
(d. d. Bern, 18. März 1869) mit der schwei-
zerischen Eidgenossenschaft Niederlas-
sungsverträge abgeschlossen. Die übrigen in der
Schweiz sich aufhaltenden Deutschen unterlagen
dagegen mannigfaltigen Niederlassungs= und Ge-
werbeausübungsbeschränkungen, namentlich der