1425
anlagen, Leuchttürmen usw. Im Einzelfall wird
es zuweilen bei neu erschlossenen Gebieten schwer
sein zu bestimmen, ob dieses „Prinzip der Effek-
tivität“ gewahrt ist. Die Kongoakte (Art. 35)
erklärte schon das Vorhandensein einer zum Schutz
der erworbenen Rechte und gegebenenfalls der
Handels= und Durchgangsfreiheit hinreichenden
Obrigkeit für genügend. Soweit die effektive
Herrschaft reicht, so weit besteht auch die Gebiets-
boheit des okkupierenden Staats. Damit sind die
älteren Theorien fallen gelassen, welche durch die
Beherrschung der Strommündung das gesamte
an dem Strom gelegene Gebiet (so in den 1840er
Jahren die Union im Oregonstreit mit Eng-
land, und neuestens Portugal bezüglich der Kongo-
mündung) oder durch die, Beherrschung der Küste
das ganze Hinterland (right of contiguity) als
okkupiert ansahen oder dem okkupierenden Staat
mindestens ein Vorkaufsrecht zusprachen. In neuerer
Zeit hat man besonders zum Zweck der friedlichen
Aufteilung Afrikas den Ausweg der Abgrenzung
der sog. Interessensphären eingeschlagen.
Es werden vertragsmäßig geographisch die Ge-
biete abgegrenzt, welche sich die Kontrahenten gegen-
seitig zwecks späterer Okkupation reservieren. Es
ist in dem Vertrag also nur die vertragsmäßige
Einräumung eines ausschließlichen Okkupations-
rechts ausgesprochen; die Okkupation kann als-
bald oder auch erst später und schrittweise erfolgen.
Durch die ausdrückliche oder stillschweigende Zu-
stimmung der übrigen Mächte wird dieses Recht
zu einem absoluten, das auch gegen diejenigen
wirkt, die an dem Vertrag nicht beteiligt sind.
3. Die Kongoakte stellt schließlich noch das
„Prinzip der Publizität“ auf: die Okkupation
muß, soll sie rechtsgültig sein, den Signatar-
mächten, zu denen sämtliche seefahrenden Staaten
gehören, notifiziert werden (Art. 34). Damit
soll den interessierten Mächten die Möglichkeit ge-
boten werden, durch Einspruch ihre durch die
Okkupation etwa bedrohten Rechte zu wahren.
Erheben sie keinen Einspruch, so liegt darin ein
Verzicht auf ihre Ansprüche. Wenn die Notifika-
tion zunächst auch nur für die afrikanischen Neu-
erwerbungen obligatorisch gemacht war, so haben
die Staaten seither auch bei sonstigen Erwerbungen
das Prinzip der Publizität gewahrt (z. B. Deutsch-
land bei Okkupation der Marshallinseln, Frank-
reich bei der Madagaskars), so daß anzunehmen
ist, es werden die Erfordernisse der Effektivität
und Publizität als Prinzipien der Okkupation
überhaupt allgemeine Anerkennung finden und so
die noch vielfach strittige Lehre der Okkupation
ihrer endgültigen Lösung näher bringen.
Literatur. Neben der Völkerrechtsliteratur: Tar-
tarin, Traité de l’occupation (1873); Heimburger,
Der Erwerb der Gebietshoheit (1888); Salomon,
Foccupation des territoires sans maitre (1889);
Ieze, Etude théorique et pratique sur Toccupa-
tion (1896); Despagnet in Revne générale de
droit public I 103 ff. LEbers.]
Oldenburg.
1426
Oldenburg, Großherzogtum, Bundesstaat
des Deutschen Reichs, besteht aus einem Haupt-
lande, dem Herzogtum Oldenburg, und zwei
kleineren Teilen, dem Fürstentum Lübeck, zwischen
Holstein und Mecklenburg, und dem Fürstentum
Birkenfeld am Hunsrück inmitten der preußischen
Rheinprovinz, zwischen Nahe und Mosel.
1. Geschichte. An der Grenze des Sachsen-
landes gegen die Friesen steht die Wiege des
Staats. Die Christianisierung des Landes er-
folgte von Bremen (hl. Willehadus, gest. 789)
und hinsichtlich des südlich gelegenen Dersegaus
von Osnabrück aus. Große Verdienste erwarben
sich die Benediktinerklöster Visbeck und Meppen
(beide von Karl d. Gr. gegr.), sowie die Abtei
Korvey (gegr. 822). In langwierigen Kämpfen
verloren die Friesen Freiheit, zum Teil auch Volks-
tum und Sprache an die Staaten, welche allmäh-
lichaus deutschen Reichslandschaften herauswuchs
Unter ihnen war auch die Herrschaft der Grafen
von Oldenburg von Bedeutung. Als Bauherr
der Stammburg Oldenburg wird Christian I.
genannt (11552). Seinen Ahnherrn erkennt das
oldenburgische Herrschergeschlecht in Egilmar, der
als Graf an der sächsisch-friesischen Grenze in einer
Urkunde von 1088 zuerst erwähnt wird. Chri-
stians Söhne erlangten durch die Absetzung Hein-
richs des Löwen die Reichsunmittelbarkeit. Die
Unterwerfung der unruhigen, freiheitsstolzen Ste-
dinger, eine Mischbevölkerung von Friesen, Sach-
sen, Vlaemen u. a., gelang erst nach langen Kämpfen
durch die Schlacht bei Altenesch (1234). Graf
Otto II. erbaute 1247 die Burg Delmenhorst.
Seine Nachfolger nannten sich deshalb Grafen
von Oldenburg und Delmenhorst. Eine Neben-
linie verkaufte die Herrschaft Wildeshausen 1270
an das Erzstift Bremen. Mit diesem kam das
Gebiet im Westfälischen Frieden an Schweden,
1719 an Hannover und durch den Reichsdepu-
tationshauptschluß von 18083 wieder an Olden=
burg. An den Geschicken des Reichs nahm Olden-
burg wenig teil. Seine Grafen beschäftigten nur
die Verwaltung des Landes und die Kämpfe mit
den Friesen. 1334 wurde die Linie Delmenhorst
abgezweigt. Dietrich der Glückselige (gest. 1440)
vereinigte die beiden Lande wieder. Seine Ehe
mit Heilwig von Schauenburg (der heutigen Burg
Schaumburg im Kreis Rinteln) begründete den
Glanz des Geschlechts. Heilwigs Bruder Al-
fons XI., Herzog von Schleswig und Graf von
Holstein, war der letzte seines Hauses. Durch
dessen Einfluß wurde Christian, Dietrichs und
Heilwigs ältester Sohn, König von Dänemark
(1448), Norwegen (1450) und Schweden (1457
bis 1467), beim Tod Alfons' (1459) auch Nach-
folger in den Elbherzogtümern. Christian ist der
Stammvater des Geschlechts von Holstein-Olden-
burg, dessen verschiedene Linien heute in Däne-
mark, Rußland und Oldenburg regieren oder mit
dem Herzogstitel von Schleswig-Holstein-Sonder-
burg = Augustenburg und Schleswig-Holstein-