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regiment durch die Regierung zu Eutin aus; die
Organisation der Kirchengemeinden ist eine ähn-
liche wie bei den lutherischen Gemeinden des Her-
zogtums Oldenburg.
Die Kultus= und Unterrichtsangelegenheiten der
Juden sind durch das Gesetz vom 3. Juli 1858
geregelt, der Regierung steht die Oberaufsicht über
das gesamte jüdische Kultuswesen zu.
Die Schulen, auch die höheren, sind nach
dem Schulgesetz vom 3. April 1855 konfessionell
(bis 1855 waren die katholischen Schulen noch
kirchliche Anstalten). Es wird zwischen „Evan-
gelischem Schulwesen“ und „Römisch-katholischem
Schulwesen“ unterschieden, das einem Evangeli-
schen bzw. Katholischen Oberschulkollegium unter-
steht. Letzterem (Vorsitz: der bischöfliche Offizial)
sind unterstellt das katholische Gymnasium und
das Schullehrerseminar zu Vechta, die höhere
Bürgerschule zu Cloppenburg, ferner die katho-
lischen Volksschulen. Unter dem Evangelischen
Oberschulkollegium, dem ein Staatsbeamter als
Vorsitzender vorsteht, zwei Mitglieder des Ober=
kirchenrats zugeteilt sind und ferner mehrere prak-
tische Schulmänner angehören, stehen die staat-
lichen Gymnasien zu Oldenburg und Jever, das
Schullehrerseminar zu Oldenburg, verschiedene
Real-, Bürger= und Töchterschulen. Dem techni-
schen Unterricht dienen eine Navigationsschule
(Elsfleth), eine Baugewerk= und Maschinendau-
schule (Varel), eine landwirtschaftliche Lehranstalt
(Varel), eine Ackerbauschule (Cloppenburg), eine
Anzahl landwirtschaftlicher Winterschulen und ge-
werblicher Fortbildungsschulen. Die allgemeine
Fortbildungsschulpflicht ist noch nicht eingeführt.
Ein 1909 vom Landtag angenommenes Gesetz
überträgt die Volksschule auf die politische Ge-
meinde (bisher bestanden für das Volksschulwesen
kleine Schulgemeinden I„Schulachten“]| innerhalb
der politischen Gemeindeh), beseitigt die geistliche
Ortsschulinspektion und überträgt die Fachaufsicht
Kreisschulinspektoren. Die äußere Schulverwaltung
liegt den Gemeinden ob, die sie durch den Schul-
vorstand (Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister
als Vorsitzender, der Hauptgeistliche, ein Haupt-
lehrer, 2 bis 4 von der Gemeindevertretung ge-
wählte Gemeindebürger der betreffenden Kon-
fession) ausüben läßt. Dem geistlichen Mitglied
des Schulvorstandes verbleibt die Fachaussicht
über den Religionsunterricht. Die sog. Schul-
pflege wird im Auftrag des Schulvorstands ge-
setzlich von dem Gemeindevorsteher und dem geist-
lichen Mitglied des Schulvorstands ausgeübt.
Das geistliche Mitglied muß von Zeit zu Zeit
die Schulen zu dem Zweck besuchen. Sind dauernd
mehr als 25 Kinder von einer andern Konfession
in einer Gemeinde vorhanden, so muß auf Antrag
der Eltern eine eigne Schule für sie geschaffen
werden.
Die Gymnasien, die landwirtschaftliche Lehr-
anstalt zu Varel, die Navigationsschule zu Els-
sleth sind Staatsanstalten und werden allein aus
Orden usw.
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Staatsmitteln unterhalten. Zu Real= und Bürger-
schulen, landwirtschaftlichen Winterschulen und
gewerblichen Fortbildungsschulen, die Gemeinde-
anstalten sind, und zu der privaten Baugewerk-
schule in Varel werden erhebliche Staatszuschüsse
gewährt. Träger der Volksschullasten sind die
politischen Gemeinden. Soweit die Lehrerbesol-
dungen 66⅜ % der staatlichen Einkommensteuer
in den Gemeinden übersteigen, erhalten diese das
Mehr als Zuschüsse aus der Staatskasse. Zu dem
Bau von Schulhäusern werden den belasteten Ge-
meinden nach bestimmten Grundsätzen ebenfalls
Beihilfen aus der Staatskasse gewährt.
Literatur. v. Halem, Gesch. von O. (3 Bde,
1794/96); Runde, Oldenburger Chronik (51863);
Niemann, Das oldenb. Münsterland in seiner ge-
schichtl. Entwicklung (2 Bde, 1889); Pleitner, O.
im 19. Jahrh. (2 Bde, 1899/1901); derf., Oldenb.
Quellenbuch (1903); Sello, Alt-O. (1903). Jahr-
buch für die Gesch. des Hzgt. O. (seit 1892);
Schriften des Vereins für Altertumskunde u. Lan-
desgesch. von O. (seit 1877). Böse, Das Großhzgt.
O. (1863); Kollmann, Das Hägt. O. in seiner
wirtschaftl. Entwicklung in den letzten 40 Jahren
(1893); ders., Statist. Beschreibung der Gemeinden
des Hzgt. O. (1897); Poppe, Zwischen Ems u.
Weser (51902). Statist. Nachrichten über das
Großhzgt. O. (jährlich; seit 1857). Becker, Staats-
recht von O., in Marquardsens Handb. des öffentl.
Rechts III (1884); Hayen, Oldenb. Kirchenrecht
(1884; evang.-luth.); Schauenburg, Hundert Jahre
oldenb. Kirchengesch. 1573/1667 (5 Bde, 1894 bis
1908; protest.); Willoh, Gesch. der kath. Pfarreien
im Hägt. O. (5 Bde, 1898/99); Vering, Kirchen-
recht (/1893) 200 f; Bahlkamp, Die kath. Kirchen-
verhältnisse in O., im Archiv für kath. Kirchenrecht
XXXI (1874) 428 ff. [Sacher.]
Orden und Kongregationen. IlBe-
griff; Geschichte; Gründung; Vorbedingungen
für Eintritt; Gelübde; Austritt; Verfassung;
Verwaltung; Kongregationen; Religiöse Insti-
tute; Bruderschaften; Statistik; Staatliche Ge-
—
etze.]
I. Wegrifflich versteht man unter Orden (re-
ligio, ordo, ordo religiosus) freiwillige Vereine
von Personen einerlei Geschlechts (Religiosen,
Mönche, Nonnen), welche durch das dreifache,
lebenslängliche, feierliche Gelübde (votum sol-
lemne) der freiwilligen Armut, steter Keuschheit,
des vollkommenen Gehorsams und das gemein-
same Leben nach bestimmten, vom kirchlichen Obern,
näherhin dem Papst, approbierten Satzungen (re-
gula, daher regulares) in eigens hierfür be-
stehenden Häusern (domus religiosa, coeno-
bium, monasterium, claustrum, Kloster) unter
Leitung eines Obern nach der christlichen Voll-
kommenheit streben. Die bleibend abgelegten Ge-
lübde geben dem Ordensleben den Charakter eines
Standes (status), des Standes der mit wirk-
samen Mitteln angestrebten Vollkommenheit. Von
den Orden im strengen Sinne unterscheiden sich
die Kongregationen dadurch, daß in ihnen nur
einfache Gelübde (votum simplex) abgelegt