Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

1439 
werden. Ihre Satzungen heißen streng genommen 
constitutiones und ihre Mitglieder quasi-regu- 
lares. · 
ManunterscheidetMänner-,Frauen-,Mönchgs, 
Nonnen-,Klerikers,Chorherren-,Laiens(oons 
versi). Ritter- beschauliche vita contemplativa), 
tätige (vita activa) und solche Orden, welche 
diese beiden Lebensweisen gleichmäßig mitein- 
ander verbinden (vita mixta). Dies gilt im all- 
gemeinen auch von den Kongregationen. 
II. Geschichtlich haben nach der Lehre und dem 
Beispiel Christi (Luk. 9, 23. 58. Matth. 19, 
10 ff. 16 ff) und der Apostel (Matth. 19, 27. 
Apg. 5, 1 ff. 1 Kor. 7, 25 ff; 9, 5. 2 Tim. 2. 4. 
Offb. 14, 4) bald viele Christen beiderlei Ge- 
schlechts durch Befolgung der evangelischen Räte 
eine höhere Stufe der christlichen Vollkommenheit 
angestrebt (Aszeten). In den Zeiten der Verfol- 
gung sodann, doch auch sonst zum Zweck der Welt- 
flucht zogen sich manche in die Einsamkeit zurück 
(Anachoreten oder Einsiedler). Die berühmtesten 
derselben sind der hl. Paul von Theben (gest. 341) 
und der hl. Antonius (gest. 356). 
Das Beispiel zog Jünger an, und indem diese 
ihre Zellen in der Nähe errichteten, entstanden 
Anachoretenvereine in sog. Lauren. Den Abschluß 
erhielt die Entwicklung in dem durchgängigen ge- 
meinsamen Zusammenleben, im Könobitentum 
(olwôs Zlor). Dessen Begründer und zugleich der 
Gesetzgeber für das Mönchtum wurde der hl. Pa- 
chomius (gest. 346) durch Errichtung eines Klosters 
zu Tabennisi am Nil in der Thebais und durch 
Abfassung einer vollständigen Ordensregel. Dasso 
in Agypten entstandene Mönchtum verbreitete sich 
rasch durch das ganze christliche Morgenland, Palä- 
stina, Syrien, Mesopotamien, das heutige Klein- 
asien. Besonders trug hierzu bei der hl. Basilius 
(gest. 379), dessen Ordensregel und Orden, der 
der Basilianer, der herrschende in der orientali- 
schen Kirche wurde. 
Vom Orient verbreitete sich das Mönchtum in 
das Abendland, namentlich durch den dorthin 
geflohenen hl. Athanasius. Durch die Wirksam- 
keit vieler heiligen Männer wie Ambrosius, Pau- 
linus von Nola, Augustinus, Honorat, Cassian, 
Martinus, Cäsarius von Arles u. a. entstanden 
Klöster in Italien, Afrika, Spanien, Gallien, 
Britannien, Irland und Schottland. Der wirk- 
liche Begründer des abendländischen Mönchtums 
aber wurde der hl. Benedikt von Nursia. Er baute 
im Jahre 529 das Kloster Monte Cassino. Zu- 
gleich verfaßte er eine neue Regel. Danach besteht 
jedes Kloster für sich unter der Leitung eines Abts, 
und der Mönch gelobt, zeitlebens in dem gleichen 
Kloster zu bleiben (stabilitas loci). Cassiodor 
fügte zu den Beschäftigungen der Benediktiner 
ergänzend auch wissenschaftliche Arbeit hinzu. Der 
größte Beförderer des Benediktinerordens wurde 
Papst Gregor d. Gr. Er gründete auf seinen 
Besitzungen in Sizilien sechs Klöster und ver- 
pflanzte die Benediktiner nach England. Von 
Orden ufw. 
  
1440 
dort kamen sie nach Frankreich und durch Boni- 
fatius nach Deutschland. So verdrängte die Bene- 
diktinerregel nach und nach fast alle andern und 
wurde im Abendland zu der allein herrschenden. 
Im weiteren Verlauf erhielt diese Regel bei 
der immer wieder sich ergebenden Notwendigkeit 
von Reformen verschiedene Modifizierungen, so 
durch Benedikt von Aniane und die Reformsynode 
von Aachen 817, besonders aber dadurch, daß die 
Mönche jetzt größtenteils die Priesterweihe be- 
kamen im Unterschied von den Laienbrüdern (con- 
versi), und dadurch, daß seit dem 10. Jahrh. 
mehrere Klöster zu einem Verband, Kongregation, 
zusammentraten. So entstand noch im 10. Jahrh. 
die Kongregation von Cluny, die für die Re- 
form der Kirche von großer Bedeutung wurde; 
im Anfang des 11. Jahrh. die der Kamaldu- 
lenser und Vallombrosaner. Ende des 11. Jahrh. 
erscheinen die Kartäuser und Zisterzienser. Zu 
eben dieser Zeit nahmen auch viele Dom= und 
Kollegiatkapitel die vita canonica und die sog. 
Regel des hl. Augustinus an und traten zu Kon- 
gregationen zusammen: canonici regulares im 
Gegensatz zu den canonici saeculares. Die be- 
deutendste unter den Chorherrenkongregationen 
wurde die der Prämonstratenser oder Norbertiner, 
gegründet 1120 von dem hl. Norbert. Ihre weite 
Verbreitung verschaffte ihr schließlich die Bedeu- 
tung eines Ordens. 
Die Kreuzzüge und überhaupt der Kampf gegen 
Islam und Heidentum zeitigten die Ritterorden, 
eine Verbindung von Mönch= und Rittertum. Zu 
den drei gewöhnlichen Gelübden kam hier als 
viertes das der militia Christi. Der Natur der 
Sache nach waren sie von Anfang an monarchianisch 
angelegt, so daß alle Klöster unter einem General 
oder Großmeister standen. Die drei bedeutendsten 
dieser Orden sind die Johanniter, kirchlich an- 
erkannt 1113, die Templer, entstanden um 1118, 
und die Deutschritter oder Deutschherren, seit 1190. 
Neben diesen hervorragendsten waren noch viele 
andere kleinere Orden aufgekommen, so daß die 
Kirche auf dem 4. Laterankonzil 1215 und dem 
2. allgemeinen zu Lyon 1274 die Gründung 
weiterer verbot bzw. die päpstliche Approba- 
tion von vornherein für diese forderte. Aber ge- 
rade seit dem Anfang des gewaltigen 18. Jahrh., 
des Höhepunkts des Mittelalters, entstanden die 
für die Kirche überaus wichtigen Bettel= oder 
Mendikantenorden, so genannt, weil sie ohne ge- 
meinsamen Besitz sind und vom erbettelten Al- 
mosen leben. Die bedeutendsten Bettelorden sind 
die Franziskaner oder Minoriten, die Dominikaner 
oder Prediger, die Karmeliter und die Augustiner- 
eremiten. Auch diese Orden sind zentralistisch 
angelegt; sie stehen unter einem General und die 
Provinz unter einem Provinzial. Sie pflegen 
neben der Kontemplation auch die Tätigkeit in der 
Seelsorge und im Dienst des Nächsten, was bei 
den folgenden Orden immer mehr hervortrat. 
Aber das ausgehende Mittelalter brachte für die
	        
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