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ist jedoch keinesfalls befugt, ohne besondere Er-
mächtigung durch Gesetz den Jesuitenorden oder ihm
verwandte Orden und Kongregationen im Lande
zuzulassen (Ges. vom 30. Jan. 1862, Art. 15).—
In Baden kann ohne stets widerrufliche staat-
liche Genehmigung kein religiöser Orden einge-
führt und keine einzelne Anstalt eines eingeführten
Ordens errichtet werden (Ges. vom 9. Okt. 1860,
#511). — In Hessen kann den bestehenden,
unter staatlicher Aufsicht stehenden Orden und
ordensähnlichen Kongregationen, welche sich aus-
schließlich dem Unterricht widmen und Privat-
unterrichtsanstalten besitzen, durch den Minister
des Innern die Aufnahme einzelner Mitglieder,
und denen, welche sich ausschließlich der Kranken-
pflege widmen, die Errichtung neuer Niederlas-
sungen von demselben gestattet werden (Ges. vom
1. Juni 1895, Art. 2, 3). — In Elsaß-
Lothringen dürfen männliche oder weibliche
Kongregationen oder Genossenschaften mit reli-
giösem Zweck nur nach Einholung eines kaiser-
lichen Ermächtigungsdekrets gebildet werden (De-
kret vom 3. Mess. XII, Art. 4). — Durch Reichs-
gesetz vom 4. Juli 1872 ist der Jesuitenorden und
verwandte Orden aus dem Deutschen Reich ausge-
schlossen. Nach Bundesratserklärung vom 18. Juli
1894 werden die Redemptoristen und Priester vom
Heiligen Geist nicht mehr von diesem Gesetz be-
troffen. Nach Gesetz vom 8. März 1904, 8 1 ist
8 2 des angeführten Gesetzes von 1872 aufge-
hoben, d. h. es ist dem einzelnen Jesuiten der freie
Aufenthalt in Deutschland nicht untersagt. —
Nach Ministerialverfügung vom 13. Juni 1858
ist in Osterreich zur Errichtung von Nieder-
lassungen von bereits eingeführten Orden die Zu-
stimmung der Landesregierung, andernfalls kaiser=
liche Entschließung einzuholen.
Mirt der staatlichen Genehmigung eines Ordens,
einer Kongregation, eines Klosters oder einer
Niederlassung ist nur in Bayern und Osterreich
auch schon die juristische Persönlichkeit gegeben.
In Württemberg und Baden muß diese ausdrück-
lich verliehen werden. So auch in Preußen,
Art. 13 der Verfassungsurkunde. Übereinstimmend
damit gewährte ein preußisches Gesetz vom 22. Mai
1888 einer Reihe von Niederlassungen geistlicher
Orden und ordensähnlicher Kongregationen Kor-
porationsrechte. Nach § 21 des B.G. B. kann
einem Verein, dessen Zweck nicht auf wirtschaft-
lichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Rechtsfähig-
keit durch Eintrag in das Vereinsregister des zu-
ständigen Amtsgerichts gewährt werden. Doch
kann der Eintrag auch verweigert werden. Art. 84
des Einf. Ges. zum B.G.B. läßt die landesgesetz-
lichen Vorschriften unberührt, nach welchen eine
Religionsgesellschaft oder eine geistliche Gesell-
schaft Rechtsfähigkeit nur im Wege der Gesetz-
gebung erlangen kann.
2. Eintritt in einen Orden oder Kongre-
gation. Als staatliches Alter für den Eintritt sind
verlangt: in Preußen 25 Jahre für Männer,
Orden ufsw.
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21 Jahre für Frauen (A.L.R. TI II. Tit. 11,
* 1162); in Bayern für Männer 25 bzw. 21
Jahre nach dreijähriger Probezeit, für Frauen
33 Jahre für feierliche Gelübde; vorher sind nur
vota simplicia erlaubt, aber nicht vor vollendetem
21. Lebensjahr. Auch ist in Bayern zur Gelübde-
ablegung Genehmigung der Kreisregierung not-
wendig (Königl. Entschließung vom 9. Juli 1831;
Erlaß vom 8. April 1852). In Wüttemberg ist
das Aufnahmealter für die Barmherzigen Schwe-
stern zwischen 18 und 24 Jahren festgesetzt. Der
Regierung ist jedes Jahr ein Verzeichnis der
Schwestern vorzulegen. Die Mitgift darf 3000 M
nicht übersteigen. In Osterreich dürfen bindende
oder feierliche Gelübde nur von Personen entgegen-
genommen werden, welche das 24. Lebensjahr
vollendet oder das 21., wenn dreijähriger Aufent-
halt im gleichen Kloster vorausging (Hofdekret
vom 17. Okt. 1770 und Ministerialerlaß vom
25. Juni und vom 27. Juni 1850).
3. Die Gelübde und deren Wirkung. Viel-
ach dürfen nach staatlicher Gesetzgebung keine
feierlichen oder unwiderruflichen, sondern nur ein-
ache, widerrufliche Gelübde abgelegt werden, oder
zunächst nur widerrufliche und erst später unwider-
rufliche. Auf jeden Fall behandelt sie der Staat
als widerrufliche; so in Deutschland, Frankreich,
Belgien, Holland, Italien, England, Nordamerika.
Daher bildet auch das feierliche Gelübde der
Keuschheit vor dem Staat kein trennendes Ehe-
hindernis und löstes kein matrimonium ratumsed
non consummatum. Deshalb hat auch die Kirche
für manche Länder für alle oder wenigstens für
einzelne Orden die Ablegung von nur zeitweiligen
Gelübden angeordnet, so für die Nonnen in Frank-
reich (S. Congr. Episc. et Regul. 31. Juli 1861),
Belgien (S. Congr. Episc. et Regul. 23. Aug.
1867;: 31. Juli 1878), Elsaß-Lothringen, Bayern
(Apostol. Breve vom 22. Sept. 1847), Vereinigte
Staaten von Amerika (S. Congr. Episc. et. Regul.
30. Sept. 1864).
Ganz besonders auch weichen die kirchliche und
staatliche Gesetzgebung voneinander ab hinsichtlich
des votum paupertatis bzw. obedientiae. Hier
bestehen vielfach Gesetze (Amortisationsgesetze) für
den Orden oder das Kloster und dessen Glieder,
wonach diese kein oder nur beschränktes Vermögen,
und so namentlich nicht oder nur zum Teil das
Vermögen des Professen erhalten können, oder
auch des Inhalts, daß der Professe als bürgerlich
tot gilt, so daß er nichts weder für sich selbst noch
für das Kloster erwerben oder erben kann, oder
aber (und das ist die Regel) daß derselbe nach
allen Richtungen hin bezüglich seiner Rechts-,
Erwerbs-, Veräußerungs-, Verpflichtungs-, Par-
tei= und Prozeßfähigkeit behandelt wird wie ein
anderer Staatsbürger. Für Deutschland ist jetzt
allein maßgebend das B.G. B. Nach Art. 86 des
Einf. Ges. zum B.G.B. bleiben unberührt die
landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb
von Rechten durch juristische Personen beschrän-