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zwei Kirchenämter dieser Art in einer Hand ver-
einigt werden, wenn nur der Amtsträger der
doppelten Amtspflicht wirklich vollständig ent-
sprechen kann.
Die Besetzung eines Kirchenamtes steht regel-
mäßig (provisio s. collatio ordinaria) jenem
Kirchenobern zu, dessen Jurisdiktion das betref-
fende Amt unmittelbar unterworfen ist. Enthält
das Besetzungsrecht sowohl die Befugnis, die
(selbstverständlich kanonisch geeignete) Person zu
bestimmen, welcher das Amt verliehen werden
soll, als auch das Recht, diesem Designierten das
Amt selbst zu übertragen und so die Verleihung
perfekt zu machen, dann wird ein solches Besetzungs-
recht als ius provisionis plenae (volles, freies
Verleihungsrecht, collatio libera) bezeichnet;
steht jedoch das Recht der Designation des Kan-
didaten andern Personen als dem zur Übertragung
des Amtes berufenen Kirchenobern zu, so ist das
Provisionsrecht ein geteiltes: jeder der zur Be-
teiligung an der Besetzung Berechtigten hat ein
ius provisionis minus plenae. Der Kirchen-
obere, welcher dem Designierten das Amt über-
trägt, nimmt solchen Falles eine collatio neces-
saria oder non libera vor. Das freie Ver-
leihungsrecht kann regelmäßig nur dem Kirchen-
obern zustehen, dessen Jurisdiktion das Amt unter-
liegt; insbesondere gilt der Bischof von Rechts
wegen als der sog. collator ordinarius der
Kirchenämter seiner Diözese. Die Vermutung
streitet für das freie Verleihungsrecht des Bi-
schofs; wer die Befugnis in Anspruch nimmt,
den Bischof durch ein Designationsrecht bei der
Verleihung eines Kirchenamtes zu beschränken,
oder wer ein das Provisionsrecht des Bischofs
ausschließendes Verleihungsrecht behauptet, muß
den besondern Rechtsgrund seines Anspruches dar-
tun. Designationsrechte können nach den Grund-
sätzen des gemeinen Rechts auch Laien zustehen
(vgl. insbesondere über das Nominationsrecht der
Landesherren die Art. Bischofswahl, Domkapitel,
und über das Präsentationsrecht der Laienpatrone
den Art. Patronatsrecht); das volle (ein Pro-
visionsrecht des Bischofs ausschließende) Verlei-
hungsrecht hingegen kann selbst auf Grund beson-
derer Rechtstitel nur von einem kirchlichen Amts-
träger oder einer kirchlichen Korporation behauptet
werden (Beispiele bieten die oben erwähnten Fälle
einer incorporatio plena). Laien können ein
solches umfassendes Verleihungsrecht nur durch ein
päpstliches Privileg erlangen.
Die Designation kann durch Wahl (electio)
oder durch Präsentation oder endlich durch sog.
Nomination erfolgen. Obwohl die Stellung der
für ein Amt designierten Kandidaten in einzelnen
Punkten rechtlich verschieden beurteilt werden muß,
je nachdem es sich um eine Wahl, eine Präsen-
tation oder Nomination handelt, so ist doch immer
der Grundsatz maßgebend, daß solche Designa-
tionsrechte die Befugnis enthalten, dem kollations-
berechtigten Kirchenobern eine die kanonische Eig-
Kirchenamt.
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nung für das Amt besitzende Person zu bezeichnen,
welcher der Kirchenobere das Amt zu übertragen
verpflichtet ist. Es kommen jedoch bei der Be-
setzung höherer wie niederer Kirchenämter auch
sog. Vorschlagsrechte vor (richtiger Supplikations-
oder Kommendationsrechte genannt), welchen eine
solche den Kirchenobern verpflichtende Wirkung
nicht zukommt. Diese sog. Vorschlagsrechte (als
Beispiele erwähnen wir die noch jetzt übliche Kom-
mendation für die Kardinalswürde, ferner die
Kommendation für Bistümer und Erzbistümer
der Missionsländer, die in einer Reihe deutscher
Diözesen für die Stellen der Landdekane herkömm-
lichen Vorschläge) sind überhaupt nicht als Pro-
visionsrechte anzusehen; dieselben beeinträchtigen
nicht das freie Verleihungsrecht des Kirchenobern
und geben dem bzw. den Berechtigten nur die Be-
fugnis, dem Verleiher Kandidaten zu empfehlen;
der Verleiher kann verpflichtet sein, den Vorschlag
einzuholen, ist aber niemals an denselben gebun-
den. Erfolgt die Designation der Person durch
Wahl (electio), so wird der Verleihungsakt des
Kirchenobern, welcher diese collatio non libera
vollzieht und dem Gewählten das Amt überträgt,
wenn es sich um höhere Benefizien handelt, Kon-
firmation (Wahlbestätigung) genannt; in andern
Fällen wird der Kollationsakt des Kirchenobern,
durch welchen dem rechtmäßig Designierten das
Amt selbst übertragen wird, als institutio cano-
nica s. collativa bezeichnet.
Der Providierte erwirbt das Amt durch die
Annahme der Kollation; ist jedoch die letztere von
ihm selbst erbeten worden oder hat (im Falle einer
collatio non libera) der Designationsberechtigte
mit Willen und Einverständnis des Providierten
die Übertragung des Amtes an den letzteren ver-
langt, so wird das Amt durch den Kollationsakt
sofort dem Providierten erworben. Der Provi-
dierte darf jedoch von dem ihm verliehenen Amte
nicht eigenmächtig Besitz ergreisen; die Ausübung
der Amtsrechte ist ihm erst nach der erfolgten
kanonischen Besitzeinweisung (Investitur, Instal-
lation, institutio corporalis) gestattet. Durch
diese erlangt der Benefiziat sowohl die Ermäch-
tigung, die spirituellen Amtsfunktionen auszuüben
(er erlangt also den „Besitz“ der Amtsrechte), wie
den Besitz der Temporalien des Benefiziums (wenn
mit letzterem nämlich, wie das gemeine kanonische
Recht voraussetzt, eine Realdotation verbunden ist).
Die Bischöfe sind kraft ihrer Konfirmationsbulle
berechtigt, von ihrem Amte durch Inthronisation
Besitz zu ergreifen; die Installation der Kanoniker
wird in feierlicher Sitzung vor dem versammelten
Kapitel nach den Statuten und Gewohnheiten des
Kapitels vollzogen. Sonst steht die Erteilung der
Investitur nach heutigem Recht grundsätzlich dem
Bischof zu. welcher die Investitur der Benefiziaten
durch einen bevollmächtigten Kommissar (regel-
mäßig durch den Dekan) vornehmen läßt. Wer
eigenmächtig, ohne die kanonische Besitzeinweisung
erhalten zu haben, Amtsrechte ausübt, soll arbiträr