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Kirchengut.
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samt seinen Erträgnissen nur zu kirchlichen und religiöser Korporationen, z. B. geistlicher Orden,
frommen Zwecken verwendet werden soll; aber
darum ist noch nicht alles Vermögen, das heiligen
und kirchlichen Zwecken zu dienen bestimmt ist,
auch Kirchengut. So fallen z. B. jene Liegen-
schaften, denen die Last anhaftet, daß ihre Erträg-
nisse zu gottesdienstlichen Zwecken verwendet wer-
den, wenn sie nicht in das Eigentum der Kirche
übergegangen sind, sondern sich noch in dem von
Privatpersonen befinden, nicht unter den Begriff
Kirchengut. Ebenso gehören auch Stolgebühren,
die kirchlichen Personen für bestimmte geistliche
Verrichtungen zufließen, Meßstipendien für die
Darbringung des heiligen Opfers, Zehnten und
ähnliche Abgaben, die Pfründeninhabern entrichtet
werden, Oblationen, die bestimmten Personen
zufallen, nicht zum Kirchengut im eigentlichen
Sinne, da sie eben nicht in das Eigentum der
Kirche übergehen, sondern unmittelbar kirchlichen
Personen zukommen. Wohl aber bildet das Recht,
solche Einkünfte zu beziehen, einen Teil des Kirchen-
gutes, da es zeitliches Vermögen zum Gegenstande
hat und ein kirchliches Institut Inhaber dieses
Rechtes ist.
Unter den Einteilungen, welche das kirch-
liche Vermögen betreffen, sind besonders hervor-
zuheben: 1) jene, welche es mit dem Profan-
vermögen gemein hat. Die Kirche kann nämlich
zeitliche Güter von was immer für einer Art er-
werben. Darum wird auch das Kirchenvermögen
eingeteilt in unbewegliches und bewegliches, in
körperliches und unkörperliches, vertretbares und
nicht vertretbares, verbrauchbares und nicht ver-
brauchbares Gut usw. — 2) Mehr dem Kirchen-
gute eigen ist die Einteilung in geweihte und un-
geweihte Sachen. Allerdings dient das gesamte
Kirchengut heiligen Zwecken und trägt darum den
Charakter einer res sacra. Aber einzelne kirch-
liche Sachen, teils Immobilien, wie Kirchen, Ora-
torien, Begräbnisplätze, teils Mobilien, wie Kelche,
Paramente, Glocken usw., werden unter liturgi-
schen Gebeten und Zeremonien im besondern Gott
geweiht, dadurch dem Profangebrauch entzogen und
frommen, vornehmlich gottesdienstlichen Zwecken
ausschließlich gewidmet. Das sind die res ecclesia-
sticae cConsecratae aut benedictae zum Unter-
schied von den res ecclesiasticae nec consecra-
tae nec benedictae. Es verdient jedoch bemerkt zu
werden, daß auch im Privateigentum befindliche
Sachen durch die kirchliche Weihe dem Profange-
brauchentzogen und ausschließlich gottesdienstlichen
Zwecken gewidmet werden können, ohne daß sie
damit aufhören, Privateigentum zu sein. So
hindert nichts, daß konsekrierte Kelche, geweihte
Paramente Eigentum eines einzelnen Priesters
oder auch eines Laien bleiben. — 3) Vorzüglich
bemerkenswert ist die Einteilung des Kirchengutes
je nach dessen verschiedenen unmittelbaren Eigen-
tumsträgern. Man unterscheidet danach das
Pfründenvermögen (dos, bona beneficü), Kir-
chenfabrikvermögen (bona fabricae), Vermögen
Diuderschaften, und Vermögen wohltätiger Stif-
tungen und Anstalten, wie Unterrichtsanstalten,
Spitäler, Waisenhäuser usw. Alles kirchliche Ver-
mögen pflegt nämlich sich im Besitze der einzelnen
von der Kirche als juristische Personen ins Leben
gerufenen Institute zu befinden und hat an diesen
seinen unmittelbaren oder nächsten Eigentümer.
II. Notwendigkeit. Als eine aus Menschen
und unter Menschen bestehende Gesellschaft, die
zur Erreichung eines bestimmten Zweckes gegründet
ist, bedarf die Kirche zeitlichen Vermögens. Die
überaus umfangreiche Aufgabe aber, welche ihr
göttlicher Stifter ihr gesetzt hat, macht den Besitz
auch zeitlicher Güter notwendig. Es bedarf die
Kirche derselben zum standesgemäßen Unterhalt
der höheren und niederen Vorsteher, denen die
Vollziehung der Aufgabe der Kirche vorzüglich
obliegt, zur würdigen Feier des Gottesdienstes,
zur Hilfeleistung für Arme und Verlassene. Ihr
Bedürfnis und ihre Berechtigung zum Besit zeit-
lichen Vermögens hat die Kirche deshalb zu jeder
Zeit behauptet und mit allen ihr zur Verfügung
stehenden Mitteln gegen Angriffe verteidigt. Die
Notwendigkeit wurde vorzüglich von schwärme-
rischen Sekten bestritten, die Berechtigung von
übermäßigen Verehrern der Staatsgewalt. Daß
dann die Sekten eben dem Staate das Recht bei-
legten, die Kirchengüter sich anzueignen, kann
nicht wundernehmen. In den ersten Jahrhunderten
trat gegen den Besitz der Kirche die Sekte der sog.
Apostoliker auf; auch zur Zeit der großen Kirchen-
väter, im 4. und 5. Jahrh. zeigte sich vereinzelt der-
selbe Irrtum. Mehr Anhang wußte im 12. Jahrh.
Arnold von Brescia für diese Lehre zu gewinnen,
die nachher auch die Sekte der Waldenser annahm.
Im 13. Jahrh. bestritt Marsilius von Padua
(s. d. Art.) der Kirche das Recht, zeitliches Ver-
mögen zu besitzen; sein Irrtum wurde mit mehreren
andern, die er in seinem Buche Defensor pacis
aussprach, von Johannes XXII. im Jahre 1327
verworfen. Im 14. Jahrh. stellte Wiclif die
Sätze auf: Papa cum omnibus clericis suis
possessionem habentibus sunt haeretici, eo
duod possessiones habent, et consentientes
eis videlicet domini saeculares et ceteri
laici. Imperator et domini saechulares sunt
seducti a diabolo, ut ecclesiam ditassent
bonis temporalibus. Dieselben wurden von
Hus angenommen, der in Böhmen eine ähnliche
kirchliche Revolution verursachte wie Wiclif in
Schottland.
III. Perwaltung. 1. Das Recht der Ver-
waltung ist ebenso wie das Nutzungsrecht seiner
Natur nach ein Ausfluß des Eigentumsrechts. Der
Staat ist berechtigt, wenn das allgemeine Wohl
es verlangt, für die Vermögensverwaltung seiner
Untertanen Vorschriften zu geben. Der Kirche aber
kann der Staat, weil sie ihm nicht unterworfen
ist, solche Vorschriften nicht geben. Mit der Grün-
dung der katholischen Kirche hat ihr göttlicher