Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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treibenden als „bescholten“ kennzeichne und die 
Entziehung der Konzession im Verwaltungsweg 
rechtfertige. Weitere Beschränkungen brachten die 
Gesetze vom 2. Juni 1852 und 29. Juni 1861, 
welche eine schwer lastende Stempelsteuer für Zei- 
tungen und Zeitschriften einführten. Das Gesetz 
vom 6. März 1854 entzog die Preßvergehen, 
welche mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren 
bedroht waren, wieder den Schwurgerichten. Die 
Maßreglung der oppositionellen Presse nahm einen 
besonders scharfen Charakter an während der sog. 
Konfliktsperiode (1863 ff); Haussuchungen, Kon- 
fiskationen und Verurteilungen waren an der 
Tagesordnung. Damals erlangte der § 101 des 
preußischen Strafgesetzbuchs von 1851, der „Haß- 
und Verachtungsparagraph“, seine eigenartige 
Berühmtheit; er lautete: „Wer durch öffentliche 
Behauptung oder Verbreitung erdichteier oder 
entstellter Tatsachen oder durch öffentliche Schmä- 
hungen und Verhöhnungen die Einrichtungen des 
Staats oder die Anordnungen der Obrigkeit dem 
Haß oder der Verachtung aussetzt, wird mit Geld- 
buße bis zu 200 Talern oder mit Gefängnis bis 
zu zwei Jahren bestraft.“ Die Preßverordnungen 
vom 1. Juni 1868, welche den Behörden die 
Befugnis erteilten, eine Zeitung wegen einzelner 
Artikel oder auch wegen ihrer gesamten Haltung 
zu verwarnen und gegebenenfalls sogar zu unter- 
drücken, mußte jedoch zurückgenommen werden, 
als das Abgeordnetenhaus die Zustimmung ver- 
weigerte. 
Inzwischen traten die Ereignisse von 1866 ein: 
der Konflikt wurde beigelegt und der Nord- 
deutsche Bund gegründet. Die Verfassung 
desselben vom 25. Juni 1867 enthielt nur die 
eine hierher gehörige Bestimmung, daß wahrheits- 
getreue Berichte über Verhandlungen in den öffent- 
lichen Sitzungen des Reichstags von jeder Ver- 
antwortlichkeit frei bleiben sollten. Das Straf- 
gesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 
31. Mai 1870 brachte eine einheitliche Reglung 
für die Bestrafung der Preßvergehen, die mit dem 
Gesetzbuch selbst vom 1. Jan. 1872 ab auf das 
Deutsche Reich ausgedehnt wurde. Außerdem 
brachte dasselbe in § 12 die Straffreiheit wahr- 
heitsgetreuer Parlamentsberichte auch für die 
Kammern der Einzelstaaten. Im übrigen blieb 
die Preßgesetzgebung den Einzelstaaten überlassen, 
und so ergingen ferner Preßgesetze in Sachsen- 
Weimar 1868, im Königreich Sachsen und in 
beiden Mecklenburg 1870 usw. Baden gab sich 
neue Preßgesetze 1868 und 1870. Die spätere 
Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes hat nur 
mit gewerblichen Bestimmungen in das Preß- 
wesen eingegriffen. § 2 des Bundesgesetzes vom 
8. Juli 1868 schaffte den bisher zum Betrieb des 
Buchdruckergewerbes notwendigen Befähigungs- 
nachweis ab; desgleichen die Gewerbeordnung 
vom 21. Juni 1869 die zum Betrieb des Buch- 
druckergewerbes nötige staatliche Genehmigung. 
Die Bestimmungen dieser (späteren Reichs-) Ge- 
Presse ufw. 
  
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werbeordnung regeln noch heute die gewerblichen 
Verhältnisse der Presse. 8 1 bestimmt: „Der Be- 
trieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, so- 
weit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder 
Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen 
sind.“ Für das Preßgewerbe besteht nach § 14 
nur die eine Beschränkung, daß vom Beginn und 
vom Lokal eines solchen der zuständigen Behörde 
Anzeige gemacht werden muß. 8 43 verlangt die 
Erlaubnis der Ortspolizeibehörde für den Straßen-= 
verkauf, 8 55 einen Legitimationsschein für Kol- 
porteure und Hausierer mit Druckwerken. Nach 
§ 143 kann die Berechtigung zum Gewerbebetrieb 
im allgemeinen weder durch richterliche noch durch 
administrative Entscheidung entzogen werden; wo 
eine solche Entziehung jedoch nach den Landes- 
gesetzen wegen Preßvergehens durch richterliches 
Erkenntnis zulässig war, hat es dabei sein Be- 
wenden. Eine wichtige Bestimmung brachte das 
Postgesetz vom 28. Okt. 1871, welches allerdings 
schon ein Reichsgesetz ist, sich aber hier passend 
anschließt. 8 3 sagt: „Die Annahme und Be- 
förderung von Postsendungen darf von der Post 
nicht verweigert werden, sofern die Bestimmungen 
dieses Gesetzes und des Reglements beobachtet sind. 
Auch darf keine im Gebiet des Deutschen Reichs 
erscheinende politische Zeitung vom Postdebit aus- 
geschlossen, und ebensowenig darf bei Normierung 
der Provision, welche für Beförderung und Debi- 
tierung der im Gebiet des Deutschen Reichs er- 
scheinenden Zeitungen zu erheben ist, nach ver- 
schiedenen Grundsätzen verfahren werden. Die 
Post besorgt die Annahme der Pränumeration auf 
Zeitungen sowie den gesamten Debit derselben.“ 
Erst die Verfassung des Deutschen Reichs 
machte die Preßgesetzgebung zur Reichsangelegen- 
heit. Das Reichspreßgesetz vom 7. Mai 1874 
beruht aus dem Repressivsystem. Das Konzessions- 
wesen, Kaution, Zeitungsstempel und die Ent- 
ziehung der Befugnis zum Gewerbebetrieb sind 
abgeschafft, die polizeiliche Beschlagnahme ist be- 
schränkt. Im einzelnen wird bestimmt: § 1. Die 
Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be- 
schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz 
vorgeschrieben oder zugelassen sind. § 2. Das 
gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle 
Erzeugnisse der Buchdruckerpresse sowie auf alle 
andern durch mechanische oder chemische Mittel be- 
wirkten Vervielfältigungen von Schriften und 
bildlichen Darstellungen, also auf Lithographien, 
Holzschnitte, Stahlstiche, Lichtdrucke, Photogra- 
phien usw. § 4. Eine Entziehung der Befugnis 
zum selbständigen Betrieb irgend eines Preßge- 
werbes oder sonst zur Herausgabe und zum Ver- 
trieb von Druckschriften kann weder im admini- 
strativen noch im richterlichen Weg stattfinden. 
§ 6. Auf jeder Druckschrift muß der Name und 
Wohnort des Druckers, und wenn sie für den 
Buchhandel oder sonst zur Verbreitung bestimmt 
ist, der Name und Wohnort des Verlegers genannt 
sein. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die 
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