Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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nur zu Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des 
häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druck- 
schriften sowie Stimmzettel. § 7. Zeitungen und 
Zeitschriften, welche in monatlichen oder kürzeren 
Fristen erscheinen (periodische Druckschriften), müs- 
sen außerdem auf jeder Nummer den Namen und 
Wohnort des verantwortlichen Redakteurs ent- 
halten. § 9. Von jeder Nummer einer periodischen 
Druckschrift muß der Verleger, sobald die Aus- 
teilung oder Versendung beginnt, ein Exemplar 
an die Polizeibehörde des Ausgabeorts gegen 
eine ihm sofort zu erteilende Bescheinigung un- 
entgeltlich abliefern. § 11. Der verantwortliche 
Redakteur einer periodischen Druckschrift ist ver- 
pflichtet, eine Berichtigung mitgeteilter Tatsachen 
auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Be- 
hörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder 
Weglassungen aufzunehmen, sofern die Berichti- 
gung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen 
strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche An- 
gaben beschränkt. 8 14. Ist gegen eine im Aus- 
land erscheinende periodische Druckschrift binnen 
Jahresfrist zweimal eine Verurteilung erfolgt, so 
kann der Reichskanzler das Verbot der ferneren 
Verbreitung derselben bis auf zwei Jahre durch 
öffentliche Bekanntmachung aussprechen. 88 18 
19. Die Verletzung dieser preßpolizeilichen Be- 
stimmungen wird mit Geldstrafe bis zu 1000 M, 
mit Haft oder Gefängnisstrafe bis zu sechs Mo- 
naten bedroht. Dieselbe Strafe trifft den Ver- 
leger einer periodischen Druckschrift auch dann, 
wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf der- 
selben eine Person fälschlich als Redakteur (sog. 
Sitzredakteur oder Strohmann) benannt wird. 
§ 20. Die Verantwortlichkeit für Handlungen, 
deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer Druck- 
schrift begründet wird, bestimmt sich nach den 
bestehenden allgemeinen Strafgesetzen. Bei perio- 
dischen Druckschriften ist der verantwortliche Red- 
akteur als Täter zu bestrafen, wenn nicht durch 
besondere Umstände die Annahme einer Täter- 
schaft ausgeschlossen wird. § 21. Begründet der 
Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand einer 
strafbaren Handlung, so sind der verantwortliche 
Redakteur, der Verleger, der Drucker und der 
Verbreiter, soweit sie nicht als Täter oder Teil- 
nehmer zu bestrafen sind, wegen Fahrlässigkeit 
mit Geldstrafe bis zu 1000 M oder mit Haft 
oder mit Festungshaft oder Gefängnis bis zu 
einem Jahr zu belegen, wenn sie nicht die An- 
wendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder Um- 
stände nachweisen, welche diese Anwendung un- 
möglich gemacht haben. Die Bestrafung bleibt 
jedoch für jede der benannten Personen aus- 
geschlossen, wenn sie als Verfasser oder Einsender 
oder als einen der in obiger Reihenfolge vor ihr 
benannten bis zur Verkündigung des ersten Urteils 
eine Person nachweist, welche in dem Bereich der 
richterlichen Gewalt eines Bundesstaats sich be- 
findet. § 22. Alle Preßvergehen verjähren in 
längstens sechs Monaten. 8 23. Eine Beschlag- 
  
Presse usw. 
  
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nahme von Druckschriften ohne richterliche An- 
ordnung, also durch die Staatsanwaltschaft oder 
Polizei, findet nur statt, wenn den in diesem 
Gesetz enthaltenen preßpolizeilichen Vorschriften 
zuwidergehandelt wird, ferner wenn der Inhalt 
einer Druckschrift den Tatbestand einer der in den 
g8 85 (Aufforderung zu hochwverräterischen Unter- 
nehmen), 95 (Beleidigungen des Kaisers und des 
Landesherrn), 111 (Aufforderung zu strafbaren 
Handlungen), 130 (öffentliches Anreizen von 
Bevölkerungsklassen zu Gewalttätigkeiten gegen- 
einander) oder 184 (Verbreitung von unzüchtigen 
Schriften, Abbildungen oder Darstellungen) des 
deutschen Strafgesetzbuchs mit Strafe bedrohten 
Handlungen begründet; in den Fällen der §§ 111 
und 130 jedoch nur dann, wenn dringende Gefahr 
besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme 
die Aufforderung oder Anreizung ein Verbrechen 
oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde. 
§§ 24/28 geben nähere Bestimmungen über die 
Behandlung der Beschlagnahme. 8 30. Vorbehalt- 
lich der auf den Landesgesetzen beruhenden all- 
gemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Be- 
steuerung der Presse und der einzelnen Preßerzeug- 
nisse (Zeitungs= und Kalenderstempel, Abgabe 
von Inseraten usw.) nicht statt. § 31. Dieses Gesetz 
tritt am 1. Juli 1874 in Kraft. Seine Einfüh- 
rung in Elsaß-Lothringen bleibt einem besondern 
Gesetz vorbehalten. Diese ist aber bis 1910 noch 
nicht geschehen. 
Die „allgemeinen Strafgesetze“, denen die Presse 
nach § 20 unterworfen ist, finden sich im deut- 
schen Strafgesetzbuch. Außer den schon er- 
wähnten Paragraphen dieses Gesetzes bestimmt 
§ 110: „Wer durch Verbreitung von Schriften 
zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige 
Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit 
innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anord- 
nungen auffordert, wird mit Geldstrafe bis zu 
600 M oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren 
bestraft“; § 131: „Wer erdichtete oder entstellte 
Tatsachen, wissend, daß sie erdichtet oder entstellt 
sind, öffentlich behauptet oder verbreitet, um da- 
durch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der 
Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geld-= 
strafe bis zu 600 M oder mit Gefängnis bis zu 
zwei Jahren bestraft.“ In Beziehung auf alle 
diese Vergehen bestimmt § 41: „Wenn der Inhalt 
einer Schrift, Abbildung oder Darstellung straf- 
bar ist, so ist im Urteil auszusprechen, daß alle 
Exemplare sowie die zu ihrer Herstellung be- 
stimmten Platten und Formen unbrauchbar zu 
machen sind.“ In neuerer Zeit ist zu diesen Be- 
stimmungen noch § 360, 11 hinzugetreten, welcher 
lautet: „Mit Geldstrafe bis zu 150 AM oder mit 
Haft wird bestraft: 11) wer ungebührlicher- 
weise ruhestörenden Lärm erregt oder wer groben 
Unfug verübt"“, nachdem das Reichsgericht die 
Entdeckung strebsamer Staatsanwälte, daß die 
Verbreitung falscher Nachrichten durch die Presse, 
auch wenn eine böse Absicht nicht vorliegt, sofern
	        
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