Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Moscheen, als Sprecher der Gebete in den Moscheen, 
als Lehrer in den niederen Schulen, als Schrift- 
kundige bei der Abschließung von Handelsgeschäf- 
ten, Heiratsverträgen, Schenkungsakten u. dgl. 
Kirchlich-staatliche Amter sind die des Imami- 
dschuma, der in der Hauptmoschee der größeren 
Städte das Freitagsgebet zu verrichten und der 
Menge vorzubeten hat, und des Scheich-ul-Islam, 
des Vorstehers der geistlichen Gerichte. Zu den 
Geistlichen zählen auch die Seiditen, die mit blauen 
oder grünen Turbanen geschmückten Nachkommen 
der Fatime, der Tochter des Propheten und ihres 
Gemahls Ali, die an 2 % oder noch mehr der 
Bevölkerung ausmachen, faktisch (wenn auch nicht 
mehr rechtlich) manche Privilegien genießen (An- 
teil aus den religiösen Abgaben der Gläubigen, 
Pensionen, Geldgeschenke vom Schah und den 
Vornehmen, vielfach selbst Freiheit von den Grund- 
steuern) und eine angesehene Stellung einnehmen. 
— Hauptheiligtümer sind das Grab des Hussein 
in Kerbela (Mesopotamien), wohin jährlich über 
100 000 Perser wallfahrten und wo auch der 
höchste schiitische Geistliche residiert, und das Grab 
des Imam Riza Mesched, das von der Regierung, 
da innerhalb des Landes gelegen, begünstigt wird. 
Von den christlichen Bekenntnissen sind am 
stärksten die schismatischen (gregorianischen) Ar- 
menier (40/500000), die zu 8—9 Zehntel in den 
Dörfern wohnen und einen großen Teil des Außen- 
handels in Händen haben. Von den schismatischen 
Nestorianern (an 30 000) trat 1898 etwa die 
Hälfte zur russischen Kirche über, die seither durch 
Errichtung zahlreicher Kirchen und Schulen und 
Gründung eines eignen Propagandavereins eine 
eifrige und erfolgreiche Werbearbeit unter ihnen 
betreibt. Die amerikanische protestantische Mission 
ist vertreten durch die Eastern Persia Mission. 
in Teheran, Hamadan usw. (4 Kirchen, 200 Kom- 
munikanten) und die Western Persia Mission 
in Täbris, Urmia usw. (37 Kirchen, 800 Kom- 
munikanten), die anglikanische Mission in Urmia 
und Umgebung und in Kerman. Etwa 150000 
sind Katholiken, und zwar 350 Lateiner, 560 
unierte Armenier, 13 700 unierte Syro-Chaldäer 
(bekehrte Nestorianer). Die Missionen der Domini- 
kaner unter den Restorianern seit Anfang des 
14. Jahrh., die zur Gründung von etwa 26 ka- 
tholischen Kirchen in und um Sultanieh führten, 
gingen unter der Herrschaft der Timuriden und 
im neuen persischen Reich der Safis wieder unter. 
Erst gegen Ende des 16. Jahrh. kamen wieder 
katholische Missionäre, Unbeschuhte Karmeliten, 
nach Persien und gründeten, vom Schah Abbas I. 
mit Wohlwollen ausgenommen, ein Kloster in 
Ispahan. Urban VIII. errichtete 1629 daselbst 
ein lateinisches Bistum. Die Verfolgungen seit 
1712 rotteten die entstandenen Gemeinden völlig 
aus. 1827 wurden wieder einige armenische unierte 
Priester nach Persien gesandt, 1834 eine aposto- 
lische Verwaltung eingerichtet, 1840 den fran- 
zösischen Lazaristen die Mission unter den Nesto- 
  
  
Persien. 76 
rianern übertragen. 1874 wurde eine eigne 
Apostolische Delegatur für Persien errichtet; der 
Delegat (Sitz in Urmia) verwaltet als Apostoli- 
scher Administrator zugleich das wieder erstandene 
unmittelbare lateinische Bistum Ispahan. Außer 
diesem bestehen eine armenisch-katholische Diözese 
Ispahan (unbesetzt) und die drei syro-chaldäischen 
Bistümer Urmia, Salmas und Sinna, von denen 
nur Urmiea besetzt ist. 
Nach den Missiones Catholicae wirkten 1907 
in Persien 18 Lazaristen und Karmeliter, 48shal- 
däische und 5 armenische Priester sowie 37 fran- 
zösische Vinzentinerinnen. Die Missionstätigkeit 
der Christen beschränkt sich, da jede Propaganda 
unter dem Islam streng verboten ist, auf die Be- 
kenner des Christentums. — Neben den genannten 
Religionen gibt es in Persien noch an 25.000 
Juden (an 15.000 in Hamadan und Umgebung) 
und an 9000 Zoroastrier oder Parsen (haupt- 
sächlich in Jesd). 
Unterrichtswesen. Die Bildung des Vol- 
kes steht auf niedriger Stufe. Das öffentliche 
Unterrichtswesen (das unter Beiziehung ausländi- 
scher Berater reformiert werden soll) liegt seit altem 
in den Händen der Geistlichen. In den zahlreichen 
niederen Schulen (mektab), als welche meist Mo- 
scheen dienen, erteilen Lehrer aus dem Stand der 
Molla Unterricht im Lesen und Auswendiglernen 
des Korans, im Schreiben und Rechnen. Die höhe- 
ren Lehranstalten (Medressen), die aus den Stif- 
tungsgeldern unterhalten werden, dienen haupt- 
sächlich für die Ausbildung der Geistlichen; die 
Studenten erhalten Unterricht (in Theologie, 
Jurisprudenz, arabischer Grammatik, Astronomie 
usw.) und Verpflegung unentgeltlich. Die Mektabs 
werden vielfach auch von Mädchen bis zum 7. Le- 
bensjahr besucht. Die vornehmen Perser lassen 
ihre Söhne durch Gouverneure erziehen und durch 
Hauslehrer unterrichten. Unter Nasr ed-din Schah 
wurden einige staatliche, nach europäischem Muster 
organisierte Schulen eröffnet (Teheran, Täbris, 
Jspahan usw.), die meist zur Ausbildung von 
Beamten und Offizieren dienen (polgytechnische 
Hochschule in Teheran, Militärschulen ebenda und 
in Täbris, Schule des Auswärtigen Amts in 
Teheran zur Heranbildung für den diplomatischen 
Dienst usw.). Verhältnismäßig zahlreich sind die 
Schulen, die von den Ausländern in Persien 
unterhalten werden. In Verbindung mit den Mis- 
sionen unterhalten die amerikanisch-presbyteriani= 
sche Mission neben 7 Missionsstationen 129 Schu- 
len durch amerikanische und eingeborne Lehrer mit 
über 3400 Schülern, die Deutsche Orientmission 
5 Schulen und Werkstätten (gegenwärtig zum 
Teil geschlossen), die englische Church Mission 5 
Schulen, die anglikanischen Missionäre 1 Schule 
in Urmia, die Londoner Gesellschaft der Mission 
unter den Juden 2 Schulen. Katholisch sind die 
Schulen der Lazaristen (8) und der Vinzentine- 
rinnen, die der Syro-Chaldäer in Seneh und Ker- 
manschah. Ohne Verbindung mit Missionsarbeit
	        
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