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stehen die Deutsche Schule in Teheran, 3 fran-
zösische Schulen, die russischen Schulen und die
jüdischen der Alliance Israélite (an 8 Orten).
Die erste Volksbibliothek entstand 1898 in Teheran.
Die periodische Presse verdankt ihre Ent-
stehung dem Schah Nasr ed-din, der nach seiner
zweiten Europareise ein besonderes Preßministe-
rium errichtete und 1850 ein Negierungsorgan
(tran) begründete. Bis 1906 erschienen jedoch
nur kleine lithographierte Blätter in unregel-
mäßigen Zwischenräumen. Seit der Verkündigung
der Verfassung sind eine Reihe von Blättern ent-
standen (bis Ende 1908 an 25), die fast aus-
schließlich im Dienst der Politik stehen, oft auch
ein kurzlebiges Dasein hatten. Eine Fachpresse ist
im Beginn des Erstehens. Im Ausland erscheinen
mehrere persische politische Zeitungen (Konstan-
tinopel, Agypten, Kalkutta).
V. Wirtschaftliche Verhällnisse. Der wich-
tigste Zweig im Erwerbsleben des Landes ist der
Landbau. Unter der Herrschaft des absoluten
Systems konnte bei der Schutzlosigkeit des Bauern
gegenüber den Beamten oder Grundherren, den
Landbesitzverhältnissen, bei dem großen Steuer-
druck, der hauptsächlich den Bauernstand traf, bei
dem Mangel an Absatzgelegenheit für die Erzeug-
nisse infolge der elenden Verkehrswege usw., von
einer gedeihlichen Entwicklung des Ackerbaus nicht
die Rede sein. In jedem Jahrhundert hatte Persien
daher mehrere verheerende Teuerungen zu bestehen,
denen meist Epidemien auf dem Fuß folgten. Ein
großer Teil des anbaufähigen Bodens, der einer
großen Ausdehnung fähig wäre (etwa ⅛ des
Landes ist brauchbares Brachland), bedarf bei den
klimatischen Verhältnissen des Landes der künst-
lichen Bewässerung, worin die Perser von jeher
Meister waren, und für die sie zum Teil kost-
spielige Bauten angelegt haben (Talsperren oder
Staudämme, Schöpf= und Ziehbrunnen. Brunnen-
anlagen und unterirdische Kanäle, die sog. Kanate,
und Kanalnetze zur Verteilung des Wassers über
die Berieselungsebene). Die wichtigsten Erzeug-
nisse des Landbaus sind Weizen, der im ganzen
Land angebaut wird, aber wegen der Transport-
kosten nur aus den meernahen Gebieten ausgeführt
werden kann, Reis (Masenderan, Gilan, um Ur-
mia, in den wasserreichen Tälern der südwest-
lichen Grenzketten; Ausfuhr aus den nördlichen
Provinzen), Baumwolle (Kerman, Chorassan, bei
Ispahan, Jesd, Urmia usw.), Mohn, das wert-
vollste Produkt Persiens (um Jesd, Ispahan,
Schiras, Hamadan und Meschhed), Gerste, Ta-
bak für Wasserpfeisen (der Weltruf genießt; der
beste in der Oase Tebbes und zwischen Ispahan
und Kum) und Zigaretten (am Kaspischen Meer,
um Urmia). Sehr wichtig ist die Obstkultur:
Trauben, zum Teil von hervorragender Qualität,
gedeihen fast im ganzen Land und werden teils zu
Wein verarbeitet teils getrocknet ausgeführt;
Oliven gedeihen am besten in den Provinzen am
Kaspischen Meer (teils zur Olgewinnung verwendet
Persien.
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teils gesalzen genossen oder ausgeführt), Datteln,
Orangen und Zitronen in den Oasen Zentral-
persiens und in Südpersien, Nüsse, Mandeln und
Pistazien in den südwestlichen Randgebirgen.
Wirtschaftlich bedeutend für Persien ist ferner das
Sammeln von Gummitragant (hauptsächlich in
den randlichen Gebirgszügen vom Nordwesten bis
zum Süden), von Gummi und Harzen, der An-
bau von Krapp (im Westen und Südwesten), die
Kultur von Rosen (um Schiras und in Gilan), von
Henna (in Südpersien und der Oase Chabis), von
Hülsenfrüchten (fast überall).
Die Seidenzucht blüht besonders in Gilan
und Masenderan und den andern am Kaspischen
Meer gelegenen Provinzen Ostpersiens, verstreut
auch im Westen und Südwesten. Die Viehzucht
ist bei den ansässigen Persern gering; um so größer
ist der Viehreichtum bei den Nomaden, für welche
die Herden von Pferden, Kamelen, Maultieren,
Rindern, Schafen und Ziegen den einzigen Besitz
und fast ausschließliche Erwerbsquelle bilden. —
Die Hebung der reichen Bodenschätze Persiens
(Blei, Eisen, Kupfer, Antimon, Steinkohlen,
Marmor, Steinsalz, Schwefel, Salpeter usw.) ist
von seiten der Regierung wie auswärtiger Gesell-
schaften, die Konzessionen erwarben, wiederholt
versucht worden, die meisten Unternehmungen
scheiterten jedoch, da die Voraussetzungen dafür
noch nicht gegeben waren (gute Wege, Wasser-
reichtum usw.) Nur die Bohrungen auf Naphtha
in Südpersien (und in der Ebene des Kerkiflusses)
und die Minen in Karadagh (Aserbeidschan) ver-
sprechen Erfolg. Von lokaler Bedeutung sind die
in manchen Gegenden ausgebeuteten Lager von
Steinkohlen, Schwefel, Kupfer, Marmor; be-
sonders zu erwähnen sind die ungenügend aus-
gebeuteten Türkisengruben bei Nischapur in Cho-
rassan.
len Gewerbe und besonders das Kunst-
gewerbe waren in Persien besonders durch Schah
Abbas d. Gr. zu einer bedeutenden Blüte gebracht
worden; seit dem 19. Jahrh. jedoch haben die
Gewerbe ausnahmslos an Umfang und Güte ein-
gebüßt, und das Kunsthandwerk ist fast ganz in
Verfall geraten. Die vornehmsten Erzeugnisse
persischen Gewerbefleißes waren von jeher die der
Teppichknüpferei, der Kunstweberei, Lackmalereien,
Metallarbeiten usp. Die Teppichknüpferei ist,
wenn auch selten fabrikmäßig (Sultanabad), im
ganzen Land verbreitet und arbeitet für die Aus-
fuhr; die wichtigsten Erzeugungsstätten sind Cho-
rassan, Aserbeidschan, Ferghana, Kerman, Fars
und Kurdistan. Als Heimarbeit wird sie fast aus-
schließlich von Frauen, in den Werkstätten fast nur
von Männern und Knaben verrichtet. Zentrum der
Stoffweberei ist Jesd, ferner Kerman, Meschhed,
Kaschan (Brokatweberei), Man (für ganz seidene
Stoffe), Birdschand usw.; Kelims werden beson-
ders in Schuster und in Kurdistan (Sinna)
gewebt, Schals in Kerman. Die Spinnerei ist
fast ganz Heimarbeit; die Färbereien sind beson-