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folglich auch die Ausgaben zwischen dem Reich
und den Einzelstaaten geteilt sind. Erst Reichsetat
und Etat des Einzelstaats zusammen geben den
vollen Inhalt der Staatsausgaben. Wenn man
Vergleiche unter verschiedenen Staaten machen
will und namentlich wenn man dabei statistisch
die Belastung der Steuerzahler in dem einen
Staat mit der eines andern Staats vergleichen
will, so muß man bei deutschen Staaten dieses
Verhältnis zuim Reich in Betracht ziehen. Man
darf nicht vergessen, zuvor festzustellen, wie in
den zur Vergleichung stehenden Staaten die Ge-
samtaufgaben des öffentlichen wirtschaftlichen Le-
bens zwischen Staat und Unterverbänden (Pro-
vinz, Kreis, Stadt, Bezirk) geteilt sind; erst wenn
man unter Grundlegung gleicher Staatsaufgaben
vergleicht, kann man das Verhältnis der Staats-
ausgaben unter den Staaten richtig auffinden.
Der Ausgabenetat für das Reich zerfällt in
Fortdauernde Ausgaben und Einmalige Aus-
gaben, letztere wiederum in die beiden Unter-
abteilungen: a) Ordentlicher Etat, b) Außer-
ordentlicher Etat. Zu fortdauernden Ausgaben
gehören, wie die Bezeichnung andeutet, alle die-
jenigen Ausgaben, welche zur Aufrechterhaltung
dauernder Einrichtungen erforderlich sind, sowie
zur Bestreitung von Kosten für solche Aufgaben,
für welche ein Maßstab des Bedürfnisses zurzeit
nicht abzusehen ist. Die einmaligen Ausgaben
umfassen solche, welche entweder im allgemeinen
als Ausgaben nur vorübergehender Art anzusehen
sind, oder bei welchen wohl die Gattung der Aus-
gaben immer im Etat vorhanden sein wird (z. B.
Kasernenbauten im allgemeinen), nicht aber der
einzelne bestimmte Gegenstand (Neubau einer be-
stimmten Kaserne, welche aus dem Etat ver-
schwindet, sobald dieselbe fertiggestellt ist). Der
einmalige ordentliche Etat soll durch Einnahmen
des laufenden Jahrs gedeckt werden; für den
einmaligen außerordentlichen Etat werden An-
leihemittel herangezogen. Der Grundgedanke ist
seit der Finanzreform des Jahrs 1909, daß im
außerordentlichen Etat künftig nur noch solche
Ausgabepositionen Aufnahme finden, welche die
vollständige Neubeschaffung eines Gegenstands
enthalten und zugleich eine werbende Kraft für die
Zukunft besitzen, d. h. in der Folge auch eine Ver-
zinsung erwarten lassen, z. B. Eisenbahnbauten,
Kanalanlagen, Ausführung neuer Telephonlinien.
Das „Gesetz betreffend die Feststellung des
Reichshaushaltsetats“ enthält die Gesamtsummen
der Ausgaben und Einnahmen und von ersteren
daneben die Summen der fortdauernden, der ein-
maligen des ordentlichen Etats und der einmaligen
des außerordentlichen Etats noch getrennt ange-
führt. Es folgen noch Bestimmungen über die
Ausgabe von Schatzanweisungen. Als Anlage,
mithin als Bestandteil des Gesetzes, ist angefügt
und wird mit im Reichsgesetzblatt veröffentlicht
der Reichshaushaltsetat. Er enthält die Kapitel
der Ausgaben und Einnahmen mit den entsprechen-
Staatshaushalt.
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den Beträgen, und außerdem wird die Anzahl der
Titel angegeben, in welche jedes Kapitel zerfällt.
Tatsächlich werden bei Beratung des Etats nicht
nur die Kapitelsummen, sondern die Beträge der
einzelnen Titel beraten und zur Abstimmung ge-
bracht. Darauf ist in dem als Teil des Gesetzes
veröffentlichten Etat durch jene Angabe der Zahl
der Titel hingewiesen.
Die Reichsaufgaben sind in dem Art. 4 der
Verfassung des Reichs vorgezeichnet. Dementspre-
chend enthält das Budget die darauf bezüglichen
Ausgabe-= und Einnahmekapitel: Bundesrat (bei
dem Reichsamt des Innern), Reichstag, Reichs-
kanzler und Reichskanzlei, Auswärtiges Amt,
Reichsamt des Innern (dieser Etat umfaßt unter
anderem: allgemeine Fonds, darunter die Kosten
für Invaliditäts- und Altersversicherung, Bundes-
amt für Heimatwesen, Statistisches Amt, Gesund-
heitsamt, Reichsversicherungsamt), Verwaltung
des Reichsheers, Marine, Reichsjustizverwaltung,
Reichsschatzamt, Reichseisenbahnamt, Reichs-
schuld. Rechnungshof, Allgemeiner Pensionsfonds,
Reichsinvalidenfonds, Post= und Telegraphen-
verwaltung, Reichsdruckerei, Eisenbahnverwaltung,
Kolonialverwaltung.
Einzelne Etats und Ausgabe= und Einnahme-
titel erheischen noch einige besondere Bemer-
kungen. Die Staaten Bayern, Sachsen und
Württemberg machen von dem Recht Gebrauch,
eigne Gesandtschaften zu unterhalten; es wird
ihnen in Bezug auf den Ausgabeetat des Aus-
wärtigen Amts ein Nachlaß gewährt.
Der Etat des Reichsheers enthält für Bayern
nur summarische Beträge, die sog. Bayrische Quote,
während für die übrigen Kontingente die Aus-
gaben, und zwar getrennt für Preußen, Sachsen,
Württemberg, nach Kapiteln und Titeln aufge-
nommen sind, wobei im preußischen Etat infolge
besonderer Verträge die Truppenkörper der kleine-
ren Staaten mit vertreten sind. Bayern hat laut
Vertrag vom 25. Nov. 1870 unter III, § 5 das
Reservatrecht, daß es „die Kosten und Lasten seines
Kriegswesens allein trägt“. „Bayern verpflichtet
sich, für sein Kontingent.. einen gleichen Geld-
betrag zu verwenden, wie nach Verhältnis der
Kopfstärke durch den Militäretat des Deutschen
Bundes für die übrigen Teile des Heers ausgesetzt
wird. Dieser Geldbetrag wird im Bundesbudget
für das königlich bayrische Kontingent in einer
Summe ausgeworfen. Seine Verausgabung wird
durch Spezialetats geregelt, deren Ausstellung
Bayern überlassen bleibt.“ Nach diesen Bestim-
mungen wird die Quote bei Kapitel 44 des Haupt-
etats berechnet und hier sowie bei dem Allgemeinen
Pensionsfonds, den einmaligen Ausgaben des
ordentlichen Etats ausgeworfen.
Bei den Einnahmen ist zu bemerken, daß
Bayern, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen
an der Brausteuer keinen Anteil haben. An den
Einnahmen der Post= und Telegraphenverwaltung
sind Bayern und Württemberg, welche nach Art. 52