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Schwierigkeiten zu überwinden kosten, ehe diese
Steuerform wirklich die Bedeutung erlangt hat,
welche ihr theoretisch zweisellos zukommt. Steuer-
technik und Steuermoral werden noch große Fort-
schritte machen müssen, bis eine großzügige, er-
trägnisreiche, allgemeine und volkswirtschaftlich
unschädliche Zuwachsbesteuerung als jüngstes Pro-
dukt des Differenzierungsprozesses im Steuer-
wesen erstehen kann.
Literatur. Außer den bei den Art. über Besteue-
rung, über Einkommen-, Grund- u. Haussteuer,
Gewerbesteuer, Nachlaßsteuer, Wertzuwachssteuer
angeführten Werken ist zu verweisen auf Jos.
Stammhammer, Bibliographie der Finanzwissen-
schaft (1903) u. das von G. Schanz hrsg. Finanz-=
archiv (seit 1884). Ferner sind bes. zu nennen:
Eisenhart, Die Kunst der Besteuerung (1868);
Hoffmann, Die Lehre von den S. (1870); Neu-
mann, Die S. l (1887); Schäffle, Die S. (2 Bde,
1895/97). Die gesamte Finanzwissenschaft ein-
schließlich des Steuerwesens behandeln: R. van der
Borght, Finanzwissenschaft (2 Bde, 1908); G.
Cohn, System der Finanzwissenschaft (1889); I
Conrad, Finanzwissenschaft ((1909); Eheberg,
Finanzwissenschaft (111910); Schönbergs Hand-
buch der polit. Skonomie III 1 u. 2 (611897);
v. Heckel, Lehrbuch der Finanzwissenschaft 1 (1907);
J. Kaizl, Finanzwissenschaft (2 Bde, 1900/01);
P. Leroy-Beaulieu, Traité de la science des Fi-
nances (2 Bde, 71906); Rau, Grundsätze der
Finanzwissenschaft (51865); Roscher-Gerlach, Sy-
stem der Finanzwissenschaft (°1901); v. Stein,
Lehrbuch der Finanzwissenschaft (*31885/86); V.
Vocke, Die Grundzüge der Finanzwissenschaft
(1894); Ad. Wagner, Finanzwissenschaft 1883 bis
1901; 4. Bd (1910). Des weiteren: Statistische
Jahrbücher, Vierteljahrshefte der Statistik des
Deutschen Reichs u. Denkschriften zu den Steuer-
reformen im Reich u. in den Einzelstaaten.
lBeusch.)]
Stiftungen. Die Stiftung ist ein eignes
und selbständiges Rechtssubjekt, im Gegensatz zur
sog. Zustiftung. Unter dieser versteht man ent-
weder ein Rechtsgeschäft, nämlich die Zuwendung
von Vermögen an ein bestehendes Rechtssubjekt,
oder auch dasjenige Vermögen selbst (das Rechts-
objekt), welches einem schon bestehenden Rechts-
subjekt zu einem Sonderzweck hinzugestiftet wird.
In der ältesten kirchlichen Zeit kannte man nur
Zustiftungen, und zwar an kirchliche Anstalten.
Letztere wurden die Träger des hinzugestifteten
Vermögens. Allmählich aber löste die Rechts-
entwicklung die zugestifteten Zweckvermögen von
ihrer kirchlichen Anstalt, insbesondere von der
Pfarrkirche, los und organisierte sie zu eigner
Selbständigkeit und Rechtssubjektivität, allerdings
mit Unterordnung dieser nunmehrigen Stiftungen
unter die kirchliche Hierarchie. Aus diesem letzteren
Grund verlangt das Kirchenrecht zur Entstehung
neuer Stiftungen (auch der Armen= und Kranken-
stiftungen) bischöfliche Genehmigung, ferner unter-
stellt es ihre Verwaltung der bischöflichen Auf-
sicht. Der Stifterwille ist strengstens zu erfüllen.
Zur Zweckänderung oder Reduktion bedarf der
ungen. 254
Bischof sogar einer päpstlichen Fakultät. Auf Grund
der sog. Institutentheorie trat an die Stelle des
früheren einheitlichen Pfarrkirchenvermögens eine
Vielheit von rechtspersönlichen Einzel-(Kirchen-,
Bau-, Meßner-, Orgel., Bruderschafts-, Kom-
munikanten-, Schul-, Armen-, Spital-) Fonds.
Vom finanzwirtschaftlichen Standpunkt aus emp-
fiehlt sich diese Menge von Fonds (schon der Ver-
waltungskosten wegen) nicht. Bloß die Drei-
teilung in Pfründe-, Bau= und Kirchenfonds ist
gerechtfertigt. Der letztere sollte alles Vermögen,
welches nicht für Pfründe= und Bauzwecke be-
stimmt ist, aufnehmen. Die vom Stifter ge-
wollten Sonderzwecke sind auch bei Einverleibung
des betreffenden Vermögens in den Kirchenfonds
gesichert. In kirchenpolitischer Hinsicht bot die
Institutentheorie die Grundlage dazu, diese nun-
mehr selbständig gewordenen Schul-, Armen= und
Spitalfonds auch noch von der kirchlichen Hier-
archie ganz loszulösen. Die Geltendmachung alt-
hergebrachter kirchlicher Vermögensrechte ist heute
manchmal erschwert, weil der Nachweis schwierig
ist, welche der zahlreichen heutigen Stiftungen
an Stelle der einheitlichen alten Pfarrkirchen-
anstalt aktiv legitimiert ist.
Die Stiftung baut sich nicht auf einem Per-
sonenverband (universitas personarum), son-
dern auf einem Zweckvermögen (universitas
rerum) auf. Die Grenze zwischen Stiftung und
Anstalt ist flüssig (ogl. Mugdan, Die gesamten
Materialien zum B. G. B. I 672/673). Vielfach
wird die Stiftung auch als Körperschaft oder An-
stalt behandelt. Zum Wesen der Stiftung gehört
ein Vermögen und eine für die Verwendung des-
selben bestehende Zweckgrenze. Diese wird gesetzt
entweder durch den Stifterwillen oder durch das
Herkommen (R.G. 1 87). Als Rechtsperson ist
die Stiftung der Träger von Vermögensrechten,
genau wie die natürliche Person. Wie der Mensch
nicht von Natur aus, sondern nur deswegen und
insoweit Rechtspersönlichkeit besitzt, als sie ihm von
der positiven Gesetzgebung verliehen ist (§§ 1,
1912, 1923 B.G.B. und im Gegensatz hierzu die
Rechtlosigkeit der römischen Sklaven), so ist auch
die Stiftung keine fingierte, sondern eine wirkliche
Rechtsperson, weil sie von der Gesetzgebung ge-
schaffen ist.
Die Stiftungen werden je nach ihrem räum-
lichen Wirkungskreis in örtliche, Distrikts= und
allgemeine Stiftungen eingeteilt. Wesentlich ist
jedoch eine solche räumliche Abgrenzung für die
gültige Entstehung der Stiftung nicht. Ortliche
kirchliche Stiftungen schließen sich an ihre Pfarr-
kirche (Kapelle) so eng an, daß der Stiftungs-
bezirk sich nach dem jeweiligen Kirchenbezirk von
selbst richtet.
Eine wichtige Unterscheidung der Neuzeit ist die
Teilung in kirchliche und weltliche Stif-
tungen. Die Grenze zwischen beiden ist in ver-
schiedener Weise gezogen worden. In der Regel
ist nicht der Charakter der bisherigen Verwal-