Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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nach der Ablieferung an den Verleger durch Zufall 
zugrunde geht, und sodann, wenn der Urheber 
vor Vollendung des ganzen Werkes, aber nach Ab- 
lieferung eines Teils stirbt. Im ersten Fall be- 
hält der Urheber seinen Anspruch auf Vergütung, 
im übrigen aber werden beide Teile frei, nur muß 
der Urheber, sofern er auf Grund von Vor- 
arbeiten ohne große Mühe das kann, ein neues 
Werk gegen eine weitere angemessene Vergütung 
liefern. Im zweiten Fall kann der Verleger wegen 
des gelieferten Teils den Vertrag durch eine dem 
Erben des Verfassers gegenüber abzugebende Er- 
klärung aufrechterhalten. 
3. Einige besondere Vorschriften tragen den bei 
Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen 
periodischen Sammelwerken vorkommen- 
den Verhältnissen Rechnung, indem sie sowohl 
diejenigen, welche Beiträge dazu liefern, als auch 
anderseits die Verleger freier stellen, als dies nach 
den vorgedachten Vorschristen gemäß dem ge- 
wöhnlichen Verlagsvertrag der Fall sein würde. 
Ihnen liegt der Gedanke zugrunde, daß der Ur- 
heber eines Beitrags nicht die ausschließliche Be- 
fugnis zum Abdruck einer Zeitung usw. allein 
übertragen, daß er sich vielmehr die anderweitige 
Verfügung vorbehalten will. Ist der Beitrag für 
eine Zeitung geliefert, so hat er diese Befugnis 
sofort nach dem Erscheinen der Zeitung, im übrigen 
nach Ablauf eines Jahrs seit dem Erscheinen, auch 
wenn der Verleger das ausschließliche Recht er- 
halten hatte. Wird der Beitrag nicht innerhalb 
eines Jahrs nach der Ablieferung veröffentlicht, so 
kann der Urheber kündigen und sein Anspruch auf 
Vergütung bleibt bestehen. Anspruch auf Frei- 
exemplare hat der Urheber eines Beitrags in einer 
Zeitung nicht, auch nicht auf Uberlassung von 
Abzügen zum Buchhändlerpreis. Der Verleger ist 
anderseits insoweit noch freier gestellt, als er in 
der Zahl der herzustellenden Abzüge nicht be- 
schränkt ist und als er bei einem Beitrag, der 
ohne den Namen des Urhebers erscheinen soll, an 
der Fassung solche Anderungen vornehmen darf, 
welche bei Sammelwerken derselben Art üblich sind. 
4. Das Gesetz hat auch den Fall nicht un- 
geregelt gelassen, in welchem Gegenstand des 
Vertrags ein Werk sein soll, an dem ein 
Urheberrecht nicht besteht, das also gemeinfrei 
ist, weil daran ein solches Urheberrecht nie be- 
standen hat oder weil die Schutzfrist abgelaufen 
ist. In einem solchen Fall ist der Verlaggeber zur 
Verschaffung des Verlagsrechts nicht verpflichtet. 
Verschweigt er aber arglistig, daß das Werk be- 
reits anderweit in Verlag gegeben oder veröffent- 
licht worden ist, so finden die Vorschriften des 
bürgerlichen Rechts, welche für die dem Verkäufer 
wegen eines Mangels im Recht obliegende Ge- 
währleistungspflicht gelten, entsprechende Anwen- 
dung. Er muß sich bis zum Ablauf von sechs 
Monaten der Vervielfältigung und Verbreitung 
des Werkes ebenso enthalten, wie wenn an dem 
Werk ein Urheberrecht bestände. Auf der andern 
  
  
Verlagsrecht. 
  
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Seite wird der Verleger in Ansehung eines solchen 
Werkes durch den Verlagsvertrag nicht ungünstiger 
gestellt als jeder Dritte. Das heißt, er darf gleich 
jedem Dritten das von ihm veröffentlichte Werk 
von neuem unverändert oder mit Abänderungen 
vervielfältigen. Das darf er nur dann nicht, 
wenn die Herstellung neuer Abzüge von der 
Zahlung einer besondern Vergütung abhängig ist. 
III. Nicht dem Verlagsrecht angehörig ist: 
1. der Fall, daß jemand die Herstellung eines 
Werkes nach einem Plan übernimmt, in welchem 
ihm der Besteller den Inhalt des Werkes sowie die 
Art und Weise der Behandlung genau vorschreibt. 
In einem solchen Fall liegt ein Werkvertrag vor, 
der nach den Vorschriften des B.G.B. hierüber 
(§§ 631/651) zu beurteilen ist. Das Gesetz sagt 
nur, daß in einem solchen Fall der Besteller im 
Zweifel zur Veröffentlichung und Verbreitung 
nicht verpflichtet ist. Das gleiche gilt, wenn sich 
die Tätigkeit auf die Mitarbeit an enzyklopädischen 
Unternehmungen oder auf Hilfs- und Neben- 
arbeiten für das Werk eines andern oder für ein 
Sammelwerk beschränkt. 
2. Der Selbstverlag. Solcher liegt vor, 
wenn der Urheber sein Werk auf eigne Rechnung 
drucken und verbreiten läßt. 
3. Der Kommissionsverlag, also der 
Fall, in dem Gewinn und Verlust aus dem Ge- 
schäft dem Urheber verbleiben, während der Ver- 
leger auf eine bestimmte Vergütung angewiesen ist. 
Dieses Verhältnis regelt sich nach den Vorschriften 
des Handelsgesetzbuchs über das Kommissions- 
geschäft (§§ 383/406) und des B.G. B. über den 
Dienstvertrag (§§ 611/630, 675). Im Vergleich 
zum Verlagsvertrag gelten für den Kommissions- 
verlag namentlich folgende Besonderheiten: Der 
Kommissionär hat den Weisungen des Verlag- 
gebers zu folgen, z. B. in Bezug auf Form und 
Ausstattung des Werkes, die Höhe des Preises; 
er ist in der Regel Kaufmann und hat daher die 
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im In- 
teresse des Urhebers wahrzunehmen und kann für 
Aufwendungen, die er den Umständen nach für 
erforderlich halten dürfte. Ersatz verlangen; er er- 
langt kein ausschließliches Recht zur Vervielfäl- 
tigung und Verbreitung und ist nicht in der Lage, 
gegen Dritte das Recht des Urhebers geltend zu 
machen; er ist für den Verlust und die Beschädi- 
gung der in seiner Verwahrung befindlichen Ab- 
züge verantwortlich, außer wenn ihn kein Ver- 
schulden trifft; er ist endlich verpflichtet, dem Ur- 
heber über das Geschäft Rechenschaft abzulegen 
nach Maßgabe der Verkehrssitte. 
Literatur. Dernburg-Kohler, Das bürgerliche 
Recht des Deutschen Reichs u. Preußens VI (1910); 
Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken u. V. (1907); 
Riezler, Deutsches Urheber= u. Erfinderrecht (1909). 
— Allfeld, Kommentar zu den Gesetzen betr. das 
Urheber- u. V. (1902); Daude, desgl. (1910); 
Heinitz, Das Reichsgesetz über das V. vom 19. Juni 
1901 (1901); Müller, Das deutsche Urheber= u. 
V. (1901); Voigtländer, Die Gesetze über das Ur-
	        
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