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der politischen und kulturellen Entwicklung des
späteren Mittelalters machten, daß sie die gesamte
Bürgerschaft in geschlossenem Aufbau gliederten
und daß sie jeden einzelnen nach allen Richtungen,
in denen er im öffentlichen Leben wurzelte, er-
saßten. Was sie aber in den Zeiten ihrer Blüte
lebendig erhielt und vor Entartung schützte, waren
die in ihnen verkörperten wahren Ideen der Frei-
heit und Gleichheit und die ihnen zugrunde lie-
gende sittliche Auffassung des Wirtschaftslebens.
Die Freiheit war die Grundlage der Genossen-
schaftsbildung, da die genossenschaftliche Bindung
auf dem Gesamtwillen aller Genossenschafter be-
ruhte und die kleinen innerlich einheitlichen Kreise,
in denen sich die Genossenschaftsbildung vollzog,
auch dem einzelnen den Uberblick über die genossen-
schaftlich durchzusetzenden Interessen ermöglichte
und die Bildung eines einheitlichen Gesamtwillens
erleichterte. Die Gleichheit in ihrer wahren Be-
deutung als Gleichberechtigung unter Gleichver-
pflichteten war innerhalb der Genossenschaft ge-
währleistet und setzte sich auch in der politischen
Zusammenfassung der Genossenschaften im Stadt-
regiment mit der wachsenden Bedeutung der Ge-
nossenschaften durch. Die sittliche Auffassung des
Wirtschaftslebens verbürgte dem einzelnen, der
arbeiten konnte, die Arbeitsmöglichkeit und den ge-
rechten Lohn für seine Arbeit. Durch die eifrige
Hochhaltung der Standes= und Berufsehre wurde
der Durcheinandermengung der Berufsstände und
damit dem häufigen Wechsel der Berufe, der Über-
setzung einzelner besonders begehrenswerter Be-
rufsarten vorgebeugt. Die starkentwickelte Waren-
polizei, Erzeugungsvorschriften, Beschauordnungen
usw. in Verbindung mit sehr strenger Ahndung
jeder Warenverfälschung sorgten für Schutz der
Käufer wie der Produzenten gegenüber unlau-
terem Wettbewerb und Schleuderarbeit. Dem-
selben Zweck diente auch die möglichste Ausschal-
tung des Zwischenhandels, wo er nicht durch die
räumliche Entfernung der Erzeuger und Ge-
braucher erfordert war. Als Tragbalken dieser wirt-
schaftlichen Gleichgewichtsordnung dienten die
wirtschaftsethischen Grundsätze des Christentums,
wie sie eben zu jener Zeit durch das kanonische
Recht und die scholastische Philosophie entwickelt
wurden. Die scholastische Politik weist dem Staat
ausdrücklich und im Gegensatz zur antiken Auf-
fassung die Förderung der Wohlfahrt seiner Glie-
der zu. Der Staat soll, auf der freien genossen-
schaftlichen Gliederung seiner Bewohner ruhend,
in einer monarchischen Spitze gipfeln. Die Arbeit
ist Pflicht des Menschen gegen sich und gegen die
Gesellschaft. Diese Arbeitspflicht ist somit das
organische Band für den Aufbau der Gesellschaft.
Die Verteilung des gesellschaftlichen Arbeitspro-
dukts hat sich nicht nach dem Arbeitserfolg, son-
dern nach dem standesgemäßen Lebensbedarf der
Arbeitenden zu regeln, da die Arbeit nicht um des
Volkswirtschaftspolitik.
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sorgung der nicht wirtschaftliche Güter erzeugenden
Gesellschaftskreise, Adel, Klerus und die nicht
Arbeitsfähigen, sorgt die Grundrente. Der Leih-
zins von Geld wird verworfen, da das Geld im
Gegensatz zu Grund und Boden unproduktiv, seine
Entlehnung gegen Entgelt daher Wucher ist.
Das hier geschilderte Wirtschaftssystem hatte
aber auch Schwächen, die im Verein mit Wand-
lungen der allgemeinen Kulturentwicklung zu seiner
Entartung führten. Nicht nur daß die große
Masse der landwirtschaftlichen Bevölkerung von
der freien genossenschaftlichen Entwicklung aus-
geschlossen blieb und gegen Ende dieses Zeitraums
wirtschoftlich und gesellschaftlich immer tiefer sank,
hier rächte sich das Übersehen der sozialen Bedeu-
tung der Grundrente in der kanonistisch-scholasti-
schen Wirtschaftsethik; auch den Städten gelang
es nicht, das innerhalb ihrer Mauern gepflegte
System der Interessensolidarität zu einer Ver-
einigung aller Städte großer staatlicher Gebiete
auszuweiten; die Vereinigung der Hansastädte,
der rheinische Städtebund waren nicht umfassend
und dauernd genug. Schon die mittelalterliche
Stadt begann mit jener selbstgenügsamen und
selbstsüchtigen Abschließungspolitik, Zoll- und
Mautordnungen, Bannrechte, Stapelrechte usw.,
die später der junge Territorialstaat von ihr über-
nehmen und zum wirtschaftspolitischen sog. Mer-
kantilsystem ausbauen sollte.
Vom Land aus durch die mit der beginnenden
Geldwirtschaft kapitalisierte Grundrente und die
aus ihr ihre Macht entlehnende, aus der Grund-
herrschaft heranwachsende Landesherrschaft wurde
die Städtefreiheit gebrochen, das Wesen der städti-
schen Genossenschaft ausgehöhlt und entwertet.
Die Landesherrschaft übernahm das System
der mittelallerlich städtischen Wirtschaftspolitik in
seinen äußeren Formen, um es auf das ganze
Staalsgebiet auszudehnen. Sie übernahm aber
nicht die ihm zugrunde liegende Wirtschaftsethik,
sondern sie fußte auf der im Entstehen begriffenen
Ethik des Kapitalismus. Waren die Grundlagen
der ersteren Aszese und Jenseitsglaube gewesen,
so wurde nun die Erlangung des größtmöglichen
Maßes der Genüsse im diesseitigen Leben „die
Glückseligkeit der Untertanen“ (Justi), das füh-
rende Motiv in der Wirtschaftspolitik und im
Wirtschaftsleben.
Das wirtschaftspolitische System des sog. „Mer-
kantilismus“, in der physiokratischen Literatur auch
s steme protecteur oder reglementair, bei
Adam Smitlh system of commerce genannt, ist
durch das eben Gesagte schon teilweise gekenn-
zeichnet. Es beherrschte die Jugendzeit der mo-
dernen Staatsbildungen, setzte in Spanien im 15.,
in Frankreich und England zu Beginn des 16.,
in Deutschland und Osterreich im 17. Jahrh. ein.
Es trug der Eigenart jedes dieser Staaten ent-
sprechend nirgends ganz gleichartige Züge. Ein-
Erwerbs willen, sondern in Erfüllung einer sitt= heitlicher Wesenszug ist die dem rationalistisch-
lichen Pflicht unternommen wird. Für die Ver- mathematischen Zeitcharakter und dem „Geist des