Full text: Staatslexikon. Fünfter Band: Staatsrat bis Zweikampf. (5)

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den Eigentümern der Grundstücke, auf denen sie 
sich befanden. In Deutschland konnten die 
schiff= und floßbaren Gewässer von jedermann zur 
Schiff= und Floßfahrt benutzt werden. Die Lan- 
desherren hatten aber an diesen Gewässern gewisse 
nutzbaren Rechte, wie das Zoll-, das Fischerei-, 
das Mühlen= und häufig auch das Floßregal. Bei 
den kleineren Wasserläufen legten sich da, wo sich 
ein Obereigentum an Grund und Boden heraus- 
bildete, die Grundherren ein herrschaftliches Recht 
bei und verlangten für deren Benutzung gleichfalls 
gewisse Abgaben und Dienste. Wo sich eine freie 
Bauernschaft erhielt, stand das Eigentum an den 
kleinen Wasserläufen in der Regel den Anstößern 
zu oder sie befanden sich in der Nutzung der Ge- 
meinden. Der Rechtszustand war sehr vielgestaltig; 
überall aber stand der privatrechtliche Gesichts- 
punkt im Vordergrund. Im Lauf des 19. Jahrh. 
wurde die Regalität der Gewässer aufgegeben und 
die grundherrlichen Rechte wurden aufgehoben 
oder abgelöst. Bei der Neuordnung kamen die 
öffentlichrechtlichen und gemeinwirtschaftlichen Ge- 
sichtspunkte entschiedener zur Geltung. 
2. Das heutige Wasserrecht in Deutschland 
beruht auf der Gesetzgebung der Einzelstaaten 
(Art. 65, 66 Einf. Ges. zum B. G. B.). Für die 
öffentlich-rechtliche Seite schlagen aus der Reichs- 
gesetzgebung ein Art. 4 Ziffer 8 und 9 und 
Art. 54 der Reichsverfassung, wozu jetzt der dem 
Reichstag unterm 21. Okt. 1910 vorgelegte Ge- 
setzentwurf über den Ausbau der Wasserstraßen 
und die Schiffahrtsabgaben in Betracht kommt. 
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrh. hat sich 
die Gesetzgebung nur in der Erlassung von Spezial- 
gesetzen über einzelne Seiten des Wasserrechts be- 
tätigt. In den letzten Jahrzehnten ist aber dieses 
fast überall zu umfassenden Wassergesetzen ver- 
einigt worden. In Preußen fehlt es jedoch noch 
an einem solchen Gesetz; amtliche Entwürfe dazu, 
die 1893 und 1906 veröffentlicht wurden, haben 
zu einer Vorlage an den Landtag noch nicht ge- 
führt. In dem Staatsgebiet, wie es bis 1866 
bestand, gelten neben den wasserrechtlichen Be- 
stimmungen des Preußischen Allgemeinen Land- 
rechts von 1794 (östliche Provinzen), des Code 
civil (ehemals französische Gebietsteile im Westen) 
und des gemeinen Rechts (Neuvorpommern und 
Rügen, ostrheinischer Teil des Regierungsbezirks 
Koblenz, Hohenzollern) hauptsächlich die Gesetze 
vom 15. Nov. 1811 über Wasserstau bei Mühlen 
und Vorflut, vom 28. Febr. 1843 über die Be- 
nutzung der Privatflüsse, vom 23. Jan. 1846 über 
das Aufgebots= und Präklusivverfahren bei Ent- 
wässerungsanlagen, vom 28. Jan. 1848 über das 
Deichwesen und vom 11. Mai 1853 über die 
Ausdehnung des Gesetzes vom 28. Febr. 1843 
auf die Hohenzollernschen Lande usw. Dazu kom- 
men zahlreiche weitere Vorschriften von sachlich 
oder örtlich beschränkter Bedeutung. In den 
1866 mit Preußen vereinigten schleswig-holstei- 
nischen, hannoverschen, kurhessischen, nassaui- 
Wasserrecht. 
  
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schen und bayrischen Landesteilen gelten die 
alten landesrechtlichen Bestimmungen, soweit 
sie nicht inzwischen geändert worden sind. Nach 
1866 ergingen die Gesetze vom 1. April 1879 
über die Wassergenossenschaften, vom 20. Aug. 
1883 über die Befugnisse der Strombauverwal- 
tung, vom 1. April 1905 über Kanalbauten, vom 
16. Aug. 1905 über Hochwasserschutz und vom 
14. Mai 1908 über Schutz der Heilquellen. Der 
§* 300 des Entwurfs eines preußischen Wasser- 
gesetzes von 1906 zählt nicht weniger als 72 
wasserrechtliche Gesetze und Verordnungen auf, 
die durch das neue Gesetz ersetzt werden sollen. — 
In Bayern sind die drei Wassergesetze vom 
28. Mai 1852 über Wasserbenutzung, Be= und 
Entwässerungsanlagen und Wasserschutz durch das 
zusammenfassende Wassergesetz vom 23. März 
1907 ersetzt worden. — In Sachsen ist nach 
langen Kämpfen das Wassergesetz vom 12. März 
1909 zustande gekommen, das jedoch nur ver- 
waltungsrechtliche Bestimmungen enthält. Da- 
neben gelten einige alte Edikte. — Das würt- 
tembergische Wassergesetz vom 1. Dez. 1900 
regelt außer den allgemeinen Rechtsverhältnissen 
der Gewässer nur die Wasserbenutzung. Ein am 
25. Jan. 1898 dem Landtag vorgelegter Ent- 
wurf eines Flußbaugesetzes blieb unerledigt. — 
In Baden ist an die Stelle des Badischen Land- 
rechts (Code civil) und eines Wassergesetzes von 
1876 das neuere Gesetz vom 26. Juni 1899 ge- 
treten, mit einer Anderung vom 18. Okt. 1906 
und provisorischen Ergänzungen von 1908 und 
1910. Umfassendere Novellen, die 1908 und 
1910 dem Landtag vorgelegt wurden, kamen nicht 
zur Verabschiedung. — Für Hessen gelten das 
Flußgesetz vom 14. Juni 1887 mit Anderungen 
durch Art. 281 Ausf.Ges. zum B. G. B. vom 
17. Juli 1899, und das Bachgesetz vom 30. Juli 
1887 mit Anderungen durch Art. 282 Ausf.Ges. 
zum B.G.B. (neue Bekanntmachung vom 30. Sept. 
1899) und ergänzt durch das Gesetz vom 15. Juli 
1908 über die Quellen; ferner das Gesetz vom 
15. Juli 1896 über den Schutz der Heilquellen 
im Zusammenhang mit dem Berggesetz von 1899 
(Rgbl. S. 801). Der Code civil ist durch 
Art. 286 Ausf.Ges. zum B.G.B. aufgehoben. — 
In Elsaß-Lothringen ist die privatrechtliche 
Seite des Wasserrechts geregelt durch die 88 44/61 
Ausf. Ges. zum B.G.B. vom 17. April 1899, 
welche an die Stelle der einschlägigen Artikel des 
Code civil getreten sind. Sodann kommen in 
Betracht das Gesetz vom 2. Juli 1891 über 
Wasserbenutzung und Wasserschutz; das französische 
Gesetz vom 21. Juni 1865 über die Syndikats- 
genossenschaften und die Gesetze vom 11. Mai 
1877. 14. April 1884 und 30. Juli 1890 über 
Genossenschaften für Be= und Entwässerungen, 
sowie das französische Gesetz vom 14. Juli 1856 
über die Mineralquellen. — In den kleineren 
Staaten, mit Ausnahme von Anhalt, Reuß d. L., 
Schaumburg-Lippe und Hamburg, sind gleich-
	        
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