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tigte, die dauernd nur gering arbeitsfähig sind,
den Grundlohn niedriger als den Ortslohn fest-
setzen. Die oberste Verwaltungsbehörde darf für
arbeitsunfähig Erkrankte die Einführung einer
erweiterten Krankenpflege, nämlich Kur und Ver-
pflegung in einer Kranken= oder Heilanstalt, ge-
statten. Wird Krankenhauspflege vom Erkrankten
abgelehnt, wo es seiner Zustimmung bedarf, so
hat er nur auf Krankenpflege, und wenn er An-
gehörige zu unterhalten hat, auf das halbe Kran-
kengeld Anspruch. Bei Dienstboten, für deren
Befreiung von der Versicherungepflicht dieselben
Grundsätze gelten wie für landwirtschaftliche Ar-
beiten, kann das während der Krankheit gezahlte
Krankengeld auf den Lohn angerechnet werden.
Auf Antrag des Dienstberechtigten oder des Ver-
sicherten ist von der Unterbringung in eine Heil-
anstalt abzusehen, wenn sie nach ärztlichem Gut-
achten nicht notwendig ist. Erweiterte Kranken-
pflege ist auch ohne Satzungsbestimmung bei
ansteckender Krankheit und erheblicher Belästigung
des Dienstberechtigten zu gewähren. Werden
Dienstboten auch im Betrieb beschäftigt, so ist
diese Beschäftigung für die Versicherung maß-
gebend. Die Landesregierung kann bestimmen,
daß Dienstboten versicherungsfrei sind, wenn für
sie landesrechtlich gleichwertige Fürsorge binnen
6 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ge-
währt wird. Unständig, d. h. nach der Natur
der Sache oder dem Arbeitsvertrag weniger als
eine Woche Beschäftigte sind, sofern sie der Bun-
desrat nicht für versicherungsfrei erklärt, je nach
der Beschaftigung bei der allgemeinen Orts= oder
Landkrankenkasse zu versichern. Sie bleiben auch
während vorübergehender Nichtbeschäftigung ver-
sichert. Die Anmeldung zur Kasse ist amtlich zu
überwachen. Die Mitgliedschaft beginnt mit der
Eintragung in das Mitgliederverzeichnis der Kasse.
Der Pflichtige soll sich selbst zur Eintragung mel-
den. Löschung erfolgt, wenn Mitgliedschaft bei
einer andern Kasse erworben oder die unständige
Beschäftigung nicht vorübergehend aufgegeben
wird. Beiträge und Leistungen richten sich nach
dem Ortslohn. Am Schluß jedes Vierteljahrs
zahlt der Gemeindeverband der Kasse den Gesamt-
betrag der Beiträge der Arbeitgeber, den er auf
die Beleiligten oder alle Einwohner des Bezirks
umlegen kann. Die unständig Beschäftigten können
von der Beitrogsleistung befreit werden, sie er-
halten dann und bei Nichtzahlung ihrer Bei-
träge nur Krankenpflege und höchstens 30 M
Sterbegeld. — Der Arbeitgeber hat die im
Wandergewerbe Beschäftigten bei der Land-
krankenkasse des Orts anzumelden, bei dessen Po-
lizeibehörde er den Schein beantragt. Die Bei-
träge hat er für die Dauer des Gewerbescheins
vorauszubezahlen. Die Versicherten erhalten die
Regelleistungen der Krankenkassen. — Die Haus-
gewerbetreibenden und ihre hausgewerb-
lich Beschäftigten werden bei der Landkrankenkasse
ihrer Betriebsstätte versichert. Der Bundesrat
Sozialversicherung.
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kann bestimmen, daß solche Gewerbetreibende mit
mindestens 2500 M Einkommen für ihre Person
auf Antrag befreit werden. Die Anmeldung der
Hausgewerbetreibenden ist im wesentlichen ebenso
geregelt wie bei den unständig Beschäftigten.
Die Mittel für die Versicherung werden durch
Zuschüsse der Auftraggeber und Beiträge der
Hausgewerbetreibenden und ihrer hausgewerblich
Beschäftigten aufgebracht. Die nach dem Ent-
gelt der Hausgewerbetreibenden zu berechnenden
Zuschüsse der Auftraggeber setzt der Bundesrat
immer auf 4 Jahre fsest. Der Wert der gelie-
ferten Roh= und Hilfsstoffe, den das Versiche-
rungsamt festsetzt, kann bei Berechnung des
Entgelts abgesetzt werden. Bis zum 31. Dez.
1914 werden die Zuschüsse der Auftraggeber auf
2% des Entgelts festgesetzt. Der Auftraggeber
reicht der Landkrankenkasse monatlich die Liste
seiner Hausgewerbetreibenden ein und zahlt die
Zuschüsse. Die Beiträge, welche die Hausgewerbe-
treibenden für sich und ihre hausgewerblich Be-
schäftigten zu zahlen haben, sowie die Kassen-
leistungen für diese Personen setzt die Satzung
sest. Als Grundlohn dient der Ortslohn. Zwi-
schen personen (Ausgeber usw.) gelten als Auftrag-
geber. — Ohne Entgelt beschäftigte Lehrlinge
erhalten kein Krankengeld. Die Beiträge sind ent-
sprechend mäßiger. — Die knappschaftlichen
Krankenkassen haben mindestens die Regel-
leistungen der Ortskrankenkassen zu leisten. Das
Krankengeld ist längstens halbmonatlich zu zahlen.
Die Vertreter der Versicherten in der knappschaft-
lichen Organisation müssen in geheimer Wahl
gewählt werden. Die landesgesetzlichen Vorschrif-
ten bleiben in Kraft, soweit die Reichsversiche-
rungsordnung nicht entgegensteht. Versiche-
rungsvereine auf Gegenseitigkeit,
welchen als eingeschriebenen Hilfskassen vor dem
1. April 1909 eine Bescheinigung nach § 75 a des
Krankenversicherungsgesetzes erteilt ist, können als
Ersatzkassen zugelassen werden, wenn sie
dauernd mehr als 1000 Mitglieder haben und
ihre Satzungen dem Gesetz genügen. Die oberste
Verwaltungsbehörde kann auf Antrag die Min-
destzahl auf 250 herabsetzen. Der Beitritt Ver-
sicherungspflichtiger darf von der Beteiligung an
andern Gesellschaften oder Vereinigungen nur ab-
hängig gemacht werden, wenn die Satzung eine
solche Beteiligung schon bei Errichtung des Ver-
eins vorgesehen hat. Die Mitglieder dürfen nicht
zu Handlungen oder Unterlassungen verpflichtet
werden, die den Zweck des Vereins nicht berühren.
Versicherungspflichtigen, die zu den Personen ge-
hören, für die der Verein bestimmt ist, darf der Bei-
tritt nicht versagt werden. Erkrankte dürfen zurück-
gewiesen werden. Es müssen dem Beitretenden min-
destens die Regelleistungen seiner Kasse nach ihrem
Grundlohn gewährt werden. Die Vereinsmittel
dürsen nur nach Maßgabe dieses und des Hilfs-
kossengesetzes verwendet werden. Aus Alters= oder
Gesundheitsrücksichten dürfen Mitglieder nach dem