„Sie lädt auch die kaiserlich-deutsche Regierung ein, praktisch mitzuarbeiten
in dieser Zeit, in der Zusammenarbeit am meisten vollbringen kann.“
Die Freiheit der Meere durfte nicht, wie bisher, nur nebenbei erwähnt,
sondern sollte als ein wesentliches deutsches Kriegsziel aufgestellt werden.
Damit hätten wir den Rechtsgedanken in unseren nationalen Willen auf—
genommen. Die Feinde schwangen die Fackel der Weltbeglückung gegen
uns. Ihr Schein log, aber er blendete. Wir wehrten uns mit immer
erneuten Erklärungen: wir hätten ein Recht auf Existenz und Entwick-
lung. Mir wurde damals deutlich, daß der Kampf ums Dasein, als
einziger Antrieb der Nation, große menschliche Kraftquellen unerschlossen
läßt. Auf die Dauer würde unser Volk sich des schleichenden Minder-
wertigkeitgefühls nicht erwehren können, wenn wir nicht über den natio-
nalen Egoismus hinausgriffen und Kriegsziele proklamierten, die auch dem
Interesse der Menschheit dienten. Die Freiheit der Meere schien ein ver-
heißungsvoller Schritt auf dem rechten Wege. Ich stellte mir die Frage:
können wir noch jetzt den U. Bootkrieg in den Dienst dieses großen Zieles
stellen und ihn dadurch von dem gesechlosen und unmenschlichen Charakter
befreien, den er vor der Welt trägt?
Ich hörte, daß der General Ludendorff nach dem Bruch mit Amerika
für den HPlan gewonnen werden sollte, noch nachträglich den U-Bootkrieg
zu befristen. Er habe abgelehnt: er würde diesen Weg gehen, wenn er
Vertrauen zu den Diplomaten hätte.
Die Begründung war wohl merkwürdig, aber vom politischen Stand-
punkt aus war es richtig, jecht nichts in der vorgeschlagenen Richtung zu
unternehmen. Die Völker sahen wie gebannt auf den deutsch-englischen
Zweikampf, der mit dem Bewußtsein höchster Not auf beiden Seiten aus-
gefochten wurde, und der ja, wie es hieß, am 1. Juli entschieden sein sollte.
Bis dahin war die Welt nicht aufnahmefähig für politische Aktionen.
Ich habe auch später keinen Anlaß mehr genommen, eine neue Begrün-
dung des U-Bootkrieges anzuregen. Mir schien selbst in Amerika angesichts
der Kriegsnotwendigkeiten die völkerrechtliche Stellung der Nichtkombattan-
ten nur noch akademische Bedeutung zu haben. Allerdings bin ich heute rück-
blickend der Meinung, daß wir vor dem eigenen Volke durch eine Befristung
des U. Bootkrieges seine Rechtsgrundlagen hätten klären sollen — gerade,
als die Zweifel an seiner Wirksamkeit sich mehrten. Daß es nicht geschah,
war eine AUnterlassungssünde. Sie war die Arsache, daß die Entlarvung der
Gegner und ihres Hungerkrieges vollständig erst im Waffenstillstand gelang.
Die Aufrechterhaltung, ja die Verschärfung der Blockade zu einer Zeit,
da nicht nur der deutsche U.Bootkrieg, sondern der ganze deutsche Krieg
eingestellt war, gehört zu den großen Schandtaten des Jahrhunderts.
Prinz Max von Baden 7 07