Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Herr v. Hintze war keineswegs ein Alldeutscher, wie unsere Linkspresse 
und die Feinde sagten, aber er war durchaus ein Vertreter des „vieux 
jeu“, der die öffentliche Meinung nicht ernst genug nahm. Zur Beendigung 
des Krieges sah er nur den Weg der Fühler. Damit war auch seine 
Amtszeit zu unfruchtbaren Tastversuchen verurteilt. 
Bei Hertlings Ernennung hatte ich noch Erleichterung empfunden, daß 
der Kelch an mir vorüberging. Heute sah ich selbst die einzige Rettung nur 
darin, daß ein Vertreter unseres Drogramms maßgebenden Einfluß ge- 
wänne, und ich traute mir zu, den Reichskanzler, General Ludendorff, ins- 
besondere aber auch den Kaiser für eine Politik zu gewinnen, die ent- 
gegen der erregten öffentlichen Meinung die Verständigung suchte, ehe wir 
erschöpft waren. Ich war davon überzeugt, daß der Kaiser für die pspcho- 
logische Methode grundsätzliches Verständnis hatte, und das wurde mir 
Mitte Juli bestätigt. 
Am 28. Juni hatte ich ihm Vorschläge zur Niederkämpfung der feind- 
lichen Greuelpropaganda unterbreitet, unter anderem die folgenden Ein- 
richtungen zu schaffen angeregt: 
1. Die Gefangenenabteilung des Kriegsministeriums muß einen Spre- 
cher von internationalem Ruf zur Verfügung haben, der, ähnlich 
wie Lord Newton, sich jederzeit die Gelegenheit schaffen kann, sei 
es im Parlament oder bei einer anderen öffentlichen Gelegenheit 
oder in einem Interview, so zu sprechen, daß das feindliche Aus- 
land hinhören muß. 
2. Die Anklagen des Sprechers für das Kriegsministerium müssen 
eine dokumentarische Erhärtung und detaillierte Ausführung er- 
halten durch einen Greuelbericht, den nicht, wie bisher, unsere amt- 
lichen Stellen herausgeben, sondern für den berühmte deutsche 
Rechtslehrer und Philanthropen verantwortlich zeichnen. 
3Z. Eine Gefangenenkommission, bestehend aus Männern von inter- 
nationalem Ansehen (Theologen, andere Gelehrte usw.) sollte ge- 
gründet werden. Die Mitglieder würden das Recht haben, selbst 
und durch von ihnen bezeichnete Vertrauensleute, alle deutschen 
Gefangenenlager unerwartet und auch periodisch besuchen zu können. 
Die deutschen Behörden müßten sie in die Lage versetzen, aus Eng- 
land erbetene Auskunft unter der Bürgschaft der Wahrheit er- 
teilen zu können 
4. Eine öffentliche Außerung von leitender Stelle, vielleicht unter 
Berufung auf ein Kaiserwort, sollte es deutlich machen, daß eine 
1 Leiter des englischen Gefangenenministeriums. 
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