Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

ich hoffentlich imstande sein, den Kaiser zu retten. Welche Ironie des 
Schicksals. 
„Eingekeilt zwischen erbarmungslosen Feinden im Westen und der Pest 
der Bolschewiki im Osten ist die letzte Rettung möglicherweise noch Wilsons 
Wunsch, eine Rolle zu spielen, und seine Weltbeglückungstheorie. Jeder 
Tag aber kann die Katastrophe an der Front bringen. So sind wir ge— 
zwungen, die harten Bedingungen Wilsons anzunehmen, wollen wir nicht 
die letzte Blüte deutscher Mannheit und unsere Zukunftshoffnungen auf 
dem Schlachtfeld nutzlos verbluten sehen. Deutschland kämpft heute nicht 
mehr für seinen Kaiser noch für Elsaß--Lothringen, wenn es den Frieden 
haben kann ohne beide. 
„Für Baden bleibt nur das eine übrig: daß die Krone sich fest auf das 
Volk stützt. Unsere guten Institutionen haben sich bewährt. Aber in dem 
großen Zusammenbruch, der jetzt im Gang ist und reißende Fortschritte 
machen wird wird auch in Baden eine schwere Belastungsprobe für 
die Krone kommen. Der alte Autoritätsglaube ist dahin. Nicht ohne Grund 
habe ich Dich zweimal aufgefordert, als deutscher Bundesfürst dem Kaiser 
beizuspringen.1 Denn wer Deutschland rettete — das hatte ich schon lange 
erkannt —, hatte die Zukunft in Händen. Drum habe ich mich endlich selbst 
zum Opfer gebracht als einziger deutscher Fürst, der das noch zu tun ver- 
mochte, da Rupprecht von Bayern, der einzige andere, der die Gefahr 
hell erkannte, militärisch gebunden war. Nun steht aber auch über meinem 
Opfer das Wort: „Zu spät“, da unser militärisches Rückgrat schon ge- 
brochen ist. Vielleicht vermag ich einen Frieden zu erwirken, der uns das 
Leben noch läßt und eine Hoffnung auf Zukunft. Das ist aber das Außerste, 
das ein Mensch beute noch zu leisten vermag. Ich bedaure mein Opfer 
keineswegs, selbst wenn ich darüber zugrunde gehen sollte. Einer der Unseren 
mußte es bringen, um des Reiches, des Kaisers und der Monarchie willen. 
Ich besitze Mut und Klarheit genug, um das an dieser Stelle zu leisten, 
was mir auf dem Schlachtfeld zu tun verwehrt war. Für diese Aufgabe 
bin ich von der Vorsehung aufbewahrt worden 
Aber ich bin in einer seelischen Verfassung und inneren Gespanntheit, 
die weit über diese Dinge hinausreicht, und mein eigenes Ich mit allem, 
was ihm an Liebe und Glück anhängt, ist völlig versunken. Ich sehe nur 
das eine Ziel vor mir: Rettung Deutschlands, und kenne nur den einen 
Glauben: den, der mich zu diesem Ziel trägt. Selbst, wenn der Zu- 
1 Ich hatte den Großherzog gebeten, seinen Einfluß als Bundesfürst geltend zu 
machen, daß die militärische Offensive nicht gemacht werde, ohne vorher eine politische 
Offensive zu versuchen. Während der Drucklegung erfahre ich, daß der deutsche Kron- 
prinz mit einem ähnlichen Vorschlag an die Oberste Heeresleitung herangetreten ist. 
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