Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

Durch einen unbedingt zuverlässigen Neutralen erfährt man von einem 
bedeutsamen Nachspiel zu dieser Rede: 
Grey geht am Schluß der Sitzung auf MacDonald zu und sagt: „IJ 
heard you with pleasure; . . . I only answered Ponsonby and not 
vou. I did not answer you, because I agree with you.““½ 
Darauf macht ihn Ramsay Machdonald auf einen Zwischenruf auf.- 
merksam, der seine Rede unterbrochen und die Bereitwilligkeit Deutsch- 
lands, Belgien freizugeben, in Frage gestellt habe. Grey erwidert, er 
sei auf Grund bestimmter Informationen überzeugt: der Kanzler denke nicht 
daran, Belgien freizugeben. 
Das Auswärtige Amt erhält sofort Kenntnis von diesen Vorgängen. 
Die Zentralstelle vertritt die Auffassung, Mac Donald solle in die Lage ver- 
setzt werden, Grey zu widerlegen. Das könne nur geschehen, wenn Deutsch- 
land ihm ein öffentliches Beweismittel, d. h. die Erklärung über Belgien 
zur Verfügung stelle. Allerdings heiße es blitzschnell handeln. Man weiß 
von der gewaltigen Offensive der Engländer, die bevorsteht. Voraussicht. 
lich werden monatelang die Kriegshandlungen die öffentliche Aufmerksam- 
keit absorbieren, und dann müssen politische Aktionen fruchtlos verpuffen. 
Das Auswärtige Amt gab der Anregung keine Folge. 
Die Kraftprobe zwischen Lloyd George und Grey bereitet 
sich vor. 
Solange die Somme und die Brussilow-Offensive dauern und die 
nach Rumäniens Eintritt in den Krieg neu emporgeschnellten Sieges- 
hoffnungen jeden Kompromißgedanken zurückstoßen, üben die Pazifisten 
eine natürliche Zurückhaltung. Aber versteckte Andeutungen tauchen wieder- 
holt auf, die auf Interventionsabsichten Amerikas und ihre Begünstigung 
durch Grey hinweisen. In der Tat sind Wilsons Kundgebungen deutlich 
in den Wortschatz des englischen Liberalismus getaucht. Die Zentralstelle 
erhält bestätigende Kenntnis von nahen Verbindungen, die sich zwischen 
dem liberalen „Komitee für auswärtige Angelegenheiten“ und Oberst 
House angeknüpft haben. Der Gedanke der Friedensliga, mit Amerika 
als Garantiemacht, war schon vor Monaten hier und da schüchtern aus- 
gesprochen worden und steht fest umrissen im Mittelpunkt einer Erörterung, 
die scheinbar nur akademischen Charakter trägt, aber zuweilen unversehens 
in das Argument mündet: wenn die Friedensliga Wirklichkeit wird und 
Deutschland sich die von ihm wie von allen anderen Großmächten gefor- 
derten Beschränkungen auferlegt, dann braucht sich England auch durch 
1 „Ich habe Sie mit Vergnügen angehört .. Ich habe nur Ponsonby geant- 
wortet und nicht Ihnen, weil ich mit Ihnen übereinstimme.“ 
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