„Seine Majestät beauftragte darauf Exzellenz v. Hintze, die
Generale v. Plessen und Marschall und mich, die Erklärung auf-
zusetzen. Während wir damit beschäftigt waren, klingelte der
Chef der Reichskanzlei, Exzellenz Wahnschaffe, an, den ich
persönlich sprach und ihm auf seine Forderung, daß sie die
Abdankungserklärung in den nächsten Minuten in Berlin haben
mübßten, erwiderte: Eine so wichtige Entschlielung wie die Ab-
dankung des Kaisers könnte nicht in wenigen Minuten gefalt
werden. Seine Majestät hätte seinen Entschluß gefaßt, er würde
schriftlich im Augenblick formuliert, und die Reichsregierung
müsse sich gedulden, bis diese Erklärung in einer halben Stunde
in ihren Händen sein würde.“
Ich halte es heute für sicher, daß diese Mitteilung identisch mit
der Meldung ist, die in der Reichskanzlei folgendermaßen auf-
genommen wurde:
Der Kaiser habe sich zur Abdankung entschlossen: wir
würden in einer halben Stunde die Formulierung erhalten.
Selbst wenn die Telephonmeldung genau den Wortlaut gehabt
hat, den Graf Schulenburg angibt, so konnte die Reichsregierung
sie nicht anders verstehen, als dahin, daß der Kaiser den Ent-
schluß zur vorbehaltlosen Abdankung gefaBt hatte und nur die
Form noch gesucht wurde.
Die Möglichkeit einer Sinnesänderung konnte von mir nicht
in Betracht gezogen werden: waren mir doch die beiden ent-
scheidenden Tatsachen bekannt, die als Grundlage für die Ent-
schlüsse des Kaisers anzusehen waren:
das Gutachten der Obersten Heeresleitung über die Haltung
der Armee,
die Berichte über die Machtverhältnisse in Berlin.
Ich wiederhole: Von einer A4bdankung nur als Kaiser und
nicht als König von Preußen war in den Telephongesprächen vom
9. November bis 2 Uhr nachmittags mit keiner Silbe die
Rede gewesen. Die ursprüngliche Absicht des Kaisers, den
Kanzler sofort über die neue Wendung zu orientieren, war ja
aufgegeben worden. Von politischer Seite aus aber konnte
niemand von selbst auf dieses Kompromihß verfallen, das
staatsrechtlich ebenso unhaltbar, wie politisch unsinnig war.
Die Abdankung als Kaiser und nicht als König von Preußen war
unvereinbar mit der Verfassung. Wir konnten unmöglich unter
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