Full text: Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente.

der in Aussicht gestellten Formulierung uns etwas vorstellen, 
was auf eine Zertrümmerung der Reichsverfassung hinauslief. 
Gegen diese Ausführungen wandte sich in der „Kreuzzeitung“ 
vom 18. Mai 1927 eine anonyme EZuschrift. Sie stammte, wie die 
Redaktion hinzufügte, „von einer sehr gut unterrichteten Seite“. 
1. In der Diskussion über die Abdankung am 9. November 
1918 in Spa erklärte General Graf von der Schulenburg etwa 
11 Uhr vormittags, daB hier vom König von Preubßen überhaupt 
nicht die Rede sein könne, da der Reichskanzler Prinz Max von 
Baden nicht preubischer Ministerpräsident sei und der König 
diese Frage lediglich mit seinen preußischen Ministern und 
preußischen Kammern abzumachen habe. 
2. Die amtliche telephonische Verbindung zwischen dem Kaiser 
und Kanzler lag in Spa in den Händen der Herren v. Hintze 
und v. Grünau. 
3. Niemand hat verhindert, daß diese Herren den Kanzler 
sofort über die Stellungnahme des Kaisers zu der von Graf 
Schulenburg aufgeworfenen Frage unterrichteten. 
4. Seine Majestät der Kaiser hat in den Vormittagsstunden 
bezüglich der Abdankung einen Entschluß nicht gefaßt. Die 
Entschlieung des Kaisers ist erst 1 Uhr 15 nachmittags erfolgt. 
5. Der Reichskanzler Prinz Max von Baden hat die Abdan- 
kung des Kaisers und den Thronverzicht des Kronprinzen etwa 
12 Uhr mittags und jedenfalls vor der vom Kaiser gefahßten 
Entschliehung zur Veröffentlichung herausgegeben. 
6. Das Telephonat zwischen Exzellenz Wahnschaffe und Ge- 
neral Graf Schulenburg hat um 1 Uhr 35 nachmittags statt- 
gefunden. Diesem Gespräch folgte schon nach 15 Minuten die 
amtliche Erklärung des Kaisers, die Exzellenz v. Hintze tele- 
phonisch an Exzellenz Wahnschaffe übermittelte. 
7. Das vorstehende Schulenburgische Telephonat kann schon 
aus dem Grunde den Reichskanzler Prinz Max von Baden in 
seinen Entschließ ungen nicht irreführend beeinflußt haben, weil 
der amtliche Entschlu· des Kanzlers in der Abdankungserklärung 
festgelegt war, die er 1 ½ Stunden vor dem Schulenburgischen 
Telephonat zur öffentlichen Bekanntgabe herausgegeben hatte.“ 
Ich sandte der „Kreuzzeitung“ die folgende Erwiderung (ab- 
gedruckt am 11. August 1927): 
„Auf Grund von erneuten Nachprüfungen wiederhole ich die 
folgenden Feststellungen: 
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