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der Bevollmächtigte sich an den Verhandlungen und Beschluß—
fassungen beteiligen. Dasselbe wird beim Bundesrate anzu—
nehmen sein.
Falls ein Bevollmächtigter wegen mangelhafter Legitimation
zurückgewiesen wird, so hat weder er selbst noch sein Vollmacht—
geber ein formelles Einspruchsrecht hiergegen.
Von der Gültigkeit der Vollmacht einerseits, sowie der
Beobachtung der unten zu erörternden Abstimmungsnormen
ist die Wirksamkeit der Abstimmung abhängig, wodurch der
Bundesrat zur Prüfung des Vorhandenseins dieser Voraus—
setzungen angehalten wird. 57)
3. Die Vertreter der Einzelstaaten im Bundesrate kann
man nicht Gesandte in dem Sinne von diplomatischen Per-
sonlichkeiten 53) nennen, wie die Abgesandten auf dem Bundes-
tag in Frankfurt, 59) da keine völkerrechtlichen Beziehungen
zwischen dem Reich und den Einzelstaaten bestehen können.o)
Der Vergleich mit Gesandten im völkerrechtlichen Sinne
liegt allerdings sehr nahe, da die Bundesratsmitglieder ihrer
äußeren Erscheinung nach gleichsam beim Reich akkreditierte
Gesandte ihrer Absendestaaten sind, besonders aber auch des-
halb, weil sie durch die Gesetzgebung eine Reihe von Privilegien
erhalten haben, die entsprechend der parlamentarischen Immu-
nität 61) die ungehinderte und unabhängige Tätigkeit des Bundes-
rates gewährleisten sollen, die aber die bezeichnete Ahnlichkeit
noch mehr hervortreten lassen.
So ist vor allem hier Art. 10 Reichsverfass. anzuführen,
der dahin lautet: „Dem Kaiser liegt es ob, den Mitgliedern
57) Bis 1880 wurden die Namen der Bundesratsmitglieder im Reichs-
gesetzblatt verkündet. Ein nichtamtliches Verzeichnis befand sich von 1872
bis 1890 im Deutschen Reichsanzeiger, von 1874 bis zur Gegenwart im
Handbuch für das Deutsche Reich.
58) So Meyer, Lehrb., § 126, S. 438.
59) Die Bundesratsmitglieder werden auch in der Verfassung nirgend-
wo als Gesandte bezeichnet, was doch geschichtlich sehr nahe gelegen hätte.
60) Vgl. Westerkamp, S. 103; Vogels, S. 45 f.; Zorn, Staatsr. 1,
S. 166 f.; Arndt, Staatsr., S. 8, 88 f.; Dambitsch, S. 198, 265; v. Martitz,
S. 43: „Der Bundesrat ist kein diplomatischer Körper.“ A. A. und nach
seiner Theorie folgerichtig Seydel, Komm., S. 124 f., 153, Jahrb. III, S. 280.
61) Perels, Stellv. Bevollm., S. 271 f.