Full text: Sachsen in großer Zeit. Band I. (1)

54 
Hager befahl entschlossen den letzten Sprung bis in die 
feindliche Stellung hinein. Mit Hurra ging es drauf. 
Hinter dem Strohhaufen zog ein zur Verbindung einge- 
richteter Straßengraben. Es wimmelte darin von Feinden. 
Aber die Franzosen erhoben eingeschüchtert die Hände, be- 
reit, sich zu ergeben. Eine stattliche Zahl jedoch weiter rechts 
im Graben machten Miene auszureißen. Hager und Schäd- 
lich schossen mitten unter 
sie, und der Feldwebel 
mit einem Mann sprang 
auf diese Seite in den 
Straßengraben, die 
Feinde sämtlich zu ent- 
waffnen. Unteroffizier 
Hager nahm den vor 
ihm liegenden Franzo- 
sen die Waffen ab. 
Mötzlich rief und 
winkte Feldwebel Bach- 
mann. Hager wollte 
berbeistürzen. Da warf 
ihn ein Schuß zu Boden. 
Hier lag er bis Mittag, 
der Feldwebel und die 
Kameraden hatten ge- 
nug mit den Gefange- 
nen zu tun und konnten 
  
Galopp; aus den einzelnen Gehöften schossen immer noch 
zurückgebliebene Russen auf uns. 
Mit jubelndem Hurra wurden wir von der Bevölkerung 
empfangen — als ihre Befreier! Das war ein herrliches 
Gefühl, die Freudc dieser armen Menschen zu sehen, 
die so viel gelitten hatten und nun endlich befreit auf- 
atmen konnten. 
Die Russen hatten böse gehaust — 
alles war geraubt, 
demoliert und zer- 
schlagen. Doch weiter 
ging es, immer im 
Galopp, galt es doch, 
die Bagage zu fangen. 
Außerhalb der Stadt 
teilte sich das Regiment: 
ein kleiner Teilverfolgte 
weiter nach Westen, der 
größere nach Norden 
(ich war dabei). Nach 
etwa drei Kilometern 
wurden wir von vorn 
stark beschossen, so daß 
das Regiment absaß 
und zum Gefecht zu 
Juß vorging. Nach et- 
wa ciner halben Stunde 
ging der Feind zurück, 
  
sich seiner nicht an- 
nehmen. Es hockten 
sogar in seiner Nähe 
noch eine Anzahl Franzosen im Graben, die der Gefreite 
Meißner nach und nach entwaffnete. Als ein mörderisches 
Artilleriefeuer einsetzte, erhielt Hager noch einen Schrap- 
nellschuß durch den linken Unterschenkel, der die Sehne 
verletzte. Nun mußten alle Gefangenen außerhalb des 
Grabens zum Abtransport antreten. Eine stattliche An- 
zahl. Endlich abends gegen ½90 Uhr konnte man den ver- 
wundeten Unteroffizier nach dem Verbandplatz bringen. 
Schwer krank — ein Lungenleiden gesellte sich hinzu — 
at der tapfere Unteroffizier dann einen langen Schmer- 
zensweg durch Lazarette und Badecorte zurückgelegt, 
an zwei Stäcken hinkend, bis er im Oktober 1015, als 
seld= und garni: 
Sächsische Pioniere bereiten eine Brückensprengung vor 
es warschon stockfinstere 
Nacht. Verluste an 
Toten hatten wir nicht, 
nur Oberleutnant von Wiedebach wurde schwer am 
Oberarm verwundet. 
Es wurde beschlossen, die Verfolgung aufzugeben, da 
es zu dunkel war und man zu leicht in einen Hinterhalt 
gelangen konnte. Die Situation schien schon sowieso recht 
brenzlich zu sein, denn unsere Meldereiter, die nach 
Goldap reiten sollten, konnten nicht durchkommen, da sie 
andauernd angeschossen wurden. Unter den größten Vor- 
sichtsmaßregeln gingen wir zurück und gelangten endlich 
glücklich nach Goldap. Dort trafen wir die kleine Ab- 
teilung wieder. Auch sie hatte die Verfolgung lange 
fortgesetzt und die Bagage endlich erreicht; beinahe 
ohne Kampf 
  
sondienstunfähig 
entlassen, sein 
Lehramt in Lau- 
ter wieder auf- 
nahm. 
Gardereiter 
vor Goldap 
— — — Am 
10. September 
1914, spät am 
Nachmittag, er- 
  
wurde sie ge- 
nommen. Nun 
ritten wir alle 
hin, um die 
Pferde und 
Wagen der Ba- 
gage zu holen; 
auch 40 bis 50 
Gefangene wa- 
ren dabei. Erst 
um zwei Uhr 
nachts kamen wir 
mit der Beute 
nach Goldap zu- 
rück; waren schon 
  
hielt unser Regi- 
ment den Be- 
fehl, die Stadt Goldap noch unbedingt zu erreichen 
und zu nehmen und die große feindliche Bagage dort 
wegzufangen. Als wir in das davorliegende Dorf 
Kosaken lamen, wurden wir schon von allen Seiten 
angeschossen, fümmerten uns aber nicht darum, son- 
dern das Regiment galoppierte geschlossen weiter. Als 
wir auf die Höhe von der Stadt kamen, sahen wir 
weit vor uns die Russen auskneifen scho nam an: 
dern Ende der Stadt. Immer weiter ging es im 
  
Hohensiein (Oupreußen) 13. Mai 1015 
von 4 Uhr mor- 
gens im Sattel. 
Das Regiment bezog Biwak, während der Stab, dar- 
unter auch ich, in einem Hause daneben Quartier be- 
zogen. Unsere (Stabo-) Perde stellten wir in eine Scheune 
auf der anderen Seite der Straße und sattelten sie ab. 
Kaum waren wir ins Quartier gekommen und hatten un- 
sere mangelhaft gewärmten Konserven gegesten, als draußen 
unmittelbar in der Nähe des Biwaks und unseres Hauses 
eine wüste Schießerei losging. Ein nächtlicher Über- 
fall! Es schoß überall ganz nah, und doch konnte man
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.