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Hager befahl entschlossen den letzten Sprung bis in die
feindliche Stellung hinein. Mit Hurra ging es drauf.
Hinter dem Strohhaufen zog ein zur Verbindung einge-
richteter Straßengraben. Es wimmelte darin von Feinden.
Aber die Franzosen erhoben eingeschüchtert die Hände, be-
reit, sich zu ergeben. Eine stattliche Zahl jedoch weiter rechts
im Graben machten Miene auszureißen. Hager und Schäd-
lich schossen mitten unter
sie, und der Feldwebel
mit einem Mann sprang
auf diese Seite in den
Straßengraben, die
Feinde sämtlich zu ent-
waffnen. Unteroffizier
Hager nahm den vor
ihm liegenden Franzo-
sen die Waffen ab.
Mötzlich rief und
winkte Feldwebel Bach-
mann. Hager wollte
berbeistürzen. Da warf
ihn ein Schuß zu Boden.
Hier lag er bis Mittag,
der Feldwebel und die
Kameraden hatten ge-
nug mit den Gefange-
nen zu tun und konnten
Galopp; aus den einzelnen Gehöften schossen immer noch
zurückgebliebene Russen auf uns.
Mit jubelndem Hurra wurden wir von der Bevölkerung
empfangen — als ihre Befreier! Das war ein herrliches
Gefühl, die Freudc dieser armen Menschen zu sehen,
die so viel gelitten hatten und nun endlich befreit auf-
atmen konnten.
Die Russen hatten böse gehaust —
alles war geraubt,
demoliert und zer-
schlagen. Doch weiter
ging es, immer im
Galopp, galt es doch,
die Bagage zu fangen.
Außerhalb der Stadt
teilte sich das Regiment:
ein kleiner Teilverfolgte
weiter nach Westen, der
größere nach Norden
(ich war dabei). Nach
etwa drei Kilometern
wurden wir von vorn
stark beschossen, so daß
das Regiment absaß
und zum Gefecht zu
Juß vorging. Nach et-
wa ciner halben Stunde
ging der Feind zurück,
sich seiner nicht an-
nehmen. Es hockten
sogar in seiner Nähe
noch eine Anzahl Franzosen im Graben, die der Gefreite
Meißner nach und nach entwaffnete. Als ein mörderisches
Artilleriefeuer einsetzte, erhielt Hager noch einen Schrap-
nellschuß durch den linken Unterschenkel, der die Sehne
verletzte. Nun mußten alle Gefangenen außerhalb des
Grabens zum Abtransport antreten. Eine stattliche An-
zahl. Endlich abends gegen ½90 Uhr konnte man den ver-
wundeten Unteroffizier nach dem Verbandplatz bringen.
Schwer krank — ein Lungenleiden gesellte sich hinzu —
at der tapfere Unteroffizier dann einen langen Schmer-
zensweg durch Lazarette und Badecorte zurückgelegt,
an zwei Stäcken hinkend, bis er im Oktober 1015, als
seld= und garni:
Sächsische Pioniere bereiten eine Brückensprengung vor
es warschon stockfinstere
Nacht. Verluste an
Toten hatten wir nicht,
nur Oberleutnant von Wiedebach wurde schwer am
Oberarm verwundet.
Es wurde beschlossen, die Verfolgung aufzugeben, da
es zu dunkel war und man zu leicht in einen Hinterhalt
gelangen konnte. Die Situation schien schon sowieso recht
brenzlich zu sein, denn unsere Meldereiter, die nach
Goldap reiten sollten, konnten nicht durchkommen, da sie
andauernd angeschossen wurden. Unter den größten Vor-
sichtsmaßregeln gingen wir zurück und gelangten endlich
glücklich nach Goldap. Dort trafen wir die kleine Ab-
teilung wieder. Auch sie hatte die Verfolgung lange
fortgesetzt und die Bagage endlich erreicht; beinahe
ohne Kampf
sondienstunfähig
entlassen, sein
Lehramt in Lau-
ter wieder auf-
nahm.
Gardereiter
vor Goldap
— — — Am
10. September
1914, spät am
Nachmittag, er-
wurde sie ge-
nommen. Nun
ritten wir alle
hin, um die
Pferde und
Wagen der Ba-
gage zu holen;
auch 40 bis 50
Gefangene wa-
ren dabei. Erst
um zwei Uhr
nachts kamen wir
mit der Beute
nach Goldap zu-
rück; waren schon
hielt unser Regi-
ment den Be-
fehl, die Stadt Goldap noch unbedingt zu erreichen
und zu nehmen und die große feindliche Bagage dort
wegzufangen. Als wir in das davorliegende Dorf
Kosaken lamen, wurden wir schon von allen Seiten
angeschossen, fümmerten uns aber nicht darum, son-
dern das Regiment galoppierte geschlossen weiter. Als
wir auf die Höhe von der Stadt kamen, sahen wir
weit vor uns die Russen auskneifen scho nam an:
dern Ende der Stadt. Immer weiter ging es im
Hohensiein (Oupreußen) 13. Mai 1015
von 4 Uhr mor-
gens im Sattel.
Das Regiment bezog Biwak, während der Stab, dar-
unter auch ich, in einem Hause daneben Quartier be-
zogen. Unsere (Stabo-) Perde stellten wir in eine Scheune
auf der anderen Seite der Straße und sattelten sie ab.
Kaum waren wir ins Quartier gekommen und hatten un-
sere mangelhaft gewärmten Konserven gegesten, als draußen
unmittelbar in der Nähe des Biwaks und unseres Hauses
eine wüste Schießerei losging. Ein nächtlicher Über-
fall! Es schoß überall ganz nah, und doch konnte man