Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

starke Fliegerschwärme Tag und Nacht mit Bomben an, 
und die weittragende feindliche Artillerie belegte ständig 
das ganze Stellungsgelände mit Störungsfeuer. 
Am 9. November übernahm General v. Schoeler (VIII. 
Armeekorps) die Gruppenleitung. Bei schlechtem Wetter 
blieb der Feind weiter untätig. Erst am 4. November griff 
er wieder an. Er drang rechts der Division vorübergehend 
in Pargny ein, die Division hielt ihre Stellung und ging 
erst in der folgenden Nacht auf Befehl der Gruppe hinter 
den Serreriegel Rougeries —Voharies zurück. Der Divisions- 
stab kam nach Vervins. Der Feind folgte nur mit Pa- 
trouillen. Er war sichtlich erschöpft. Das wochenlange Aus- 
harren an der Serre hatte die planmäßige Räumung des 
ganzen Gebiets westlich und südlich der Maas ermöglicht. 
Nunmehr konnte die siebente Armee in ruhigem Marsch den 
Abzug über Vervins (s. Norember) —Origuy (6.November) 
—Anor (7. November) nach Belgien durchzuführen. 
Der Feind folgte nur mit Beobachtungstruppen. Die Los- 
lösung der Nachhut vom Feind gelang täglich ohne jede 
Schwierigkeit. Am 9. November erreichte die Division die 
Gegend nordwestlich von Chimay in Belgien, die Nachhut 
Trélon. Nur starke feindliche Fliegerschwärme begleiteten 
täglich den Marsch. Generalmajor Freiherr v. Oldershausen, 
der die Dioision in der schwierigsten Zeit 1018 mit hoher 
Auszeichnung geführt hatte, wurde als Chef des General- 
stabs zur Armeeabteilung A abberufen. Für ihn übernahm 
der Infanterie-Brigadeführer, Oberst Graf v. Wuthenau, 
als Kommandeur des Reserve-Ulanenregiments 1914 aus- 
gerückt und später mit höchstem Erfolg als unermüdlicher 
Kommandeur des Reserve-Infanterieregiments 107 in Ost 
und West bewährt, die Führung der Division. Er hat in 
der furchtbaren Zeit, welche die folgenden Tage über die 
schwergeprüfte Division brachten, dank seiner Umsicht, Für- 
sorge für die Truppen und rastlosen Entschlossenheit die 
Dibision in fester Ordnung und nie erlahmender Ausdauer 
durch das wegearme Bergland der belgischen Ardennen, der 
Eifel und des Ahrgebirges bis zum Rhein und dann durch 
den Westerwald bis zu den Einladestationen in fester Ord- 
nung und Disziplin geführt. 
Am 10. abends passierten die deutschen Unterhändler für 
die Waffenstillstandsrerhandlungen die Vorposten der Dioi- 
sion. Auch hier waren die Sachsen, wie in Flandern und 
an der Maasfront südlich Metz, die letzten am Feind, fest 
in der Hand ihrer Führer, zäh im Kampf und Entbehrung, 
musterhafte Soldaten. Am Tage des Waffenstillstandsein- 
107 
tritts, I1. November, setzte die Division den Marsch auf 
Dinant fort. Das I. Bataillon des Reserve-Infanterieregi- 
ments 133 eilte auf Lastkraftwagen zur Besetzung der Ma- 
gazine in Anthée und MYvoir voraus, in die Gegend an der 
Maas unterhalb von Dinant, welche die Division vor 30 Mo- 
naten mit stolzen Siegeshoffnungen im Vormarsch zur 
ersten Schlacht erreicht hatte. 
Am 16. November überschritt die Division auf eigner 
Brücke die Maas bei Dinant. Der Brückentrain eilte dann 
voraus, um am Rheine bei Königswinter der Division die 
letzte Brücke zur Heimat zu bauen. 
Der Weitermarsch wurde in drei Marschgruppen ausgeführt. 
An der Grenze zwischen siebenter und achtzehnter Armee mar- 
schierend, konnte die Division nur auf elenden Wegen, ohne 
Karten, Wintereisen, mit starkverbrauchtem Schuhzeug sich 
vorwärtsquälen. Meist mußte trotz der vorgerückten Jahres- 
zeit biwakiert werden. Die Straßen waren überfüllt mit 
Kolonnen und Trains. Trotzdem gelang es der Division, 
die deutsche Grenze vor Ablauf des 23. November als letzte 
am Feind zu überschreiten und damit der von den Leuten 
gefürchteten Gefangenschaft zu entgehen. Von da bis zum 
Rhein stand für die sieben Divisionen dieser Marschsäule nur 
eine, überdies ganz schlechte Nebenstraße durch das Ahrtal über 
St. Vith (23. November) —Stadtkyll (27. November) 
—Mudscheid (28. November) nach Mehlem gegenüber Kö- 
nigswinter am Rhein zur Verfügung. Von den Anstrengungen 
dieser Marschzeit macht man sich kaum eine Vorstellung. 
Die Fahrzeuge mußten beispielsweise in einem Nachtmarsch 
60 Kilometer zurücklegen mit ganz kurzer Zwischenrast. In 
fester Ordnung wurde am 30. November und 1. Dezember 
zwischen Mehlem und Königswinter (östlich Bonn) der Rhein 
auf der Schiffbrücke überschritten. Die Hoffnung, nun- 
mehr bald mit der Bahn heimgebracht zu werden, wurde 
zunichte. Die Westmächte erzwangen den sofortigen Heim- 
transport ihrer Gefangenen aus Deutschland bis 15. Ja= 
nuar. So blieben keine Wagen für die Deutschen. Nur die 
ältesten drei Jahrgänge wurden mit Planzügen heimgeschickt. 
Die übrige Division marsch erte weiter. Mitte Dezember er- 
reichte sie die Gegend von Kölbe und wartete auf Verladung. 
Aber erst am Weihnachtstag verließ der erste Transport 
Kirchhain. Kurz entschlossen hatte der Regimentsstab und 
die III. Abteilung des Feldartillerieregiments 40 und die 
2. Batterie des Fußartillerieregiments 64 am 17. Dezember 
den Landmarsch angetreten. Als letzter Transport erreichte 
der Divisionsstab am 1. Januar 1919 Leipzig.
	        
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