starke Fliegerschwärme Tag und Nacht mit Bomben an,
und die weittragende feindliche Artillerie belegte ständig
das ganze Stellungsgelände mit Störungsfeuer.
Am 9. November übernahm General v. Schoeler (VIII.
Armeekorps) die Gruppenleitung. Bei schlechtem Wetter
blieb der Feind weiter untätig. Erst am 4. November griff
er wieder an. Er drang rechts der Division vorübergehend
in Pargny ein, die Division hielt ihre Stellung und ging
erst in der folgenden Nacht auf Befehl der Gruppe hinter
den Serreriegel Rougeries —Voharies zurück. Der Divisions-
stab kam nach Vervins. Der Feind folgte nur mit Pa-
trouillen. Er war sichtlich erschöpft. Das wochenlange Aus-
harren an der Serre hatte die planmäßige Räumung des
ganzen Gebiets westlich und südlich der Maas ermöglicht.
Nunmehr konnte die siebente Armee in ruhigem Marsch den
Abzug über Vervins (s. Norember) —Origuy (6.November)
—Anor (7. November) nach Belgien durchzuführen.
Der Feind folgte nur mit Beobachtungstruppen. Die Los-
lösung der Nachhut vom Feind gelang täglich ohne jede
Schwierigkeit. Am 9. November erreichte die Division die
Gegend nordwestlich von Chimay in Belgien, die Nachhut
Trélon. Nur starke feindliche Fliegerschwärme begleiteten
täglich den Marsch. Generalmajor Freiherr v. Oldershausen,
der die Dioision in der schwierigsten Zeit 1018 mit hoher
Auszeichnung geführt hatte, wurde als Chef des General-
stabs zur Armeeabteilung A abberufen. Für ihn übernahm
der Infanterie-Brigadeführer, Oberst Graf v. Wuthenau,
als Kommandeur des Reserve-Ulanenregiments 1914 aus-
gerückt und später mit höchstem Erfolg als unermüdlicher
Kommandeur des Reserve-Infanterieregiments 107 in Ost
und West bewährt, die Führung der Division. Er hat in
der furchtbaren Zeit, welche die folgenden Tage über die
schwergeprüfte Division brachten, dank seiner Umsicht, Für-
sorge für die Truppen und rastlosen Entschlossenheit die
Dibision in fester Ordnung und nie erlahmender Ausdauer
durch das wegearme Bergland der belgischen Ardennen, der
Eifel und des Ahrgebirges bis zum Rhein und dann durch
den Westerwald bis zu den Einladestationen in fester Ord-
nung und Disziplin geführt.
Am 10. abends passierten die deutschen Unterhändler für
die Waffenstillstandsrerhandlungen die Vorposten der Dioi-
sion. Auch hier waren die Sachsen, wie in Flandern und
an der Maasfront südlich Metz, die letzten am Feind, fest
in der Hand ihrer Führer, zäh im Kampf und Entbehrung,
musterhafte Soldaten. Am Tage des Waffenstillstandsein-
107
tritts, I1. November, setzte die Division den Marsch auf
Dinant fort. Das I. Bataillon des Reserve-Infanterieregi-
ments 133 eilte auf Lastkraftwagen zur Besetzung der Ma-
gazine in Anthée und MYvoir voraus, in die Gegend an der
Maas unterhalb von Dinant, welche die Division vor 30 Mo-
naten mit stolzen Siegeshoffnungen im Vormarsch zur
ersten Schlacht erreicht hatte.
Am 16. November überschritt die Division auf eigner
Brücke die Maas bei Dinant. Der Brückentrain eilte dann
voraus, um am Rheine bei Königswinter der Division die
letzte Brücke zur Heimat zu bauen.
Der Weitermarsch wurde in drei Marschgruppen ausgeführt.
An der Grenze zwischen siebenter und achtzehnter Armee mar-
schierend, konnte die Division nur auf elenden Wegen, ohne
Karten, Wintereisen, mit starkverbrauchtem Schuhzeug sich
vorwärtsquälen. Meist mußte trotz der vorgerückten Jahres-
zeit biwakiert werden. Die Straßen waren überfüllt mit
Kolonnen und Trains. Trotzdem gelang es der Division,
die deutsche Grenze vor Ablauf des 23. November als letzte
am Feind zu überschreiten und damit der von den Leuten
gefürchteten Gefangenschaft zu entgehen. Von da bis zum
Rhein stand für die sieben Divisionen dieser Marschsäule nur
eine, überdies ganz schlechte Nebenstraße durch das Ahrtal über
St. Vith (23. November) —Stadtkyll (27. November)
—Mudscheid (28. November) nach Mehlem gegenüber Kö-
nigswinter am Rhein zur Verfügung. Von den Anstrengungen
dieser Marschzeit macht man sich kaum eine Vorstellung.
Die Fahrzeuge mußten beispielsweise in einem Nachtmarsch
60 Kilometer zurücklegen mit ganz kurzer Zwischenrast. In
fester Ordnung wurde am 30. November und 1. Dezember
zwischen Mehlem und Königswinter (östlich Bonn) der Rhein
auf der Schiffbrücke überschritten. Die Hoffnung, nun-
mehr bald mit der Bahn heimgebracht zu werden, wurde
zunichte. Die Westmächte erzwangen den sofortigen Heim-
transport ihrer Gefangenen aus Deutschland bis 15. Ja=
nuar. So blieben keine Wagen für die Deutschen. Nur die
ältesten drei Jahrgänge wurden mit Planzügen heimgeschickt.
Die übrige Division marsch erte weiter. Mitte Dezember er-
reichte sie die Gegend von Kölbe und wartete auf Verladung.
Aber erst am Weihnachtstag verließ der erste Transport
Kirchhain. Kurz entschlossen hatte der Regimentsstab und
die III. Abteilung des Feldartillerieregiments 40 und die
2. Batterie des Fußartillerieregiments 64 am 17. Dezember
den Landmarsch angetreten. Als letzter Transport erreichte
der Divisionsstab am 1. Januar 1919 Leipzig.