Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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brachten infolge des dauernd auf der Infanteriezone, den 
Batterien und den Anmarschwegen liegenden Feuers weitere 
Verluste. Am 27. Juli abends hatte die 45. Ersatzbrigade 
nur noch 37 Offiziere, 1100 Mann. Von 71 schweren 
Maschinengewehren waren infolge feindlicher Gegenwirkung 
nur noch 37 brauchbar. Der Ausfall an kampfunfähig 
gewordenen Geschützen war groß. 
Die Divisionsreserve betrug nur noch wenige zusammen-= 
geschmolzene Kompagnien. 
Hinter der 19. Ersatzdioision wurde die Garde-Ersatz- 
division als Eingreifdioision bereitgestellt. Den geringen 
Istbestand der 10. Ersatzdivision mußte der gute Geist der 
Truppe ausgleichen. Im Vertrauen auf ihn konnte weiteren 
Kämpfen entgegengesehen werden. # 
In der Nacht vom 28. zum 29. Juli zeigten sich be- 
reits die Vorboten eines neuen Angriffs. Heftiges feind- 
liches Artilleriefeuer lag auf den Stellungen und reichte 
weit bis ins Hintergelände. Auch der Divisionsgefechtsstand 
in Muret et Crouttes wurde stark beschossen. Die Wald- 
stücke lagen unter starkem Gas, das sich bei fast vollkom- 
mener Windstille hielt. Gegen s Uhr morgens steigerte sich 
das Dauer= zum Trommelfeuer. 
Die eigene Artillerie schlug mit Vernichtungsfeuer in 
die feindlichen Versammlungsräume. Begünstigt durch 
Bodennebel und hinter künstlichen Nebelschwaden brach der 
Angriff alsbald los. 
Vor den Ersatz-Infanterieregimentern 32 und 23, gegen 
die nur ein Nebenangriff einsetzte, brach er im Maschinen- 
gewehr= und Artilleriefeuer zusammen. Mit stärkeren Kräf- 
ten warf sich der Feind gegen den linken Divisionsabschnitt, 
der vom Ersatz-Infanterieregiment 24 besetzt war. Die 
Kampfkraft dieses Regiments betrug nur noch 8 Offiziere 
und 208 Mann. Durch Einbruch der linken Nachbardivision 
wurde die schwache Besatzung des Vorfeldes und der Haupt- 
widerstandslinie umgangen und von der Flanke her über- 
rannt. Der Angriff kam jedoch an der Höhe 206 und der 
Höhe 100 nordwestlich und nördlich Grand Rozoy durch 
Einsetzen der letzten Reserven der 19. Ersatzdioision und 
von Teilen der Garde-Ersatzdioision zum Stehen. 
Mit ihren gelichteten Reihen — das tapfere Ersatz-Infan= 
terieregiment 24 zählte jetzt nur noch 150 Gewehre — 
konnte dem übermächtigen Gegner auf längere Zeit von der 
geschwächten Division allein nicht standgehalten werden. 
Das Generalkommando setzte deshalb um 1 Uhr nachmit- 
tags die Garde-Ersatzdivision mit einem Regiment von 
Norden, mit einem Regiment von Nordosten gegen die 
Höhe 206 an. Auch diese frischen Truppen gewannen nur 
langsam Boden. Erst gegen 6 Uhr abends wurde Grand 
Rozoy wieder genommen, während die Höhe 206 zum Teil 
in feindlichem Besitz blieb. 
Starke Ansammlungen, die ab 4,50 Uhr nachmittags 
südöstlich le Plessier Huleu erkannt und unter gut liegendes 
Vernichtungsfeuer genommen wurden, ließen weitere An- 
FKriffe auch gegen den rechten Divisionsflügel erwarten. Sie 
kamen aber in dem Feuer der sächsischen Batterien nicht 
zur Entfaltung. 
Der Großkampftag hatte der Division erneut schwere 
Verluste gekostet. Das Ersatz-Infanterieregiment 24 war 
fast aufgerieben, nur noch die Stäbe und wenige Gruppen 
waren vorhanden. 
Die Division konnte endgültig nicht mehr als kampf- 
kräftig bezeichnet werden. 
Am Abend des 20. Juli traf der Befehl zur Ablösung. 
durch die Garde-Ersatzdivision ein. 
In der Nacht vom 29. zum 30. Juli wurden die Reste 
des Ersatz-Infanterieregiments 24, in der Nacht vom 30. 
zum 31. Juli die Ersatz-Infanterieregimenter 23 und 32 
aus der Stellung gezogen. 
Am 31. Juli früh übergab die 10. Ersatzdivision den Befehl. 
Das Ersatz-Feldartillerieregiment 47 blieb bis zur Nacht 
vom 1. zum 2. August unter dem Befehl der Garde-Ersatz 
division in Stellung. Es half am 1. August einen beson- 
ders schweren Angriff gegen die Garde-Ersatzdivision ab- 
zuweisen. Im Verlaufe dieses Angriffs gelang es dem 
Gegner infolge eines Durchbruchs bei der linken Nachbar- 
division über die Höhe 205 und auf le Mont Jour vorzu- 
dringen. Hierbei tat sich die III. Abteilung des Ersatz- 
Feldartillerieregiments 47 unter Führung des Hauptmanns 
Becker besonders hervor. Sie brachte in der Nahverteddi- 
gung mit ihren Kanonieren und den Resten der zurückgehen- 
den Infanterie den Angriff zum Stehen und erledigte hier- 
bei sechs Tanks. Die Feldbatterien mußten auf Befehl in 
ihren Stellungen bis zum äußersten aushalten. Ein Teil 
fiel gesprengt nach Verschuß sämtlicher Munition in die 
Hand des Gegners. Drei Geschütze der fünften Batterie 
konnten später durch kühnen Vorstoß des Offizierstell- 
vertreters Rossoneck geborgen werden. 
Der 1. August lo##s bleibt für alle Zeit ein Ruhmestag 
für das tapfere Ersatz-Feldartillerieregiment 47. 
Eine schwere Kampfperiode lag hinter der Division. Mit 
ihr hatte sie die Probe als Großkampfdivision bestanden. 
Die Division hatte gegen vier bis fünf feindliche Divisionen 
gefochten, über 200 Gefangene waren gemacht, zahlreiche 
Maschinengewehre erbeutet worden. Gegen 32 Tanks waren 
in und dicht vor den Linien der Oivision außer Gefecht 
gesetzt worden. 
4. Am Oise-Aisne-Kanal 
vom 20. August bis 7. September 1918 
Am 31. Juli wurden im Laufe des Nachmittags, ohne 
die Feldbatterien, die Trümmer der 19. Ersatzdivision bei 
Cuiry-Housse versammelt (siehe Sbizze 63). Die Division 
wurde Korpsreserve und erhielt vom Korps Etzel die Wei- 
sung, am 1. August in die Gegend von Grandelain zu 
rücken. 
Hier fanden die Truppen zum ersten Male nach den 
schweren Kämpfen fern vom Gefechtslärm Ruhe. Nach 
zwei weiteren Tagemärschen wurde der neue Unterkunfts- 
raum um Marle erreicht. Die Division sollte hier als 
Reserve der Obersten Heeresleitung, dem Oberkommando 
der neunten Armee unterstellt, den neuen Ersatz abwarten, 
die alten Verbände mit den neuen zusammenschweißen, 
neue Kompagnie= und Batterieführer heranbilden und die 
Materialschäden beseitigen. 
Am 8. August übernahm der sächsische General der In- 
fanterie v. Carlowitz den Befehl über die neunte Armee. 
Ein besonders herzlicher Gruß war den ihm unterstellten 
sächsischen Verbänden gewidmet. Schon nach drei Wochen 
wurde die 19. Ersatzdivision aus ihrer so dringend not- 
wendigen Ruhe= und Ausbildungszeit herausgerissen. 
Zwischen Noyon und Soissons hatte der Feind inzwischen 
mit überlegenen Kräften seine Hauptoffensive fortgesetzt. 
Das im Bereiche der neunten Armee eingesetzte General= 
kommando Stein hatte seine Stellungen bei Blérancourt 
aufgeben und in Richtung auf den Oise-Alsne-Kanal zu 
zurückgehen müssen. Schon am 20. August um 11 Uhr 
vormittags erging an die 10. Ersatzdivision der Befehl 
zur erhöhten Marschbereitschaft. Am Nachmittag wurden 
die ersten Truppen der Division in Marle verladen. Das 
zuerst an der bedrohten Kampffront ankommende Regi- 
ment der Division, das Ersatz-Infanterieregiment 23, 
wurde sofort nach seiner Ausladung in eine Bereitstellung 
bei Folembray geführt. 
Es übernahm die Sicherung des Oise-Aisne-Kanals, der 
bis dahin von Bagage= und Stabsmannschaften der 1. baye- 
rischen und Versprengten der 15. und 202. Infanterie- 
division nur notdürftig besetzt war.
	        
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