Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

Am Morgen des 10. November wurde zuerst Infanterie- 
regiment 107 angegriffen, dann auch Infanterieregiment 106. 
Beide Angriffe der 4. kanadischen Division scheiterten. In 
der folgenden Nacht regnete es wieder stark. Trotzdem griff 
der Feind gegen 3 Uhr früh an und drang bei der linken 
Flügelkompagnie der Dioision ein. III. Bataillon Infanterie- 
regiments 107 warf ihn mit Unterstützung der 2. Kom- 
pagnie Infanterieregiments 107 und des links anschließen- 
den 2. Garde-Reserveregiments wieder aus den eroberten 
Gräben. Nur ein Engländernest hielt sich auf der Naht- 
stelle beider Nachbardivisionen. Der Feind hatte in zehn 
Wellen angegriffen. Sein Trommelfeuer setzte am Morgen 
des 11. November erneut ein. Infanterieregiment 107 hatie 
starke Verluste erlitten, namentlich an Offizieren. Der ge- 
meinsame Gegenangriff, zu dem auch die Sturmkompagnie 
der 583. Infanteriedioision herangeeilt war, unterblieb, da 
die neue Riegelstellung sich als viel günstiger erwies als 
das verlorene, tiefliegende, völlig verschlammte Grabenstück. 
Die nächsten Tage verlegte der Gegner seine Angriffe 
auf die rechts anschließende 38. Infanteriedivision. Dort 
überschritt er am 13. November den Ancrebach. Infanterie- 
regiment 106 übernahm einen Teil der Stellung des stark 
ermüdeten Infanterieregiments 107. Weitere Reserven 
hinter der Division fehlten vollständig. Sie waren gegen den 
weiter nördlich durchgedrungenen Feind in Marsch gesetzt 
worden. Auch bei der 38. Infanteriedivision drang der Feind 
in die vordersten Gräben ein. Am 14. November nahm er 
dort Beaucourt. Dann belegte er Grandcourt und Mirau- 
mont mit Trommelfeuer. Ersatz für Reserve-Infanterie- 
regiment 120 und Infanterieregiment 106 trafen hinter 
der Front ein. Ablösung wurde für 18. November durch 
die 56. Infanteriedioision in Aussicht gestellt. Das spornte 
zu weiterem Ausharren an. 
Am 15. November lag die Stellung von Infanterieregi- 
ment 107 wieder dauernd unter schwerstem Feuer; sie wurde 
fast restlos eingeebnet. Zahlreiche Verschüttungen wurden 
gemeldet. Rechts der Division griff der Engländer die noch 
südlich der Ancre liegenden Stellungsteile der 38. Infan- 
teriedioision mehrere Male an. Er wurde stets abgewiesen. 
Reserve-Infanterieregiment 120 griff dabei flankierend ein. 
Am 16. November verhielt sich die feindliche Infanterie 
ruhig, um so heftiger schoß die englische Artillerie. Ganze 
Fliegerschwärme leiteten das Feuer. Die deutsche vorderste 
Linie verlangte mehrfach verstärkten Luftschutz. " 
In der nächsten Nacht wurden reibungslos die beiden 
Divisionen rechts der 58. Infanteriedivision abgelöst. Auch 
hinter dieser trafen die ersten Bataillone der. 56. Infanterie- 
division ein. Der 17. November verlief ruhiger. 
Aber am 18. November brach die 4. kanadische Division 
mit erneuter Wucht gegen die Stellung der 38. Infanterie- 
division vor. Die vorderen Gräben gingen verloren, wurden 
zum großen Teil nach heftigem Handgranatenkampf und 
einzelnen Gegenstößen noch einmal zurückerobert, dann aber 
nach und nach aufgegeben. Einzelne besonders tapfere Züge 
und Kompagnien opferten sich. Von dem ausgezeichneten 
Reserve-Infanterieregiment 120 fielen die Reste des I. Ba- 
taillons nach dreistündigem Kampf gegen die Kanadier, 
welche das Bataillon rings umschlossen, in Gefangenschaft. 
Die letzte Patrone war verschossen, die letzte Handgranate 
geschleudert. Weiter rückwärts ahnte man bei dem Trommel- 
feuer, das auf der Zwischenstellung lag, gar nicht das Schick- 
sal, das sich vorn so grausam vollzog. Die Truppen waren 
sekt drei Wochen Tag und Nacht in schwerstem Feuer, ohne 
genügende Unterkunft, fast jede Nacht zum Schanzen ge- 
zwungen, um die Stellung nur noch einigermaßen wider- 
standsfähig zu erhalten. Sie waren am 18. November buch- 
stäblich am Ende ihrer Leistungsfähigkeit. Trotzdem wurde 
für den Abend ein großer Gegenstoß, um die vordere Linie 
wiederzugewinnen, vorbereitet. Aber der Oberbefehlshaber 
Sachsen in großer Jeit. Band III 
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verbot ihn. Die vorderste Stellung war völlig eingeebnet 
und ohne jeden weiteren Verteidigungswert. Die Hauptsache 
war, die Dörfer Miraumont und Pys waren noch fest in 
der Hand der Division. Der Weg zum Ancrebach in Rich- 
tung auf Irles war dem Gegner verschlossen. Ein Durch- 
bruch war die ganze schiwere Zeit über völlig verbindert 
worden. Noch am 18. November machte die Division 400 
Engländer zu Gefangenen. 
In der folgenden Nacht wurden die letzten Bataillone 
der Division herausgezogen. Der 19. November verlief 
ruhiger. Am 20. November früh übergab die Division den 
Abschnitt nach 24 tägigem Kampf. Ihre tapfere Infanterie 
war mit 248 Offizieren und 8075 Mann in die Schlacht 
gerückt. 30 Offiziere und 2732 Mann bildeten den Ge- 
samtabgang während derselben: 3065 Tote, 1215 Verwun- 
dete, 753 Vermißte und 487 Kranke. 
Die Truppen wurden mit der Kleinbahn bis Cambrai, 
von dort mit der Bahn nach Valenciennes (Sbizze 71) und 
nächster Umgebung zurückgebracht. 
7. Bei Valenciennes und Dun (Maags) in Ruhe 
vom 20. November 1916 bis 20. März 1917 
In Erholungsquartieren in und bei Valenciennes fand 
die Division Zeit, ihren Mannschaftsbestand zu ergänzen 
und die Verbände wieder zu festigen. Der dankbare König 
eilte alsbald herbei, um in höchsteigner Person die Tapfersten 
zu belohnen und der wackeren Division seine und des Vater- 
lands warme Anerkennung auszusprechen. Der neue Ersatz 
machte einen guten Eindruck, war aber in der Ausbildung 
noch soweit zurück, daß noch Monate erforderlich schienen, 
um die Division für den Großkampf wieder verwendungs- 
fähig zu machen. 
Die Division wurde deshalb um die Mitte Dezember nach 
der Maasfront nördlich von Verdun als Rückhalt für die 
drei Divisionen beiderseits der Maas südlich von Dun mit 
der Bahn verschoben. Dort sollte sie im Ausbau rück- 
wärtiger Stellungen Verwendung finden, insbesondere aber 
ihre Ausbildung als Großkampfdivision tunlichst fördern. 
Leider schieden um diese Zeit vor Jahresschluß die 
württembergischen Truppen, Neserve-Infanterieregiment!20, 
Reserve-Feldartillerieregiment 116 und Pionierkompagnie 
116, auch die württembergischen Offiziere der Stäbe, ins- 
besondere der hochverdiente Brigadekommandeur der Feld- 
artillerie, Generalleutnant von Fritsch, aus dem Sachsen- 
verband aus. An Stelle des Reserve-Infanterieregiments 120 
trat das Reserve-Infanterieregiment 103. Es wurde direkt 
nach Stenay zur Dioision befördert. Dorthin gingen mit 
der Bahn über Charleville zunächst die beiden Regimenter 
106 und 107 ab. Die Feldartillerie folgte etwas später. 
Sie war noch bis Mitte Dezember an der Somme ein- 
gesetzt geblieben. Die Pioniere waren an der Maasfront 
schon früher nötig geworden und deshalb vorausbefördert 
worden. Die württembergische Kompagnie wurde Anfang 
1916 durch die sächsische 2. Kompagnie Reserve-Pionier= 
bataillons 22 ersetzt. 
Das Feldartillerieregiment 1ls hatte zum Teil schon 
10 Wochen an der Somme gekämpft. An der Maas wurde 
es sofort wieder vorgezogen, selbst die eben erst errichtete 
III. Abteilung des Regiments. Die notwendige Weiterbildung 
des Ersatzes litt darunter sehr. 
Die Infanterie wurde regimenterweise auf die drei vor 
der Nordfront von Verdun beiderseits der Maas deckenden 
Divisionen für Stellungsbau verteilt. 
I. und III. Bataillon Infanterieregiments 106, Feldar- 
tillerieregiment 118 und Minenwerferkompagnie 58 nahmen 
dabei an einem erfolgreichen Unternehmen der 10. Reserve- 
division am „Toten Mann“ am 28. Dezember teil, das 
ihnen 25 Tote und Verwundete kostete. 
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