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23. Februar: Die Abteilung von Arnim setzte mit drei
Teilen, die vorderste Abteilung unter Befehl des Majors von
Arnim, der Rest der eigentlichen Abteilung unter Haupt-
mann Gringmuth und die Abteilung Werner den Marsch
nach ÖOsten fort.
Die Abteilung Meinhold erreichte kampflos Kusel und
ging hier zur Ruhe über. Gros und Vorhut rasteten in
den am Tage vorher erreichten Unterkünften.
24. Februar: Die beiden vordersten Abteilungen des
Majors von Arnim erreichten über Menzen vorgehend Werro.
Hier griffen sie in einen Kampf zwischen Roter und Weißer
Garde ein. Jahlreiche gefangene Deutsch-Balten wurden
von ihnen befreit. Die Abteilung Werner gelangte bis
Blumenhof. Die Abteilung Meinhold erhielt den Befehl,
den Marsch beschleunigt fortzusetzen und möglichst viel
Boden zu gewinnen. Die Abteilung ging am Abend bei
Poststation Adsel zur Ruhe über und schob noch eine Kom-
pagmie bis über die Waidau vor.
Die Vorhut trat 0 Uhr vormittags an und erreichte die
Gegend von Alksne, das Gros folgte der Vorhut.
2 5. Februar: Die Abteilung von Arnim blieb in Werro.
Die Abteilung Werner folgte bis Didrikü#ll. Die Abteilung
Meinhold erreichte Menzen.
Die Vorhut und das Gros traten um 8 Uhr vormittags
an. Die Vorhut ging beim Gute Mehrhof, das Gros im
Anschluß an die Vorhut zur Ruhe über.
Der Divisionsstab lag im Gute Mehrhof. An Beute
wurden bisher gezählt: 300 Gefangene, 4 Geschütze, 7 Last-
kraftwagen, 6—700 Fahrzeuge, 30 Feldküchen, 8 Eisen-
bahnwagen. »
Vor dem Erscheinen der deutschen Truppen hatten die
Bolschewisten und roten Gardisten im Lande eine ver-
heerende Schreckensherrschaft ausgeübt. Sämtliche Güter
waren als nationales Eigentum erklärt worden und wurden
von Beauftragten der Regierung in höchst fragwürdiger
Weise verwaltet. Beim Herannahen der deutschen Truppen
wurden alle Deutschen von den Bolschewisten verschleppt,
vielfach ermordet. Die sächsischen Truppen wurden deshalb
von dem seßhaften besitzenden Teile der Bevölkerung ohne
Unterschied der Nationalität als Befreier begrüßt und gut
aufgenommen.
In den letzten Februartagen erreichte die 219. Infanterie-
division die Gegend von Werro.
Hiermit schließen die Operationen in Livland, an denen
die sächsische Division ruhmreichen Anteil nahm. Die
Marschleistungen, welche die Truppen bewältigten, waren
ganz enorme. Die Abteilung von Arnim legte in der Zeit
vom 18. bis 24. Februar rund 180 Kilometer zurück.
Zur Besetzung und Sicherung des Landes wurden der
Division vom Generalkommando des VI. Armeeborps, später
vom Generalkommando LX die Kreise Dorpat, Werro und
Petschory zugewiesen. Die Truppen sollten rasch Nuhe und
Ordnung in den ihnen zugewiesenen Abschnitten herstellen,
die Banden vernichten, die Bahnen und Kunstbauten schützen
und die Wege verbessern.
Der Divisionsstab blieb zunächst in Werro und siedelte
später nach Dorpat, etwa 60 Kilometer nördlich Werro,
über. Die Didision hatte jetzt in ihrem weitausgedehnten
Bereiche keine Gelegenheit mehr, kriegerische Lorbeeren zu
pflücken. Nur einige Streifen, welche kleinere Abteilungen
der Infanterieregimenter gegen feindliche Banden unter-
nahmen, erinnerten an den eigentlichen Soldatenberuf. Da-
gegen war die Truppe in dem weit ausgedehnten Dioisions=
bezirk von etwa 13 000 Geviertkilometern durch den Sicher-
beits= und Verwaltungsdienst stark in Anspruch genommen.
Dieser stellte Offiziere und Mannschaften vor völlig neue,
zum Teil recht schwierige und meist sehr umfangreiche Auf-
gaben. Erst allmählich wurden sie hierbei durch die neu-
gebildeten Verwaltungsbehörden abgelöst. Bis in den Sep-
tember hinein lagen Kompagnien auf einen Naum von
35 Kilometer Tiefe verteilt. Erst Anfang September konnte
die Ausbildung geschlossener Kompagnien und Bataillone
einsetzen. Die Schwierigkeiten infolge der weitläufigen
Unterkünfte bestanden auch weiterhin fort.
So begrüßte es die Division mit Freude, als nach langen
Monaten des Wartens endlich am 10. September der Befehl
zur Ablösung eintraf, dem drei Tage später der Abtransport-
befehl folgte. .
Die 219. Infanteriedivision wurde am 22. September
über Riga—Posen—Oderberg—Budapest nach einem neuen
Kriegsschauplatz, dem Balkan, gefahren.
Am 1. Oktober traf sie in Nisch, der ehemaligen Haupt-
stadt Serbiens, ein.
4. In Serbien und Ungarn bio zum Kriegsende
Am 15. September hatten die Bulgaren unter schnödem
Verrat an ihren Bundeêgenossen ihre Kampfstellungen in
Mazedonien verlassen. Die über die 450 Kilometer breite
Front zerstreuten deutschen und österreichisch-ungarischen
Truppenteile traten den Rückzug nordwärts an. Der Gegner
folgte, voran die Serben, und suchte die einzelnen Heer-
haufen einzukreisen und abzuschneiden. Das gelang ihm
nicht bei den Deutschen, die fast ohne Ausnahme fest zu-
sammenhielten und den tapfer und geschickt vordrängenden
Feind allerorts mit blutigen Verlusten abwiesen.
Als die Division in den ersten Oktobertagen in Nisch ein-
traf und südöstlich davon eine weite Schutzstellung zur
Aufnahme der vom Balkan zurückströmenden Heeresteile
der 11. Armee (General von Steuben) bezog, hielten die
Nachhuten der Mittelmächte noch Vranje am Oberlauf der
südlichen Morava. Es galt, Nisch möglichst lange noch zu
halten zur Aufrechterhaltung der Bahnverbindung mit der
Türkei, sowie zur Bergung der großen, wertvollen Heeres-
vorräte in Serbien und Bulgarien.
Das deutsche Generalkommando LlIII, Generalleutnant
Limbourg, deckte mit der k. u. k. 30. Infanterledivision und
dem deutschen Alpenkorps westlich der Morava und an-
schließend daran mit der 210. Infanteriedivision östlich der
Morava den Raum südlich von Nisch, im Abstand von
etwa 8 Kilometern südlich der Stadt. Noch weiter links
sollte die deutsche 217. Infanteriedivision in Richtung auf
Sofia sichern. Sie war aber noch nicht zur Stelle.
Der 219. Infanteriedibision fiel eine Front von 34 Kilo-
metern in stark gebirgigem Gelände zu. Ihre drei Regi-
menter verfügten über kaum 60 Gewehre in der Front bei
den einzelnen Kompagnien. Die jüngeren Mannschaften
waren von Livland aus nach der Westifront abgegeben
worden. So hatte die Infanterie den Charakter von Land-
wehrtruppen. Gegenüber stand in den Serben, die ihre
Heimat zurückzuerobern trachteten, ein tüchtiger, sehr lei-
stungsfähiger Feind, den die Landesbevölkerung in jeder
Weise unterstützte. Hinter den schwachen deutschen Kräften
bildeten sich Banden, die erfolgreich gegen die deutschen
rückwärtigen Verbindungen vorgingen.
Nach hartnäckigen Kämpfen bei Vranje gingen die Reste
der deutschen und österreichischen Balkantruppen vom 7. Ok-
tober ab durch die Aufnahmestellungen des Alpenkorps, das
direkt vom Westen bommend fast noch schwächer war als
die 219. Infanteriedioision, und der 219. Infanteriedivision
zurück.
Bei letzterer stand Reserve-Infanterieregiment 101 an
der Bahn nach Lescovac und westlich davon auf den Tal-
hängen der Morava. Nach links schlossen erst Infanterie-
regiment 431 und dann Infanterieregiment 391 an, letzteres