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20 Kilometer breiten Front war nicht bei der Schwäche der
eignen Verbände beabsichtigt. Infanterieregiment 391 wich
befehlsgemäß auf den Brückenkopf aus. Wie gewöhnlich
beendeten die Serben bei Einsetzen der Dunkelheit jede
Gefechtstätigkeit. So konnten in der Nacht zum 1. No-
vember sowohl das Alpenkorps wie die 210. Infanteriedivi-
sion auf fünf bereitgehaltenen Dampffähren den ÜUbergang
über die Sawe dicht oberhalb ihrer Mündung vollziehen.
Am Vormittag des 1. Nobvember war der Abzug aus
serbischem Gebiet über die Sawe ohne jeden Verlust ab-
geschlossen. Man sah vom Nordufer der Sawe aus die
Serben in das festlich beflaggte Belgrad einziehen. Die
Schiffsbrücke war vorher in Brand gesteckt, die Eisenbahn=
brücke dicht nördlich Belgrad gesprengt worden.
Die Oivision bezog an der Sawe eine Abwehrstellung,
von Dobanovei bis zur Donau reichend. Hier fanden die
Truppen für zwei Tage die dringend nötige Ruhe. Dann
wurde der Marsch heimwärtse fortgesetzt. Die Dioision nahm
die Richtung auf die Theißmündung und wurde auf Fähr-
booten über die Donau und Theiß aufwärts bis Titel ge-
fahren. Von dort wurde der Landmarsch östlich der Theiß
nordwärts fortgesetzt. Die österreichisch-ungarischen Ver-
bände lösten sich völlig auf. In Ungarn brach die Revo-
lution aus. Soldaten der verschiedenen Nationalitäten ohne
Zucht und Zusammenhalt füllten Orte und Straßen. Ein
Kampf aller gegen alle setzte ein, Einigkeit herrschte nur in
dem Haß gegen die Serben. Die deutschen Truppen be-
wahrten inmitten dieser allgemeinen Ablösung Zucht und
Ordming. Das erwarb ihnen allenthalben die Achtung der
Bevölkerung, die ihr Kommen als Schutz gegen Plünderer
und Aufwiegler begrüßte. Am 9. November teilte ein
Funkspruch die Abdankung des Kaisers mit. Bald kamen
auch Nachrichten über den Erfolg der deutschen Revolution
und die Thronentsagung unseres Königs. Trotzdem blieb
die Truppe bis auf wenige Ausnahmen, verführte Opfer
ungarischer und bulgarischer Bolschewisten, ihrer Pflicht
getreu, fest in der Hand ihrer Führer. Nur das ermöglichte
schließlich doch ihre Zurückführung, obwohl die Entente
in niederträchtigster Weise, unter Bruch des Waffenstill-
standes, die ganze 11. Armee gefangen zu nehmen ver-
suchte. Serbische Patrouillen überfielen II. Bataillon In-
fanterieregiments 301 bei der Marschrast und kehrten sich
nicht an den vertragsmäßigen Abstand von 15 Kilometer.
Abgerissen, insbesondere in Bezug auf das Schuhwerk, er-
reichte die Division über Vazarhely und Szolnok die Gegend
von Töröl und Miklos. Von dort gelang es der Tatkraft der
Didision, Ende November drei Transporte mit der Bahn über
Budapest—Wien—München— Hof abzufertigen, obwohl die
Entente, um die Truppen internieren zu können, immer
neue Schwierigkeiten dem Abtransport entgegensetzte. Aller-
dinge mußten alle Pferde, Fahrzeuge, Vorräte und Ba-
gagen zurückbleiben. Nur ihre Geschütze und Waffen führte
die tapfere Oivision zurück, soldatisches Ehrgefühl beherrschte
die braven Sachsen bis zum bitteren Ende. Anfang De-
zember langten die letzten Nachkommandos der Division in
Sachsen an. Ohne Sang und Klang, ohne Gruß und Dank
der im Umsturzwahn verblendeten Heimat in Sachsen an-
gelangt, vollzog die 219. Infanteriedivision ihre Demobili-
sierung in vollster Ordnung, nachdem sie auf drei Kriegs-
schauplätzen in den zwei Jahren ihres Bestehens redlich ihre
Pflicht getan hatte.