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und Unterkunftsorte. Die Zeit verlief infolgedessen eintönig.
Gleich nach der Ankunft im Stellungsbereich half die säch-
sische Landtwehr wacker beim Bergen der Ernte.
Di. 47. Landwehrdivision umfaßte auch hier ihre bij-
herigen Truppen: Grenadier-Landwehrregiment 100, Land-
wehr-Infanterieregimenter 104 und 106, Landwehr-Fel?-
artillerieregiment 19, 2. Eskadron Husarenregiments 20,
1. Kompagnie Reserve-Pionierbataillons 22 und 6. Kom-
pagnie Pionierbataillons 22 sowie Minenwerferkompagnie
347.
Die ersten 14 Tage herrschte meist schlechtes Wetter.
Es mußte viel an der Stellung gebaut werden. Auch der
Feind schanzte sichtlich, aber nur zur Erhaltung seiner Stel-
lung. Der Oberbefehlshaber, Generaloberst von Woyrsch,
besuchte Ende Juli die Stellung und lobte die musterhafte
Ordnung, die sich allenthalb kenntlich zeigte. Der König
hatte bereits in den ersten Tagen nach Einzug der Dioi-
sion an der Russenfront, am 7. Juli, seine braven sächsi-
schen Landwehrleute aufgesucht.
Vor der Front lagen abwechselnd Russen aus Sibirien,
Mittelasien und dem Südosten des europäischen Rußlands,
neben den Sachsen Österreicher der verschiedensten Volks-
stämme, meist Slawen verschiedener Abart, Ungarn und
Slowaken. Dahinter arbeiteten an der zweiten Stellung
italienische Kriegsgefangene, ein buntes Völbergemisch in-
mitten der polnisch-weißrussisch-jüdischen Bevölkerung de#-
Bezirks.
Am 25. August kam es zu einer Patrouillenneckerei bei
Landwehr-Infanterieregiment 104 und 1o06, am 15. Sep-
tember brachte eine Patrouille des Landwehr-Infanterie-
regiments 106 unter Leutnant Werner Sibirier von der
8. sibirischen Schützendivision nach kurzem Handgranaten-
kampf ein. Die russische Infanterie, offenbar ganz un-
genügend ausgebildet, wurde immer nervöser, schoß nachts
ohne jede Veranlassung, nur auf Geräusche vor dem Hin-
dernis hin, mit Maschinengewehren und Handgranaten und
liess die Scheinwerfer spielen.
Am 4. Oktober schied die 1. Kompagnie des Reserve-
Mionierbataillons 22 aus der Kriegsgliederung der Dioision
aus und wurde nach dem Westen verladen. Ende Oktober
trafen zum Austausch soo Jungmannschaften aus der
Heimat ein. Dafür wurden die entsprechenden kriegsver-
wendungsfähigen Mannschaften zwischen 20 und 35 Jahren
nach dem Westen abgegeven.
Am 12. November wurde von der rechts anschließenden
201. Infanteriedivision Gas ohne weiteren Erfolg abgeblasen.
Der Russe verhielt sich gleichgültig dagegen. Seine Artillerie
war offenbar weiter rückwärts verlegt. Aus den Hinder-
nissen entnahmen die vorn eingesetzten Russen die Pfähle
als Brennholz. Die fleißig von unseren Patrouillen nach
dem russischen Drahtverhau gebrachten Aufklärungsschriften
fanden regelmäßig ihre Abnehmer. Die direbte Aufforderung
zu Verhandlungen am 28. November lehnte aber die 8. si-
birische Schützendivision ab. Bereits zwei Tage später aber
siegte bei den Russen die Friedenspartei, auch bei dem III.
sibirischen Korps, das bisher für Ausharren gewesen war.
Bei den Gesprächen mit russischen Offizieren ir der Mühle
von Olschany stellte sich beraus, daß die russischen Offiziere
bereits völlig machtlos gegenüber ihren Leuten waren. Diese
trieben sich vor den eigenen Stellungen herum bis zu un-
serem Drahthindernis. Verkehr der beiderseitigen Mann-
schaften unterblieb aber, selbst als am 17. Dezember der
Waffenstillstand zustande kam.
Bereits vorher wurde das k. und k. XII. Armeekorps ab-
befördert. Auch die Heeresgruppe Woyrsch wurde nach dem
Westen gezogen. An ihrer Stelle übernahm die Heeresgruppe
Linsingen den Abschnitt Slonim, den das Generalkommando
des XXXXN. Reservekorps an Stelle der Armeeabteilung
Woyrsch nunmehr leitete. Ihm wurde die 47. Landwehr-
division unterstellt. Sie übernahm zugleich die Verwa#tung
eines Teils des bisher dem k. und k. XII. Armeekorps unter-
stellten Abschnittes.
Die Verhältnisse bei den Russen spitzten sich schnell zu.
Die Zufuhr von Verpflegung stockte, wilde Gerüchte regten
die Massen auf. Die Offiziere wurden entwaffnet, mußten
Posten stehen usw. Die Engländer und Franzosen bei Stä-
ben und technischen Waffen waren entfernt worden. Ge-
rüchte, daß die deutsche Flotte meutere, kamen von den
Russen herüber. Inzwischen hatte General Kaledin die Ge-
genrevolution begonnen. Die Russen versuchten mittels
deutscher Schriftstücke auch bei unseren Leuten Stimmung
zu machen. Die mündlichen Berichte von Überläufern, Rück-
wanderern und entwichenen österreichischen Gefangenen ve.=
änderten täglich das Bild. Pferde, Speck, Gummi, Gas-
masken und Seife wurden allerorts angeboten. Die Stel-
lung bei Zirin war schon bei Jahresschluß von den Russen
geräumt. Ende Januar wurde auch die übrige Serwetsch-
front aufgegeben. Inzwischen war strenger Winter mit viel
Schnee eingetreten, ganze Kompagnien mußten zurückverlegt
werden, um die Gleise der Feldbahnen, welche die Zufuhr
sicherstellten, vom Schnee freizuhalten.
Drüben herrschte Kampf aller gegen alle. Als sich die
Vorfriedensverhandlungen zerschlugen, hofften die besseren
russischen Kreise auf den deutschen Vormarsch, im Ver-
trauen, daß dann alsbald wieder geordnete Zustände ein-
treten würden. Mitte Februar mußten Höchstpreise für
Lebensmittel eingeführt werden, weil die Städter, dem
Hungertod nahe, auf dem Lande zu jedem Preise einzulaufen
suchten. Als am 18. Februar mittags der Waffenstillstand
ohne Friedensschluß zu Ende ging, wurden einige Kanonen=
schüsse abgefeuert. Bergekommandos ergriffen Besitz von
dem in den feindlichen Stellungen noch lagernden Material.
Die zahlreichen sich stellenden Russen wurden in die Heimat
entlassen, nur rote Gardisten als Gefangene behandelt.
Nach Aufräumung der russischen Stellung begann die Be-
setzung des Gebietes bis über den Onjepr hinaus.
Die Division trat zur Armeeabteilung Gronau (XXXXI.
Reservekorps).
4. Ostlich von Gomel auf Grenzschutz in der
Ukraine
von März bis Feldzugsende
Eine zusammenhängende Darstellung des Einmarsches in
die Ukraine ist bei der 45. Landwehrdivision gegeben. Dort
findet sich auch die für das Folgende nötige Kartenskizze.
Die 47. Landwehrdivision wurde vom Bahnhof Chwojewo
aus über Luniniec und Rjeschitza am Onjepr vom 6. März
ab nach Gomel vorbefördert. Die bisherige Stellung über-
nahm die 4. Landwehrdivision.
Bereits am 9. Februar war der Frieden mit Rußland
geschlossen worden. An der Grenze zwischen Großrußland
und Ubkraine sollten die deutschen Besatzungstruppen bis
über den Sosch hinaus Ordnung schaffen, bolschewistische
Banden zersprengen, den Bahnverkehr einrichten und schützen
und den Warenaustausch zur Behebung der Hungersnot
in Deutschland beschleunigt einrichten. In der alten Stel-
lung blieb eine Art von Grenzschutz zur Überwachung des
Übergangsverkehrs zurück.
So hofften Heeresgruppe Linsingen und Armeeabteilung
Gronau am schnellsten den Frieden für die Heimat nutzbar
zu machen.
Die Division übernahm am 12. März in Gomel den
Befehl. Dort stand zu dieser Zeit bereits die 2 16. Infanterie-
brigade. Sie hatte Fühlung mit schwachen Bolscheivisten-
banden. Sofort wurde auf allen vier von Gomel ausstrah-
lenden Bahnlinien Bahnschutz eingerichtet. Inzwischen war
die deutsche Hauptkampftruppe, die 224. Infanteriedivision,