Befriedigung auf die zahlreichen erbeuteten Landsknechts-
fähnlein und Reiterbanner, die man ihm als Siegeszeichen
brachte. Er litt schwer, hegte aber zunächst noch Hoffnung
und schrieb selbst an seine Freunde über die Schlacht, so
noch am Schlachttage an Bischof Albrecht von Würzburg:
„Als wir bei diesem Zusammenstoß (das heißt als die
Hoffahne in den Kampf verwickelt wurde) vor unserer Ab-
teilung Stellung genommen hatten, traf uns eine Büchsen-
kugel nahe an der Lende, die durch den Körper ging; in-
folgedessen fühlen wir große Schwäche, aber wir haben
uns Gott dem Allmächtigen empfohlen; er wird nach seinem
gütigen Willen mit uns verfahren. In Wahrheit aber
können wir rühmen, daß das, was wir gegen den wilden
Landverwüster und seines Unrechts Genossen unternommen
haben, aus besonderem Eifer, den wir für das heilige
Reich hegen, geschehen sei, damit in ihm Friede und Ruhe
erhalten bleiben könne und seine Stände nicht so elend ge-
plagt und zu Grunde gerichtet würden.“ Die anfängliche
Hoffnung auf seine Rettung entschwand aber leider bald,
die Kugel hatte innere Teile zerrissen; qualvoll lebte er
noch zwei Tage, ordnete gefaßt seine Angelegenheiten und
verschied am 11. Juli früh kurz nach 8 Uhr. Sein von der
Kugel durchbohrtes Wams, seine blutbefleckte Feldbinde
und die tödliche Kugel bewahrt als teure Erinnerungsstücke
an einen der wackersten sächsischen Helden das Historische
Museum zu Dresden auf (siehe Abbildung Seite 256). Mit
ihrem Fürsten waren zahlreiche treue Sachsen gefallen,
fast 150 sächsische Edelleute starben den Heldentod, darunter
Angehörige der alten rühmlichen Geschlechter Dieskau,
Haubitz, Pflugk, Miltitz, Schleinitz und andere. Mit Moritz
sank der größte Sohn des Hauses Wettin, ein tüchtiger
Kriegsmann und trefflicher Regent, einer der bedeutendsten
Fürsten seines Jahrhunderts, in ein allzufrühes Grab; sein
Tod beendete die Siegesbahn des Protestantismus, der sich
bünftig dem Katholizismus gegenüber in die Verteidigung
gedrängt sah. Wenn auch in bescheideneren staatlichen Aus-
maßen und bei geringeren Machtmitteln als bei Friedrich
dem Großen und Napoleon zeigt sich doch auch bei Moritz
schon der in den neueren Jahrhunderten unverkennbar aufs
stärkste hervortretende Gewinn, der darin liegt, daß die
oberste Heerführung und die Leitung der Politik in einer
Hand liegen oder wenigstens Hand in Hand gehen; wie
unheilvoll ihr Auseinanderklaffen selbst bei großartigen
Einzelleistungen wirken muß, zeigten zu Deutschlands Fluch
die letzten zwei Jahre deo Weltkrieges. In militärischer
Hinsicht tritt auf das stärkste die kampfesfrohe, fast toll-
kühne Tapferkeit, das rücksichtslose Einsetzen der eigenen
Person hervor, das wir ebenso schon bei seiner ersten
Kampfbeteiligung vor Pest wie noch in seinem letzten
Kampfe finden; fast könnte es Tadel herausfordern, denn
des obersten Heerführers und Landesherrn Pflicht kann
nicht sein, selber Feinde zu erlegen, wenn schon die mäch-
tige Einwirkung des persönlichen Beispiels auf die Um-
gebung, besonders auch auf den gemeinen Soldaten nicht
verkannt werden darf. Auch bei andern Gelegenheiten gab
Moritz wiederholt Proben kaltblütiger Unerschrockenheit;
mehr als einmal war sein Leben inmitten von wüsten
Haufen Sold fordernder, meuternder Landsknechte bedroht.
Daß aber zu dieser soldatischen Tugend des Mutes auch
die Befähigung als Führer trat, hat er bei kleineren gut
durchgeführten Unternehmungen, wie bei der Einnahme von
Vitry und in den Türkenkriegen gezeigt, und die höhere
strategische Begabung als Leiter eines großangelegten Feld-
zugs läßt die rasche programmäßige Durchführung des
Feldzugs gegen Karl 1552 erkennen. Nicht bloß auf die
Kriegfuͤhrung im Felde hatte sich des Kurfürsten Moritz
militärische Betätigung beschränkt, sondern auch für andere
militärische Fragen hatte er Interesse; so trat er für die
Sicherung seines Landes durch Festungsbauten ein. Er be-
Sachsen in großer Zelt. Band III 6
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gann 1548 mit der Einbeziehung von Altdresden (der heu-
tigen Neustadt) in den Befestigungsgürtel der Hauptstadt;
ihm verdankt die heutige Altstadt die Anlage des neuen
Mauerrings nach Antwerpener und Genter Art, die er bei
seinem Feldzuge 1843 selbst bennengelernt hatte, mit seinen
festen und zugleich künstlerisch geschmückten, jahrhunderte-
lang berühmten Torbauten 1846—1551; auch das Haupt-
zeughaus (Albertinum) in Dresden und die Leipziger Be-
festigungen unter der Leitung des Oberzeugmeisters Kaspar
Voigt und des Leipziger Baumeisters Hieronymus Lotter
(Pleißenburg) entstanden damals.
Auf Moritz folgte sein jüngerer Bruder August (r# #8#3
bis 1586), den das Volk später den „Vater August“ nannte,
ein trockner, nüchterner, politisch und religiös mißtrauischer
und deshalb gelegentlich selbst von Bösartigkeit nicht frei-
zusprechender Mann mit vorwiegend wirtschaftlich prakti-
schen Interessen. Er hat zweifellos bedeutende Verdienste
und die innere Entwicklung Sachsens verdankt ihm (und
teilweise auch seiner gleich gesinnten Gemahlin, der däni-
schen Königstochter Anna, „Mutter Anna“) viel, er legte
den Grund zu der wirtschaftlichen Blüte des Kurstaates,
die Sachsen selbst die Nöte des Dreißigjährigen Krieges leid-
lich überstehen ließ; aber sein Wesen und Wirken entbehrt
bei aller Nützlichkeit jeder Größe und Genialität. Er war
ohne militärische Neigung und Begabung, ohne staats-
männisch weiteren Blick, ohne jedweden heroischen Zug, der
Moritz augzeichnet, vor allem ohne die trotz gut evangelischer
Gesinnung bei Moritz lebendige geistige Freiheit in Glaubens-
sachen. Das Historische Museum zu Dresden besitzt schöne
Rüstungen Augusts und, wie seine Turnierbücher zeigen,
war er ein eifriger Lanzenbrecher im Noßturnier, aber dem
Ernste des Kampfes hat er seine eigne Person nicht aus-
gesetzt; unter ihm hatten seine Sachsen keine Gelegenheit,
kriegerische Lorbeeren zu ernten. Als vorsichtiger Fürst
förderte er die Vollendung der Dresdner und
andrer Festungsbauten, wobei ihm besonders der
„welsche Baumeister“ Graf Rochus von #ynar zur Seite
stand, der kurfürstlicher Oberbaumeister und zugleich Ober-
zeugmeister war und sich um die sächsische Artillerie durch
den Guß neuer Geschütze verdient machte. August ließ
interessante Schießversuche anstellen und Lynar be-
richtete als etwas Erfreuliches, aus dem langen Stücke
habe man 18 mal gefeuert, die 4 Drachen (Name von Ge-
schützen) seien probeweise je 3 mal abgeschossen mit 16, 20
und 24 Pfund Pulver und die Ladung mit 16 Pfund habe
die beste Weitwirkung erzielt. Der einzige bemerkenswerte
Feldzug Augusts war die Vollstreckung der Reichsacht gegen
Herzog Johann Friedrich den Mittleren von Sachsen und
seine Genossen Wilhelm von Grumbach, Mandelsloh und
andere in Gotha, die sogenannte Grumbachsche Fehde.
Gotha und sein festes Schloß, der Grimmenstein,
fielen nach tapferer Gegenwehr vom Dezember 1966 bis
April 1567 in die Hände der überlegenen Belagerer, und
August befleckte den militärisch nicht allzu rühmlichen Sieg
durch die scheußliche Hinrichtung der Hauptführer der Gegen-
partei. 1586 folgte ihm sein Sohn Christian I., ein ge-
rader, ehrlicher Charakter ohne des Vaters religiöse Eng-
herzigkeit, ein Freund ritterlicher Kampfspiele und mit
soldatischen Neigungen, mehr seinem großen Oheim nach-
artend. Unter ihm tritt zum ersten Male im sächsischen
Heere der Name einer späteren rühmlichen Truppe auf, der
Karabiniers, die 1500 als besondere adelige Leibwache
zu Roß formiert, aber nach seinem Tode aufgelöst wurden;
die Festungsbauten zu Dresden und am König-
stein wurden fortgesetzt und erweitert, die Jungfernbastei
(die spätere Brühlsche Terrasse) errichtet, auch zur Siche-
rung der Verteidigung der Hauptfestung Dresden 1588
eine genaue Musterung der streitbaren Mannschaft durch-
geführt und Getreidemagazine angelegt. An Kriegen nahm
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