Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

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teniber 1636 und die Einnahme Torgaus am 6. Januar 
1637 aus, konnte aber trotz wochenlanger Belagerung und 
Beschießung im Januar und Februar 1637 das vom 
Obersten von Drandorff tapfer verteidigte Leipzig 
nicht nehmen, obwohl Minen eine starke Bresche in die 
Stadtmauer gerissen hatten. 
In den Jahren 1637 und 1638 hatten die Sachsen An- 
teil an der Zurückdrängung der Schweden durch den Ober- 
befehlshaber Grafen Gallas und kämpften unter Klit- 
zing, Drandorff und Dam von Vitzthum, der 
am 1o. März 1638 vor Warnemünd e fiel, erfolgreich in 
Brandenburg, Mecklenburg und Pommern, wobei Havel- 
berg, Werben, Dömitz, Demmin, Warnemünde und andere 
Orte den Schweden abgenommen wurden. Die starken Ver- 
luste zahlreicher Regimenter in den mehrjährigen Kämpfen 
veranlaßten jedoch im Lager zu Egeln bei Magdeburg die 
Auflösung vieler bisheriger Formationen und ihre Zu- 
sammenlegung zu neuen Truppenkörpern durch die so- 
genannte Reformation von Egeln vom 8. April 1638. Auch 
die folgenden Jahre brachten keine größeren Kämpfe, so 
sehr auch das Land durch Märsche, Plünderungen usw. litt. 
Die Rückgewinnung von Görlitz fand ihr Gegenstück im 
Verluste anderer sächsischer Orte an die Schweden, und 
als Torstensons Sieg bei Breitenfeld in der zweiten Leipziger 
Schlacht am 23. Oktober 1642 die kaiserliche Armee des 
Erzberzogo Leopold Wilhelm und Piccolominis vernichtete, 
fiel auch Leipzig nach tapferer Gegenwehr der Komman- 
danten Drandorff und Schleinitz am 26. November in 
ihre Hand, Freiberg bingegen leistete unter dem Oberst- 
leutnant Georg Hermann von Schweinitz mit dem 
Schleinitzschen Infanterieregiment und der Bürgerschaft 
unter ihrem Bürgermeister Schönlebe vom Dezember 
1642 bis Februar 1643 zähen, heldenhaften Widerstand, 
bis Entsatz herankam. Die letzte ernstere Waffenhandlung 
der Sachsen im großen Kriege war am 24. Februar 1645 
die Teilnahme von fünf sächsischen Reiterregimentern bei 
Jankau, wo Torstenson die Kaiserlichen unter Hatzfeld 
entscheidend schlug; auch die Sachsen hatten starke Ver- 
luste. Da der Kaiser nicht vermochte, den Schweden ge- 
nügende Streitkräfte entgegenzustellen, um Sachsen zu be- 
freien und zu schützen, kam nach längeren Verhandlungen 
am 27. August 1645 der Waffenstillstand von 
Kötschenbroda zunächst auf sechs Monate zwischen 
Sachsen und Schweden zustande, der mehrfach bis zum Frie- 
den verlängert wurde; nur Leipzig blieb in schwedischer Hand 
und 3 Reiterregimenter waren auch ferner den Kaiserlichen 
zugeteilt. Der Westfälische Friede vom 24. Oktober 
1648 befreite Sachsen noch nicht völlig, erst 1650 nach 
Empfang der letzten Zahlungsverpflichtungen verließen die 
Schweden das Land und der Kurfürst konnte eine Ver- 
minderung der Armee vornehmen, der eine zweite 1651 
folgte; die sächsische Feldarmee wurde dadurch völlig auf- 
gelöst; es verblieben nur 121 Mann Reiter, 143 Mann 
Artillerie und 1188 Mann Infanterie, insgesamt 1452 
Mann. 
Reichskriege gegen Frankreich. 
Johann Georg lII. 
Unter Johann Georgs I. Sohn Johann Georg II (656 
bis 1680) beteiligten sich sächsische Truppen (das kurfürst- 
liche Leibregiment zu Fuß) am Türkenfeldzuge in 
Ungarn, wo sie in der Schlacht bei Lewanz am 9. Juli 
1664 sich hervortaten, dann 1674 und 1676—1678 am 
Reichokrieg gegen Frankreich. Das Kommando des 
sächsischen Kontingents lag in der Hand des kriegerischen 
Sohnes des Kurfürsten, des Kurprinzen Johann 
Georg, der selbst wiederholt sein Reiterregiment gegen den 
verhaßten Erbfeind führte und in kleineren Gefechten sieg- 
reieh blieb, so bei Port-fsur-Seille (südlich von Metz) 
am 20. Mai 1677, zu großen Feldschlachten bot die schlaffe 
Führung des kaiserlichen Oberfeldherrn Caprara keine Ge- 
legenbeit. Als der Kurfürst 1680 starb, folgte ihm der 
Kurprinz als Johann Georg III. (lösd-—1601), ein junger 
Mann von 33 Jahren mit ausgesprochen militärischen In- 
teressen. Gleich in den ersten Monaten seiner Regierung be- 
tätigte er im Gegensatz zu seinem mehr prunkliebenden als 
soldatisch gesinnten Vater den rechten Erast und die Tiefe 
seiner militärischen Neigungen durch die Entlassung der 
verschiedenen kostspieligen Gardeformationen, mit denen sein 
Vater den Glanz seines Hofes zu steigern bestrebt gewesen 
war, und ordnete eine neue Formierung der Truppen durch 
den Generalwachtmeister Grafen Ulrich von Promnitz an. 
Der Landtag bewilligte ihm 1681 die nötigen Gelder zur 
Aufstellung neuer Regimenter und 1682 war die Neu- 
formation beendet; seitdem blieb die Armee, so sehr auch 
in der Folge die Formierungen und Benennungen wechselten, 
doch ständig bestehen und wurde zielbewußt vermehrt. Mit 
Recht gilt daher das Jahr 1682 als das Anfangs= 
jahr unsers stehenden sächsischen Heeres und 
Johann Georg III. als dessen Schöpfer. Ver- 
besserungen der Militärverwaltung, die Erweiterung der 
Geheimen Kriegskanzlei (der obersten Verwaltungsbehörde 
des Heeres), der Erlaß von Verordnungen über Verpfle- 
gung, Einquartierung, Mobilisierung der Artillerie usw. 
gingen nebenher. Bald sollte auch die nach heutigen Be- 
griffen kleine, aber gut eingerichkete Armee den Beweis er- 
bringen, daß sie keine Paradetruppe, sondern ein wirkliches, 
sehr leistungsfähiges Kriegsinstrument bildete: Kara Mu- 
stafa, der Großwesir des Osmanensultans Mohammed IV., 
bedrohte Wien. 
Türkenkriege 1683—1686. Schlacht bei Wien 
Die Türken beherrschten in Europa damals außer der 
Balkanhalbinsel und dem Nordrand des Schwarzen 
Meeres noch einen großen Teil Ungarns unmittelbar, Ofen 
(Buda) war der Sitz eines Paschas, und in Oberungarn 
war der Führer der ungarischen Rebellen Emerich Tököly, 
als Fürst anerkannt und von den Türken unterstützt, Herr 
des Landes geworden, die Feinde standen also nahe an den 
Grenzen Deutschösterreichs selbst. Die Lage des Kaisers 
war um so gefahrvoller, als an der deutschen Westgrenze 
das stets ländergierige Frankreich, getreu seinen Jahrhun- 
derte hindurch mit Tücke und Gewalt, aber mit beachtens- 
werter Konsequenz geübten Räubertraditionen, sich durch 
die berüchtigten Reunionskammern in den Besitz unbestreit- 
bar deutscher Gebiete gesetzt hatte und nun die Zustimmung 
Deutschlands zu diesem Raube durch die Androhung weiterer 
Übergriffe zu erpressen sich herausnahm, ähnlich, wie es 
dasselbe Frankreich 1918—1919 in Szene setzte. Zu diesem 
Zwecke unterhielt der „allerchristlichste“ König Ludwig XIV. 
— wie schon Franz I. 150 Jahre früher — freundschaft- 
liche Beziehungen zur Hohen Pforte. Auch jetzt bemühte 
sich Frankreich, Polen, den alten Gegner der Türkei, von 
einem Bündnis mit dem Kaiser abzuhalten, doch gelang 
letzterem schließlich am 31. März 1683 der Abschluß eines 
Bündnisser gegen die Türken; auch mit verschiedenen deut- 
schen Fürsten hatte Kaiser Leopold I. besondere Bündnisse 
geschlossen, so am 7. Juni 1683 mit Kursachsen. 
Schon rückte auch das Unwetter von Südosten näher, 
Mitte Mai brach die in und um Belgrad, bis wohin Mo- 
hammed IV. sein Heer begleitet hatte, gesammelte Macht 
unter des Großwesirs Führung, dem die grüne Fahne des 
Propheten übergeben wurde, nach Ungarn auf. Die kaiser- 
lichen Streitkrafte unter Herzog Karl von Lothringen 
mußten sich begnügen, das Vorrücken des gewaltigen Heeres, 
das mindestens 230000 Mann — ohne die Ungarn Tö- 
kölys — betrug, zu erschweren, aber Anfang Juli sich nach 
Wien zurückziehen, das nun in größter Eile und mit Auf- 
gebot aller Kräfte in Verkeidigungszustand gesetzt wurde.
	        
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