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Wintergesellschaften zu Ende waren, erst Ende April traf
er beim Heere ein. Erst Ende des folgenden Monats ver-
einigten sich die verbündeten Truppen. Neue Pläne tauchten
auf. Die Sachsen wurden neu geteilt, 9580 Mann wurden
unter Diemar bei Leipzig, 8490 unter Rutowski bei Merse-
burg, dann bei Meißen mit dem Befehle, „ohne zwingende
Not nicht zu fechten“, aufgestellt. Auch hier wechselte Plan
zund Oberbefehl, kurz es herrschte überall Zerfahrenheit,
Lässigkeit und die nicht auszurottende „Jalousie", die Eifer-
sucht der Führer. Und auf der anderen Seite stand ein
Mann und ein Wille. Hofften die an Jahl überlegenen
Chevalier de Saxe, geb. 170/, gest. 1774
Verbündeten, den König durch Bewegungen zur Trennung
seiner Kräfte zu zwingen, und schmeichelten sie sich mit
dem Gedanken, ihn dann leicht über den Haufen zu werfen,
so gab es drüben nur einen Entschluß, „den ganzen Klum-
pen beisammen zu halten“. Und in der Tat hatte König
Friedrich, als es endlich zum Treffen kam, die zahlen-
mäßige Uberlegenheit.
Am 11. Mai vereinigten sich Sachsen und Österreicher
bei Landshut in Schlesien. Ungestört waren sie durch die
Pässe gekommen, sorglos und langsam begann der Abstieg
aus dem Gebirge, siegesgewiß sah man in die Zukunft,
nachdem auch die schwierigste Frage, die des Oberbefehls,
glücklich gelöst war, — man teilte ihn. So war dem
Herzog und dem Prinzen sein Recht geworden. Als man
bei Hohenfriedberg an den Rand des Gebirgs gekommen
war, sah man die Preussen in der Richtung auf Schweidnitz
marschieren, sicherlich, um nach Liegnitz abzuziehen. Denn
bioher hatte der König bei Frankenstein hinter dem Eulen-
gebirge gestanden. Nun suchte er gewißlich zu entwischen.
Aber auch König Friedrich freute sich, als er mit seinem
geisivollen General von Winterfeldt die Gegner aus den
Bergen herauskommen sah, jedoch „üÜber die Bocksprünge,
mit denen sie alsbald nach Böhmen zurückeilen würden“.
Im Dunkel der kurzen Sommernacht zum. 4. Juni legte
er seine gewandten und trefflich geschulten Bataillone dicht
vor die feindliche Lagerstellung, beim ersten Frühlicht begann
überraschend der Kampf. Die Sachsen traf der erste Stoß.
In einem erbitterten, anfangs für sie siegreichen Reiter-
kampfe wurden sie geworfen. Der sechzigjährige Herzog
Johann Adolf, der Chevalier, alle Generäle der Kavallerie
griffen selbst ein, die Regimenter wurden neugeordnet und,
mit einigen österreichischen verstärkt, zu neuem Anritt ge-
führt. In blutigem Kampfe, der über 800 aus dem Sattel
wirft, ringen sie vergeblich um den Sieg, die Preußen
haben die libermacht, es geht rückwärts. Sämtliche Ge-
neräle sind verwundet oder tot. Der linke Flügel der in-
zwischen auch in den Kampf verwickelten Infanterie wird
durch den Rückzug der Neiter entblößt. Prin: Karl, der
an beinen ernsten Kampf glauben will, schickt keine Hilfe
und greift selbst erst zu spät ein für die Sachsen und für
sich selbst. General Renard hält sich wohl an die vier
Stunden lang, dann muß er das Feid räumen. Schwer
leiden auf dem Rückzuge die Grenadierbataillone, hatte
König Friedrich doch befohlen, den Sachsen keinen Pardon
zu geben. Oberst von Schönberg wurde mit dem Bataillon
Gersdorff abgeschnitten und mit 400 Mann niedergehauen.
Gegen 7 Uhr, just als die Sachsen das Feld räumen
mußten, erschienen die Truppen des Prinzen Karl auf der
Walstatt, der rechte Flügel geriet beim Vorgeben in einen
Sumpf und kbehrte um, die Mitte, 21 Bataillene, wurde
vom General von Geßler mit seinen „Süpern“, den blauen
Baireuthdragonern, niedergeritten; die preußischen Reiter
eroberten dabei 66 Fahnen und viel Kriegsgerät. Am zei-
tigen Vormittage, gegen ½0 Uhr war der Kampf bereits
zu Ende. Die Sachsen hatten allein 2044 Mann verloren.
Sie hatten tapfer gefochten, aber viel Mißgeschick gehabt.
Die Preußen ritten sie bergab an, die Sonne schien ihnen
ins Gesicht, und der Ostwind trieb ihnen den Pulverqualm
entgegen, vor allem aber, die Verblndeten ließen sie im
Stiche. Johann Adolf focht wie ein tapferer Reiter, aber
er leitete nicht, Prinz Karl war auch hier wieder der
„Sans-souci“, der er immer war, er ließ die Sachsen
schießen“. So kam das Unglück. In Wien war man wohl
„wegen der saubereh Affaire“ einige Tage außer sich,
„da man wegen der großen Superiorität der Armee sich
einer solchen Sauerei nicht vermuthet hatte“, wie der Hof-
marschall Graf Khevenhüller in sein Tagebuch schrieb, aber
als die befürchteten schlimmen Folgen ausblieben, beruhigte
man sich, sobald die Truppen hinter der Elbe wieder in
Sicherheit waren. Da Friedrich nun die diplomatischen
Beziehungen zu dem immer noch neutralen Sachsen ab-
brach, wurde das Bündnis Brühls mit Wien nur enger,
trotz aller Verärgerung. Für die Verluste wurde bald Er-
satz geschaffen, neue Pläne weckten neue Hoffnungen.
Mitte August wurden 12000 Mann heimberufen, am
15. September wurden sie bei Ubigau vom Kurfürsten be-
sichtigt, dann bezogen sie teils ein Lager bei Leipzig, teils
wurden sie im Lande verteilt. Nur 6000 Mann blieben also
wirklich im österreichischen Solde stehend beim Prinzen Karl,
dessen Mißgeschick sie am 30. September bei Soor teilten.
Nun nahte die Zeit des eigentlichen Kriegs für das
Land. Johann Adolf kannte die Lage, ihm schien nunmehr
ein guter Frieden besser als ein guter Kriegsplan, allein
Brühls Einfluß überwog beim Kurfürsten. Große Pläne
wurden geschmiedet, neue Bündnisse geschlossen; ein Vor-
marsch durch die Lausitz sollte den Krieg in die preußischen
Erblande tragen. Wieder kam es anders. Der König er-
fuhr rechtzeitig von den Plänen und beschloß, mit allen
Kräften Sachsen niederzuwerfen. Von Halle her sollte der
alte Dessauer eindringen, er selbst wollte von der Lausitz
gegen Dresden vormarschieren, sobald die Osterreicher kur-
sächsischen Boden betreten und damit das Gaukelspiel der
Neutralität beenden würden. Am 22. November konnte
General von Winterfeldt dem Könige melden, daß „sie
Gott sey Danck so bommen, wie es Ew. Majestät wünschen
bönnen“. Am folgenden Tage vereitelte Friedrich mit dem
Schlage von Katholisch-Hennersdorf den Vermarsch des