Full text: Sachsen in großer Zeit. Band III. Die Kriegsjahre 1916-1918. (3)

278 
stellen durch, und neu gekleidet und geordnet nahmen sie 
am Kriege wieder teil. Für die Befreinng Sachsens frei- 
lich konnten sie nicht verwendet werden, sie hätten zumeist 
den Korps gegenübergestanden, denen sie entflohen waren. 
Durch Vermittlung der mit dem damaligen französischen 
Thronfolger verheirateten sächsischen Prinzessin Maria Jo- 
sepha wurden die in Böhmen und Ungarn gesammelten 
„Revertenten“ der im Westen Deutschlands fechtenden fran- 
zösischen Armee angegliedert. Prinz Faver von Sachsen 
führte sie unter dem Namen eines Grafen von der Lau- 
sitz. Sie haben, 12 Bataillone stark, während der langen 
Kriegsjahre tapfer ihre Pflicht getan, wenn ibnen auch 
nicht immer das Kriegsglück lächelte. 
Vier sächsische Reiterregimenter, die bei Ausbruch des 
Kriegs in Polen standen und bei dem Unglücke an der 
Elbe nicht zugegen waren, wurden dem österreichischen Heere 
zugeteilt. In der Schlacht bei Kolin ritten sie unter ihrem 
prächtigen Führer, Oberstleutnant von Benckendorff, ein 
ruhmreich Reiten; „Nache für Striegaul!“ (PHehenfried- 
berg) war ihr Kampfruf. Ihrem schneidigen Eingreifen 
verdankt Daun mit seinen Sieg. In den folgenden Jahren 
begegnen wir den vier Regimentern immer wieder, zumeist 
auf heimatlichem Boden, wo ihre Ortskenntnis der Auf- 
blärung sehr zustatten kam. Sie trugen das barte Ge- 
schick kleiner zugeteilter Bündnistruppen, in allen schweren, 
plagereichen Diensten waren sie die ersten, bei Vorsorge und 
Lohn die letzten. 1760 drangen sie mit bis Potsdam vor, 
an den Endkämpfen des Kriegs um Mulde und Triebisch 
nahmen sie ruhmvollen Anteil, geführt von dem Prinzen 
Albert und General von Gößnitz. 
Bis zum Bayerischen Erbfolgekrieg 
Dao Land selbst hatte unter dem Kriege entsetzlich ge- 
litten. Die Hauptstadt war ein Trümmerhaufen, die Dörfer 
verbrannt, das Volk verarmt und verkommen, die Felder 
großenteils unangebaut und verunkrautet, die Wälder ver— 
wüstet. Freund und Feind hatten jahrelang im steten 
Wechsel, manchmal gleichzeitig, aus dem Lande gelebt, und der 
Abziehende hatte mitgenommen, was er erschleppen konnte, 
schon um es dem anrückenden Gegner nicht zu überlassen. 
So war am Ende des Ringens fast nichts mehr von dem 
früheren Wohlstande übrig, der einst reiche Viehbestand war 
völlig vernichtet. Ehe sie recht an den Wiederaufbau gehen 
konnten, starben der Kurfürst und Brühl. Dem Nach- 
folger, dem edlen Friedrich Christian, war nur eine ganz 
kurze Zeit beschieden, noch 1763 starb er, nach wenigen 
Wochen der Regierung, an den Blattern. Sein Na- hfolger 
Friedrich August war noch ein Kind. Da übernahm in 
dieser trüben Zeit Prinz Kaver die Vormundschaft für den 
unmündigen Kurfürsten und die Verwaltung des Landes. 
Was er im harten Kampfe mit dem Elend, der bittersten 
Not und dem Widerstande derer, die sich dem Zwange der 
Lage nicht fügen wollten, für seine Heimat getan hat, das 
soll ihm unvergessen bleiben. Wie im Kriege sie ihre Treue 
und trefflichen Gaben bewiesen hatten, so bewährten sich 
nun die sächsischen Beamten beim Aufbau trotz ihrer Ar- 
mut. In überraschend kurzer Zeit blühte das Land wieder 
auf; zwei überaus reiche Ernten bannten die Nahrungsnot. 
Dem Heerwesen widmete der Chevalier sein: ganze Kraft, 
nachdem Rutowski reich an Erfahrungen und Schulden ge- 
storben war. Nasch entstand aus den Trümmern der alten 
Kriegsmacht eine neue schlagfertige Truppe. Als nach dem 
Tode des letzten bayer'schen Kurfürsien der altwittelsbachi- 
schen Linie drohende Verwicklungen aufstiegen, verfügte das 
Land, vierzehn Jahre nach dem Kriege, bereits über eine 
neue statkliche Wehr. Am 17. März 1778 schloß Sachsen 
mit seinem alten Gegner Preußen einen Vertrag, Anfang 
Juli stießen seine Truppen zum Heere des Prinzen Hein- 
rich, der in Ubigau sein Hauptquartier nahm. 
Der Krieg selbst brachte keine großen Taten. Alte Geg- 
ner standen voreinander, König Friedrich, Prinz Heinrich, 
Laudon und viele, deren Namen im Siebenjährigen Kriege 
Glanz und Nuhm bekommen hatten, aber sie waren eben 
alle alt getvorden. Es wurde hin und her marschiert, der 
Arm mit den Schwert holte wie auf einem Denkmale 
immer aus und schlug nicht zu. Nur vorgeschobene 
Truppen gerieten bisweilen hitzig aneinander, so am 30. Juli 
bei Rumburg und bei Langenhennersdorf—Berggießhübel. 
Der Sommer verging in Vorstößen gegen Böhmen über 
das Erzgebirge, in der Lausitz und durch das Riesengebirge. 
Schon am 2. Öktober begann man für den Winter ab- 
zubauen, Prinz Heinrich bezog Großsedlitz, das er so oft 
im letzten Kriege bewohnt hatte, seine Truppen lagerten 
zwischen Elbe und Müglitz, die Sachsen übernahmen den 
Grenzschutz im Vogtlande und Erzgebirge, sowie in der 
Lausitz. Bald ging man ganz in die Winterquartiere, die 
weit über das ganze Land gerstreut waren. Abgesehen von 
einem im Februar 1779 geplanten, aber nicht recht aus- 
geführten Einfalle in Böhmen blieb alles ruhig, so daß, 
als am 10. März ein Waffenstillstand geschlossen wurde, 
die Ruhe nicht größer werden konnte. Der Friede von 
Teschen beendete am 13. Mai 1770 diesen fast unblutigen 
Krieg, den letzten der methodisch geführten des 18. Jahr- 
bunderts. 
Die Koalitionskriege 
Eine neue Zeit brach an. Die französische Revolution 
begann auch in Sachsen zu wirken. Bereits 17090 suchte 
in der Pirnaer Gegend ein unruhiger Kopf die Gemüter 
zu erregen, er wurde alsbald unschädlich gemacht. Ernster 
und auch begründeter waren die Bauernaufstände in der 
Lommatzsch—OÖschatzer und Freiberger Gegend, wo die be- 
waffnete Macht eingreifen mußt e, um die Ordnung wieder 
herzustellen. 
In die Kämpfe gegen die Franzosen wurde Sachsen ver- 
hältnismäßig spät hineingezogen. Erst am 19. Oktober 1792 
wurde beschlossen, für den Reichskrieg ein kleines Korps 
von 6000 Mann unter dem Generalleutnant von Lindt, 
einem Soldaten, der sich als junger Offizier im Sieben- 
jährigen Kriege sehon manche Verdienste erworben hatte, 
zu stellen. Am 20. März 1703 stieß diese kleine Schar 
nach langem Marsche in der Gegend von Offenbach am 
Main zu den Truppen des preußischen Generalleutnants 
von Schönfeld, bereits am 23. hatte sie ein kleines Ge- 
fecht bei Castel. Seine Mitwirkung an der Belagerung 
von Mainz beschränkte sich auf kleine Scharmötzel bei 
wechselndem Glücke. Nach der Eroberung dieser Festung, 
die infolge des verspäteten Eintreffens des französischen 
PHilfskorps unter Beanharnais glückte, rückten die Sachsen 
mit bis zur Saar vor und zeichneten sich bei verschiedenen 
kleinen Zusammenstößen aus, so bei Spiesen n. St. Ing- 
bert, am 12. September, wo Leutnant Thielmann, der 
spätere General, sich kühn durchschlug und 4 Husaren- 
offiziere mit 24 Mann 200 Franzosen zu Fuß mit Säbek 
und Pistolen angriffen und zum großen Teil fingen, so 
beim Bildstocker Hofe am 14. und bei Bliesbastel am 
23. September. Nach anstrengendem Kleinkriege im übelsten 
Herbstwetter wurde Ende November der Heeresteil, dem 
die Sachsen unterstellt waren, nach Kaiserslautern zurück- 
genommen. 
Hier wurde er am 20. November von den nachdrängen- 
den Franzosen angegriffen. Wacker hielten sich die Sachsen 
in ihrer Stellung bei Moorlautern nördlich der Stadt. Als 
nach zweitägigem Kampfe der Feind geschlagen zurückging, 
erbeuteten die sächsischen Husaren unter Rittmeister von 
Gutschmidt mehr als 60 Lebensmittelwagen und eine Kriegs- 
kasse mit 100 doo Livres. Der Sieg wurde bei den immer- 
währenden Zwistigkeiten zwischen der preuß'schen und öster- 
reichischen Heeresleitung nicht ausgenützt. Die Franzosen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.